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258 - Chronik des Verderbens

258 - Chronik des Verderbens

Titel: 258 - Chronik des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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erzählen. Für sie wäre dieser Ritt bestimmt ein großes Abenteuer.
    »Vogler! Träumst du?« Pozai'don wies ungeduldig auf den Ausstieg der Rettungsqualle. »Willst du, dass er uns entkommt?« In den Augen des Wächters glitzerte es kalt.
    Vogler folgte ihm aus der Qualle und hinaus in das unangenehm warme Wasser der Abraumhöhle. Vogler fühlte sich am wohlsten bei Temperaturen um die null Grad.
    Sie hatten den Kelpwald verlassen und befanden sich in einem Areal, in dem sich etliche Gebäudeteile übereinander stapelten. Es sah aus, als wären es die Behausungen von Geisteskranken. Eingänge schwebten ohne Räume dahinter im Wasser. Runde Fenster, teils von kostbaren Muschelschalen und durchsichtigem Gewebe besetzt, zeigten ins Nichts der Abraumhöhle. Bionetisches Material war an mehreren Stellen gewuchert und bildete abstrakte Formen. Hier hatte es die Umrisse einer vielkantigen Schnecke mit Fühlern, dort die eines verzerrten Fisches oder Steins.
    Hier haben die verwachsenen Hydriten also gelebt.
    Vogler sah in einem Fenster einen geflochtenen Algenvorhang hängen. Ein Überbleibsel der ehemaligen Bewohner. Vom Kraken sah er keine Spur.
    Er löste einen der Kampffische von der Leine und schwang sich auf dessen Rücken. Mor'tras und Pozai'don flankierten ihn. Voglers Hand berührte die Waffe, die um seine Schulter hing und zusätzlich an einer langen Leine an seinem Handgelenk befestigt war, damit sie im Wasser nicht forttreiben konnte, falls er sie verlor. Seine Finger glitten über die hellbraunen Kugeln hinter dem Lauf, in denen das Gift gelagert war.
    »Wo ist er denn?«, fragte der Baumsprecher angespannt.
    Pozai'don wies auf eine besonders große Ansammlung von alten Gebäudeteilen. Das Hauptstück musste einst für das öffentliche Gebäude einer Prachtstraße gedacht gewesen sein, das erkannte man an den schlichten Formen und der Monumentalität des Gebäudebruchstücks. In welchem Jahr man das bionetische Gewebe wohl gezüchtet hatte?
    Ein Trümmerplatz voller Erinnerungen. Vogler konnte sich gut vorstellen, wie sich das Gesicht von Gilam'esh'gad im Laufe der Jahrtausende gewandelt hatte.
    Er stieß seinem Reitfisch die Schenkel in die Seite und zog leicht an der Leine, die an den langen Barteln des Fisches zerrte. Der Fisch folgte seiner Führung willig und schwamm hinter Pozai'dons großem Kampffisch her.
    Im Gegensatz zu einem Sord'finn hatte der Jagdfisch kein langes Horn, mit dem er sich verteidigen konnte. Doch die spezielle Züchtung aus Gilam'esh'gad war dafür schnell und durch die dickere Schuppenhaut ausgesprochen robust. Selbst die Entladungen der Schockstäbe schadeten dem Fisch kaum. Sein größter Vorzug lag aber in seiner Beweglichkeit. Schon vor Jahrtausenden war der Jagdfisch Gilam'esh'gads wie ein edles Kriegsross gewesen, das eins mit seinem Reiter wurde.
    Vogler staunte über die Wendigkeit des blaugrünen Tieres mit den grüngoldenen Flecken und Querbindungen. Entfernt erinnerte der Fisch an einen überdimensionierten Hecht, da seine Rückenflosse weit nach hinten verlagert war und der Rücken genug Raum für einen Sattel bot.
    Sie tauchten zwischen die aufragenden Trümmerteile ein. Es war, als würden sie sich in den Straßen einer Geisterstadt befinden. Einer unheimlichen Stadt, in der kein Haus zum anderen passte.
    Weitere Reiter auf Fischen schlossen sich ihnen an. Überall blitzten die Brustpanzer und Schockstäbe zwischen den schiefen Muscheltürmen auf. Klackernde Laute wurden gerufen. Die verwachsenen Hydriten versuchten den Kraken aufzuschrecken, doch von dem achtarmigen Tier fehlte jede Spur.
    Es ist wieder nur ein falscher Alarm , dachte Vogler. Sie haben den Kraken gar nicht geortet. Es war irgendein Anglerfisch, oder eine Riesenlanguste.
    Voglers Herzschlag beruhigte sich. Er schwamm dichter an eines der Gebäude heran. Es hatte einen riesigen Eingang auf der Oberseite, vor den wohl ein Tor gehörte, doch das Tor war nicht befestigt. Vielleicht war es im Laufe der Zeit verrottet, vielleicht hatte man es auch nie fertig gestellt, weil das Gebäude aussortiert worden war.
    »Vogler! Zurück!« Pozai'don hob seinen Schockstab.
    Eine Bewegung ließ Vogler seinen Jagdfisch herumreißen. Der Krake schoss aus dem dunklen Eingang! Seine Farbe hatte sich ganz der Umgebung angepasst. Er katapultierte sich mit unglaublicher Geschwindigkeit voran, gleich einer Katze auf dem Sprung. Sein Körper rauschte dicht an Voglers nervösem Fisch vorbei. Seine Tentakel packten Mor'tras und

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