258 - Chronik des Verderbens
Schockstabes sowie den Druckanzug. Er führte die sieben Hydriten an, die mit ihm kamen. Den Sprengstoff transportierten sie in runden Behältern, die aussahen wie große kastenförmige Schwämme mit flossenähnlichen Auswüchsen an den Seiten.
Nicht zu zügig durchquerten die Hydriten die Röhre und durchliefen dabei den Druckausgleich. Die Anzüge, die sie trugen, halfen ihnen dabei.
Sind wir erst in Gilam'esh'gad, muss alles schnell gehen, ehe der Wächter auf uns aufmerksam wird. Skorm'ak wusste durch den letzten Versuch, die Datenkristalle aus der Bibliothek zu stehlen, von der großen Muschel im Zentrum der Stadt. Damals war sie ihnen zum Verhängnis geworden. Er wusste nicht, welche Technik ihr innewohnte, aber der Muschel schien nichts zu entgehen, was in der Stadt geschah.
Am Ausgang der Röhre erwartete sie eine Überraschung: Die Stadt war hell erleuchtet!
»Was ist hier geschehen?«, klackte Hak'don hinter Skorm'ak. »Gilam'esh'gad war eine Geisterstadt! Nun sieht es aus, als wäre sie zu neuem Leben erwacht!« Der Scheitelkamm des Anführers verfärbte sich dunkel. Mit dieser Entwicklung hatte auch er nicht gerechnet. Es würde noch schwieriger werden, keine Aufmerksamkeit zu erregen. Jetzt zurückzuweichen kam aber auch nicht in Frage.
»Weiter!«, zischte er und blinzelte, bis sich seine Augen an das Licht gewöhnt hatten. Dann stieß er sich zielstrebig ab und glitt tiefer, dem Park entgegen, der sich unter ihnen ausbreitete.
Dabei irrlichterte sein Blick immer wieder zu den Gebäuden hin, die sich in einiger Entfernung erhoben. Was für ein Anblick! So mussten die alten Hydriten die Stadt gesehen haben, bevor sich Finsternis über ihr Zeitalter gelegt hatte.
Die ganze Stadt erstrahlte in einem so hellen Licht, dass es nicht allein durch Leuchtmikroben hervorgerufen werden konnte. Der Wächter musste das Magma-Kraftwerk unter der Stadt reaktiviert haben, anders war es nicht zu erklären. Im Park unter den Mitgliedern des Bundes wuchsen alle nur erdenklichen Wasserpflanzen in schillernden Grün- und Blautönen. Auch rote und gelbe Kolonien waren dabei. Anemonen mit sternförmigen Aufsätzen, die wie Blüten wirkten. Bunte Algen und sonderbar violette Moostierchen, die an markanten Stellen die Schwämme am Boden überzogen. Darüber hinaus gab es einen großen Bereich für Nutzpflanzen.
Überall schwammen Fische der unterschiedlichsten Arten. Farbenprächtige Krebse und schillernde Kleintiere bereicherten die Unterwasserlandschaft. Es waren Züchtungen, wie Skorm'ak sie noch nie gesehen hatte. Es gab saubere Pfade aus violett schimmernden Muschelschalen. An anderen Stellen waren die Wege und Abgrenzungen strahlend wie Perlmutt. Alles sah gepflegt aus. Das kann ein Hydrit allein niemals bewerkstelligt haben , erkannte Skorm'ak. Der Wächter muss Unterstützung erhalten haben!
»Da ist jemand!«, klackte Hak'don plötzlich aufgeregt und wies hinter eine besonders kunstvolle Anpflanzung von hüfthohem Seegras. Rasch gingen die Anhänger des Bundes in Deckung. »Was ist nur geschehen?«, fuhr der Einäugige fort. »Diese Stadt war doch tot! Und jetzt spielen hier… Kinder?«
In der Tat: Durch das Seegras hindurch sahen sie Junghydriten miteinander spielen! Und wo Kinder waren, musste es auch Eltern geben. Vielleicht sogar ganz in der Nähe. Es sah so aus, als sei dieser Park wieder ein Naherholungsgebiet und die Stadt bevölkert!
»Ein Gutes hat es«, merkte Mir'tar an. »Bei dem Treiben werden wir kaum auffallen.«
Skorm'ak nickte abwesend. Er verstand es nicht. Was war hier geschehen? Woher kamen all diese Hydriten?
Hak'don drängte sich nach vorn. »Da wäre ich mir nicht so sicher«, entgegnete er. »Seht euch ihre Verwachsungen an Rücken und Gliedmaßen an, die verkrümmten Arm- und Beindornen. Ob sie Überlebende der alten Seuche sind?«
Skorm'ak kam nicht umhin, Hak'dons Beobachtungsgabe und scharfen Verstand zu bewundern. In der Tat, das war die Erklärung! Die unerwarteten Bewohner der Stadt mussten Überlebende des Racheaktes der Mar'os-Jünger sein, die damals Gilam'esh'gad mit der Beulenkrankheit verseucht hatten! Sie mussten sich beim letzten Besuch des Gilam'esh-Bundes in der Stadt versteckt gehalten haben.
»Das ändert unseren Plan«, klackte Skorm'ak leise. »Anscheinend haben sie das Kraftwerk wieder in Betrieb genommen. Wir kommen wieder, wenn es Nacht ist.« Er zweifelte nicht daran, dass auch hier in Gilam'esh'gad festgelegte Tag- und Nachtzeiten eingehalten wurden, so
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