2591 - Im Auftrag der Superintelligenz
konnte Lotho darangehen ...
Eine neue mentale Woge schwappte über ihn hinweg. Sie war stark; doch in erster Linie bestand ihre Kraft aus einem Sog, der auf Verlockung und Versuchung beruhte.
Mit seinem Körper geschahen Dinge, die Lotho Keraete nicht verstand: Er wollte aufstehen und das Innere der Silberkugel verlassen. Einfach weg von hier, auf ein leuchtendes Ziel zu. Um sich dort zu opfern. Sein Leben aufzugeben. Um gefressen und verbrannt zu werden von diesem prächtigen, herrlichen, einmaligen Wesen, das ihn und sein menschliches Gehirn allmählich durchstöberte ...
VATROX-VAMU hatte ihn entdeckt! Weil er den Ortungsschutz rings um die Silberkugel ein klein wenig verringert hatte. Das Geisteswesen nistete sich in ihm ein. Drängte sich in seine Gedanken, machte sie zu seinen Gedanken - und es gefiel dem Boten.
Komm zu mir!, lockte und flüsterte und brüllte VATROX-VAMU. Ich bin für dich da. Ich brauche dich. Ich will dich. Ich fresse dich. Lass dich von mir verspeisen. Ich sauge dir all deine Gedanken und Ideen aus dem Kopf, und du wirst dabei verbrennen. Wirst genießen, wie du niemals zuvor genossen hast. Es wird ein orgiastisches Mahl, das du mir bereiten wirst. Kommkommkomm ...
Oh ja! Er würde dem Ruf VATROX-VAMUS folgen. Wer konnte einer derartigen Einladung widerstehen? Die Wesenheit zerwühlte sein Gehirn und übte mentalen Druck auf sein Lustzentrum aus. Sie behandelte ihn, als wäre er ihr Spielzeug. Kleine Pikser da und dort machten, dass alles rings um ihn in sündigen Rottönen erschien und er meinte, vor Geilheit vergehen zu müssen.
Lotho stand auf. Er umfasste seine Taille mit beiden Armen so fest, dass das Metall knirschte und Falten warf. Er reckte sein Becken weit vor und bog die Beine in einem unmöglichen Winkel nach hinten. Sein Kopf berührte die Unterschenkel, die Zehen kratzten seine Stirn.
Er zitterte, weil VATROX-VAMU es wollte.
Er öffnete den Mund, um zu weinen und wehzuklagen, weil VATROX-VAMU es forderte.
Er schrie so laut und schrill, dass die Gerätschaften ringsum vibrierten. Weil VATROX-VAMU es erzwang.
Die Entität lachte. Lotho bereitete ihr Vergnügen. Er war ihr zu Gefallen, und das war gut so.
Öffne den Schutzschirm!, verlangte sein neuer Herr. Verlass dein Schiff. Lass mich zur Gänze auf dich zugreifen. Ich möchte dich habenhabenhaben ...
Was für eine ausgezeichnete Idee! Ihn hielt ohnedies nichts mehr hier. Diese profanen Tätigkeiten, die er ausübte - und dabei VATROX-VAMU auch noch in die Quere kam! -, ergaben keinen Sinn.
Sein ursprünglicher Auftraggeber ES war ein Feind. Jemand, der ihm Böses wollte. Unter keinen Umständen durfte er weiterhin im Dienst der Superintelligenz bleiben. Sie hatte ihn zu dem gemacht, was er war. Hatte ihn seines menschlichen Körpers beraubt, hatte ihn aus bösartiger Berechnung in einen Maschinenmenschen verwandelt.
Er hasste sie. Er würde zu VATROX- VAMU gehen und ihm all das anbieten, was er über ES wusste. VATROX-VAMU sollte ihm das Wissen aus dem Gedächtnis lutschen und ihn endlich befreien.
Es war so leicht. Er brauchte bloß daran zu denken, und der Schutzschirm würde erlöschen. Es bedurfte lediglich eines winzig kleinen Wunsches.
Und dann ...
Er stand auf und reckte seinen Körper ein letztes Mal. Es war so weit.
»Tu's nicht«, hörte er eine sanfte, traurig klingende Stimme. »Tief in dir weißt du, dass es die falsche Entscheidung wäre.«
»Du hast mir nichts zu befehlen, Negra!«, fuhr er die Frau an. »Du bist nichts anderes als eine Schimäre, die mir ES geschickt hat. Um mich bei der Stange zu halten und zu verhindern, dass ich die Seite wechsle.«
»Weißt du, warum dich die Superintelligenz auserwählt hat, ihr Bote zu sein?«, fragte die Frau. Ihr Körper verfestigte sich vor seinen Augen. Der schlanke, muskulöse Körper war eine einzige Verlockung.
»Sie tat es aus Kalkül!«, fuhr Lotho Negra Tolt an. »Ich war erst vierundzwanzig Jahre alt, als sie mich holte und zu dem machte, was ich heute bin!«
Ein weiterer wohliger Schauder packte ihn. Vor seinem Kopf drehte sich alles. Er atmete Lust. Er war Lust. Die Impulse von VATROX-VAMU wurden drängender.
»ES suchte dich ganz bewusst aus einer Schar potenzieller Kandidaten aus«, fuhr Negra Tolt unbeirrt fort. »Du repräsentierst die Menschheit wie kaum ein anderer. Zu jenem Zeitpunkt, da sie dich retten ließ, warst du ein junger, etwas blauäugiger Mann, der all das in sich vereinte, was die Superintelligenz so sehr an den
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