258 - Chronik des Verderbens
E'fah waren in Kinderkörper umgezogen! Sie mussten noch auf ihre Erwachsenenkörper warten, die im Labor heranreiften und um die Clar'ice sich nun kümmerte!
Hak'don schlug vor Zorn gegen die bionetische Wand der Schleuse. Ich habe mit ihnen gesprochen, vor wenigen Minuten erst! Der kleine Junge und das Hydritenmädchen! Das waren Gilam'esh und diese E'fah!
Hak'don schwamm mit kräftigen Zügen nach draußen. Er suchte den Platz ab, an dem er die beiden gesehen hatte, aber er konnte sie nicht mehr entdecken. Ruhelos stromerte er durch die Gassen und Alleen der Innenstadt, vorbei an den offiziellen Prachtbauten und der Bibliothek. Nirgends fand er eine Spur der beiden Kinder.
Er durfte nicht zu viel Zeit verlieren! Der Bund wartete auf ihn, und nach dem kleinen Dra'nis wurde wahrscheinlich schon gesucht. Sie mussten schnell handeln.
Eilig machte er sich auf den Weg zurück zur Wasseraustauschröhre.
***
Clarice beugte sich hinunter, um die Anzeigen der beiden Klonbehältnisse zu überprüfen. Ein gleichmäßiger Datenstrom floss über die winzigen bionetischen Bildschirme und signalisierte, dass alle Parameter im grünen Bereich lagen. Das heftige Blinken der Leuchtmikroben hatte aufgehört. Die Nährstofftanks funktionierten wieder fehlerfrei.
Clarice atmete erleichtert auf. Anscheinend hatte es eine kurze Schwankung in der Versorgung des Magmakraftwerks gegeben, die sich jedoch sofort selbst reguliert hatte. Zum Glück, denn es hatte zahlreiche Versuche gedauert und viel Arbeit gekostet, die Klone so weit reifen zu lassen. Auch der neue Körper, der ein Stück entfernt in einem weiteren Klonbehältnis für Pozai'don heranreifte, war unversehrt. In wenigen Wochen würde der Wächter ihn beziehen können.
Leider war das genetische Material, das sie zur Herstellung der Klone benötigte, begrenzt. So war es nicht möglich gewesen, weitere Körper für die dreizehn Geister in der Muschel herzustellen, die Pozai'don II. seit der Verödung der Stadt behütet hatte.
Es waren die Geister von dreizehn erhabenen Quan'rill, die sich zur Zeit des Attentats durch die Mar'os-Jünger in der Stadt aufgehalten hatten. Um sie vor dem Tod zu retten, hatte Pozai'don sie in eine bionetische Nährlösung überwechseln lassen, die sie seitdem nicht mehr verlassen hatten. Das lag angeblich schon über fünftausend Jahre zurück!
Clarice überprüfte noch einmal die Werte auf den Anzeigen. Liebevoll strichen ihre Finger über die schotenartigen Behälter, gut drei Meter lang und anderthalb Meter breit. In ihnen reiften die jetzt halbwüchsigen Klone heran, um von E'fah und Gilam'esh bezogen zu werden.
Clarice fragte sich oft, ob sie mehr Skrupel gehabt hätte, wenn die Klone menschenähnlich ausgesehen hätten. Da es hydritische Körper waren, hatte sie kein Problem damit, das Gewebe zu züchten, Knochen und Organe entstehen zu sehen und daran zu glauben, dass diese Wesen seelenlos waren. Bisher bestätigten das auch alle Messungen.
Trotzdem ist es ein sonderbares Gefühl. Als wäre man die rechte Hand Gottes…
»Was war das für ein Lärm?« Von der Tür her erklang eine vertraute Stimme. Yann Haggard, der einäugige Seher, war aufgestanden und lehnte nun an der Wand. »Kann ich nicht ein Mal in Ruhe schlafen? Mir explodiert der Schädel!«
»Der Alarm ist beendet«, sagte Clarice so sanft sie konnte. »Es war nichts. Du kannst wieder ins Bett gehen, Yann.«
Der Seher verbrachte die meiste Zeit des Tages in einem der Betten, die ähnlich aussahen wie die Klonbehältnisse, nur dass sie keinen Deckel hatten. In ihnen wuchs ein dichtes Gewebe, angenehm weich wie Moos, aber trocken wie ein Schwamm.
Die meiste Zeit des Tages und der Nacht schlief der grauhaarige Mann. Was auch besser war, denn seine Platzangst nahm von Woche zu Woche zu. Yann war nicht geschaffen für dieses Leben in der Tiefe des Pazifiks. Panikattacken quälten ihn, wenn Clarice ihm kein Beruhigungsmittel gab.
Es hatte schon damals angefangen, als er mit Matthew Drax im Quallen-Prototypen hierher gekommen war. Damals konnten Gilam'esh und E'fah ihn beruhigen. Aber jetzt ist er wieder für sich selbst verantwortlich, und er will nur weg hier, hoch an die Oberfläche.
Clarice stellte sich die Abermillionen Tonnen Wasser vor, die über ihnen lagen, und bekam selbst ein mulmiges Gefühl.
»Ins Bett gehen«, jammerte Yann. »Schlafen! Wenn das mal so einfach wäre! Es tut weh, Clarice! Mein verdammter Kopf tut weh! Ich mag überhaupt nicht mehr
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