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258 - Chronik des Verderbens

258 - Chronik des Verderbens

Titel: 258 - Chronik des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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Stricken. Es half nichts. Erschöpft ließ er sich auf das Moos sinken, blickte mit einem Auge durch die algenverhangene Höhle und verzweifelte vor Zorn über seine schreckliche Lage. Noch nie hatte er sich so hilflos gefühlt.
    »Ka'na (Mama)!«, klackerte er außer sich. »Ka'na, hilf mir!«
    Sein Blick fiel auf eine dicke Languste, die am Eingang der Höhle entlang tickelte. Er verspürte eine heftige Wut auf das Tier, das frei war und sich überall hin begeben konnte, während er selbst zusammengeschnürt war wie ein Transportpaket.
    Ruhig, Dra'nis. Denk an Vog'ler. Was würde er machen?
    Dra'nis konnte nicht anders: Er sah wieder zu der fetten Languste. »Dummes, unnützes Tier!«, fuhr er sie an. »Geh in die Stadt! Du musst sie alle warnen!«
    Ihm fiel auf, dass niemand seine Rufe beachtete. Seine Bewacher schienen ihn nicht zu hören. Sie mussten weit entfernt sein.
    Plötzlich entdeckte er ein anderes Tier ganz in seiner Nähe, und fieberhafte Erregung durchströmte ihn. Eine Palleas-Schnecke! Sie hockte auf einem breiten blauen Algenblatt und fraß mit aller Ruhe der Tiefsee ein großes Loch hinein!
    Dra'nis' Gedanken überschlugen sich. An diese Schnecke musste er kommen! Ihr scharfer, ätzender Verdauungsschleim konnte die Pflanzenfasern seiner Stricke mürbe machen!
    Er robbte in Wellenbewegungen auf die Schnecke zu. Es funktionierte besser, als er erwartet hatte. Hak'dons Körper gehorchte ihm, als wäre es sein eigener. Stück um Stück zog er sich zu der Schnecke heran, die dem Hydriten keinerlei Beachtung schenkte. Schließlich richtete er sich auf, so weit er es in den Fesseln vermochte, drehte sich um und versuchte mit den gefesselten Händen nach der Schnecke zu greifen.
    Sie saß einfach zu hoch! Wieder und wieder versuchte er sie zu fassen, bis er schließlich erschöpft innehielt. Seine - oder vielmehr Hak'dons - Muskeln brannten.
    Jeden Moment konnten seine Wächter oder die anderen bösen Hydriten zurückkommen. Jeden Moment konnten grausame Tiere eindringen und den hilflosen Happen angreifen.
    Beruhige dich! Denk an Vog'ler!
    Dra'nis zählte bis zehn und sah sich dann erneut in der Höhle um. Palleas-Schnecken waren eine Plage. Wo man sie nicht bekämpfte, vervielfachte sich ihr Bestand explosionsartig. Es musste hier noch mehr von ihnen geben! Schnecken, die er einfacher erreichen konnte.
    Da sah er auf einem Blatt keine zwei Schwimmlängen entfernt ein noch größeres Exemplar sitzen! Voller neuer Hoffnung robbte er zu ihr hin. Sie saß auf einem tieferen Blatt nahe des Mooses und Dra'nis bekam sie schon beim ersten Versuch zu fassen. Er setzte sie auf seine Fesseln und spürte sofort das scharfe Brennen auf seiner Haut. Der Magensaft der Schnecke fraß sich durch die harten Pflanzenfasern.
    Entsetzlich lange Minuten brachen an, in denen Dra'nis kaum wagte, sich zu bewegen. Endlich, endlich hatte die faustgroße Schnecke ihr Werk vollbracht! Mehrere Pflanzenfasern rissen auseinander. Energisch zog Dra'nis an den restlichen Fasern, und mit der Kraft von Hak'dons Körper gelang es ihm tatsächlich, sich zu befreien.
    Seine Handgelenke brannten, als habe er sie an einem schwarzen Raucher verbrüht. Trotzdem sammelte er emsig weitere Schnecken ein und setzte sie auf seine Fußstricke. Seine Herzschläge drohten sich zu überschlagen. Immer wieder schaute er zum Eingang der Höhle hin. Außer der einen Qualle des Geheimbundes, die dort noch im Wasser lag, war weit und breit kein Anzeichen von Hydriten oder Fressfeinden zu sehen.
    Seine Fußfesseln lösten sich. Dra'nis riss die Beine auseinander und war frei! Er sah sehnsüchtig zu der Qualle hin. Zu schade, dass er sie nicht steuern konnte. Aber er fand zumindest schnell den Weg in die Stadt. Es war nicht schwer: Gleich über dem Wartungsschacht, in dem er gelegen hatte, öffnete sich die Wasseraustauschröhre zum Bestiarium, deren Energie abgeschaltet war.
    Rasch schwamm er hindurch und spürte, wie der Wasserdruck immer mehr abnahm. Kein Zweifel: Es ging zurück nach Gilam'esh'gad!
    Plötzlich durchfuhr Dra'nis die Angst, Hak'don könne schon auf dem Rückweg sein. Vielleicht hatte er die Kristalle bereits geholt. Wenn er ihm jetzt in der engen Röhre begegnete…
    Mach dich nicht verrückt , rief er sich selbst zur Ordnung. Tu einfach dein Bestes. Schwimm in die Stadt hinab und such nach Vog'ler! Er weiß bestimmt, was wir tun müssen.
    Der Gedanke, dass er eigentlich gar keine Angst vor Hak'don haben musste, half ihm dabei, die Angst zu

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