2596 - Requiem für das Solsystem
die das Holo nun erneut mit brutaler Schärfe wiedergab.
Ein Sturm tobte in den sonst so ruhigen weißgrauen Schwaden. Sie verwirbelten wie in gigantischen Windhosen. Blitze zuckten und tauchten alles in grelles Licht, gefolgt von tiefer Schwärze. Das Licht brach sich auf den flackernden Schirmen zu tanzenden Regenbogenprismen.
Beide Schiffe taumelten in unkontrolliertem Flug, die ACHILLES und die KATARAKT. Einmal näherten sie sich gefährlich an, die Piloten konnten den Flug jedoch stabilisieren.
»Ich habe eine Sonde zur Außenbeobachtung abgeschossen«, erklärte Vize-Admiral Lexa mühsam beherrscht. »Wir befinden uns im Zentrum eines hochfrequenten St...«
Ein Rauschen und Krachen übertönte ihn mitten im Wort.
Die Schutzschirme der Großraumer glühten unter energetischen Entladungen. Überschlagblitze zuckten. Für einen Augenblick verband eine bizarre, pseudomaterielle Brücke die beiden Raumer wie ein Tunnel.
»Die Schirme halten und absorbieren die energetischen Gewalten«, sagte Lexa, nun merklich ruhiger. »Die Situation scheint stabil. Die Herkunft des Phänomens ist allerdings unklar. Wir empfangen die Daten der Sonde. Unsere Umgebung beruhigt sich. Die hyperphysikalischen Messwerte kehren langsam in den Normalbereich zurück.«
Der Nebel wallte vor der KATARAKT und flackerte in tausend Farben, als würde er endgültig verpuffen. Eine letzte Windhose jagte auf die ACHILLES zu und zerschellte am Schiff; der Wirbel löste sich auf.
Dann waren die beiden Einheiten durch: Sie senkten sich einer Schnee- und Eislandschaft entgegen.
Talanis!
Auch dort tobte ein Sturm, allerdings handelte es sich nur um ein natürliches Unwetter, das den Raumern selbstverständlich nichts anhaben konnte.
»Wir haben es geschafft«, kommentierte Lexa. »Das Ziel ist erreicht. Ich empfange klare Orterbilder. Die ATLANTIS liegt wie erwartet noch immer vor Ort in der Nähe des Schutzschirms, unter dem sich der Parablock versammelt. Ich werde nun Kontakt mit Atlan aufnehmen. Vize-Admiral Stuart Lexa, Ende.«
Das Hologramm erlosch.
Ich bin ...
Mein Name? Er tut nichts zur Sache.
Mein Beruf? Frag lieber nach meiner Berufung.
Ich bin ein Neo-Globist. Ich helfe mit, Terra vor diesem monströsen Ding dort draußen zu beschützen. Vor dem Feuerauge.
Wenn ich ehrlich bin, habe ich nicht einmal genau verstanden, worum es sich dabei eigentlich handelt. Psi-Materie oder so etwas. Meiner Tochter habe ich gesagt, es wäre eine Bombe. Und wenn sie explodiert, ...
... wirst du leider nie einen Mattenwilly sehen, mein Schatz, so leid es mir tut.
... brauchen wir uns keine Gedanken mehr über dein nächstes Zeugnis zu machen.
... spielt es keine Rolle mehr, ob Shular nun in dich verliebt ist oder nicht.
... ist es nicht mehr nötig, dass sich dein Ururgroßvater wegen seines Magengeschwürs von diesem sündhaft teuren Ara behandeln lässt.
All das trifft zu, aber nichts davon habe ich ausgesprochen. Ich habe einfach mitten im Satz aufgehört.
Wenn sie explodiert...
Das versteht jeder. Peng, und Terra war einmal. Wir alle sind in derselben Sekunde tot.
Meine Tochter will sich mir anschließen. Will auch eine Globistin werden. Und das mit ihren neun Jahren.
Ich bin hin und her gerissen. Zwar bin ich unendlich stolz auf sie, ebenso möchte ich aber auch weinen, dass es mit Terra so weit hat kommen können. Ein Wort tauchte plötzlich wie von selbst in meinem Kopf auf, und ich konnte es nicht mehr aus meinen Gedanken verbannen:
Kindersoldaten.
Wäre sie denn etwas anderes, auch wenn sie keine Waffe in die Hand nimmt, sondern sich nur der Verteidigung widmet? Nur mithilft, den Psi- Sturm irgendwie zu bändigen, der losbrach, als das Feuerauge den Kristallschirm durchdrungen hat. Seitdem hält es unaufhaltsam Kurs auf unsere Sonne.
Ich will ein Globist werden, genauso wie du, hat sie gesagt und mich mit treuen Blicken angesehen. Noch nie vorher hat sie so ernst gewirkt. Das Blau ihrer Augen ist wie ein schöner Bergteich gewesen.
Ein Globist, wie ich und Millionen anderer mit mir.
Sie weint, weil ich nun von zu Hause aufbrechen muss, um erneut meinen Dienst anzutreten. Und einen Augenblick lang, sosehr ich mich auch schäme, würde ich sie am liebsten mitnehmen.
Dort draußen lauert das Feuerauge, und auch wenn ich nicht genau verstehe, was es eigentlich ist, weiß ich doch, warum es so heißt. Denn das Verderben blickt auf uns alle, um uns zu verzehren und uns in die Flammen des Todes zu werfen.
Ich schließe die Tür
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