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2591 - Im Auftrag der Superintelligenz

2591 - Im Auftrag der Superintelligenz

Titel: 2591 - Im Auftrag der Superintelligenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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viel mehr als sie weiß?
    Fest steht: TiefenEins ist ein Bestandteil des Maschinenwesens, der sich extern lösen konnte, und er vermag den Hauptkörper - zumindest bedingt - zu kontrollieren. Dies ist ein schmerzhafter, unangenehmer Gedanke; bei aller Scheu, die ich im Beisein Lotho Keraetes stets empfunden hatte, hatte ich doch immer den ehemaligen Terraner vor Augen. Nun bekomme ich allzu deutlich vor Augen geführt, dass er längst den größten Teil seines Menschseins verloren hat.
    Der Bote richtet sich auf. Wie ein Ertrinkender schnappt er nach Luft. Sein metallenes Gesicht, überzogen von einer Patina aus mehreren harmonierenden Blautönen, verändert sich.
    Ich meine, eine Vielzahl von Emotionen zu erkennen: Besorgnis, Freude, Furcht, Überraschung, Erleichterung - und Verblüffung.
    »Perry Rhodan? Julian Tifflor? Icho Tolot? Ich hätte nicht geglaubt, dass ... « Er schluckt, als wäre er noch ein Mensch, und ein Geräusch entsteht, als würden zwei Steine gegeneinander schlagen, bevor er fortfährt: »Ich hätte es ahnen müssen. Ihr seid Plan C.«
    »Plan C?«, hakt Perry nach. »Kannst du das etwas näher erklären?«
    »Lasst mir ein wenig Zeit.«
    Lotho Keraete tastet seinen Leib ab. Er biegt seine Arme so weit nach hinten über die Schultern, wie es selbst dem gelenkigsten Menschen nicht möglich wäre. Die Beine hingegen winkelt er nach vorne ab, als gäbe es keine Kniegelenke.
    »Ich bin nicht vollständig«, sagt er nach einer Weile mit unsicherem Tonfall. »Mir fehlt Substanz.«
    TiefenEins stößt sich von meiner Hand ab und macht durch ein gurrendes Geräusch auf sich aufmerksam.
    »Da bist du!«, ruft Keraete aus. Er wirkt konsterniert. »Komm zurück!«
    »Das scheint mir nicht sonderlich vernünftig«, sagt TiefenEins. »Wir sind noch nicht hundertprozentig einsatzfähig. Es ist besser, wenn ich extern bleibe und mögliche Krisen abfange.«
    »Krisen ...« Keraetes Kopf fällt weit nach vorne, und für einen Augenblick habe ich das Gefühl, als würde das kleine, wurmartige Geschöpf, das ich bei mir trage, wie ein Puppenspieler über den Boten verfügen und könnte ihn kraft seines Willens in Tiefschlaf versetzen.
    Doch Keraete richtet sich nach wenigen Momenten wieder auf. Starrt Perry an, starrt mich an.
    »TiefenEins hat recht«, sagt er, ohne weiter auf das Thema einzugehen.
    Er sitzt da und sagt nichts mehr. Er wartet. Er bleibt passiv. Als brauchte er Zeit, um zu verstehen, was rings um ihn vor sich geht.
    »Wir dachten, du wärst tot«, versucht Perry, ein Gespräch in Gang zu bringen.
    »Ich habe mir vor Kurzem sagen lassen, dass der Tod eine äußerst überschätzte Angelegenheit wäre«, lautet die rätselhafte Antwort. »Doch du hast recht: ES muss davon ausgehen, dass ich nicht mehr am Leben bin.«
    Lotho verzieht das Gesicht, und ich sehe so etwas wie schmerzliches Bedauern. »Ich habe versagt. Ich habe die Superintelligenz im Stich gelassen ... «
    »Selbstmitleid bringt uns im Augenblick nicht weiter«, mische ich mich ein und unterdrücke den Wunsch, auf die Uhr zu blicken. Ich habe es plötzlich wieder eilig. Ich werde mir mit schmerzlicher Dringlichkeit meiner eingeschränkten Lebenszeit bewusst.
    »Wo bin ich?«, fragt Lotho, ohne auf meinen Einwand einzugehen. »In der Schneise?«
    »Ja.«
    »Und welches Datum haben wir heute?«
    »1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Der zehnte Mai.«
    »Dann fehlen mir einige Jahrzehnte.« Der Bote lacht, und es klingt bitter. »Ich habe wieder einmal zu lange geschlafen.« Er schüttelt den Kopf. »Erzähl mir bitte von TALIN ANTHURESTA. Von der Frequenz-Monarchie. Von den Entwicklungen auf Terra.«
    Keraetes Wissenshunger ist groß. Perry gibt ihm die wichtigsten Informationen in Stichworten. Er muss sich wiederholen; der Zustand des Boten ist bemitleidenswert. Er wirkt zerstreut. Immer wieder bringt er Zeiten und Daten durcheinander, muss mehrmals von TiefenEins korrigiert werden.
    Ich höre mit halbem Ohr Perrys Erzählungen zu. Mein Interesse kehrt immer wieder zum metallenen Wurm zurück, der sich deutlich bemerkbar macht. Ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll. Er windet sich um mein linkes Armgelenk; mal fest, mal zärtlich. Er gibt mir Rätsel auf.
    Ich wünschte mir, ich hätte mehr Muße, die richtigen Fragen zu stellen und in Erfahrung zu bringen, was dazu geführt hat, dass er sich von Lotho Keraete trennen musste. Doch ich habe keine Geduld. Meine persönliche Situation ist einer der Gründe, warum ich auf

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