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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hörbare Ton des Klangbretts, und dann erscholl die Stimme des Ausrufers: „Eilt zum Gebet! El Mogreb ist da, denn die Sonne will im Westen verschwinden. Es ist nur ein Gott, und Mohammed ist sein Prophet. Bezeuget, daß es nur diesen einen gibt! Allah akbar, Allah hu akbar!“
    Der Deutsche trat an das Fenster und erblickte den Ausrufer auf der Galerie des Türmchens. Unten lagen die Leute auf den Knien, um zu beten. Er konnte von seinem Fenster aus in gerader Richtung bis nach dem Tor sehen, durch welches er gekommen war. Eben als der Ausrufer seinen Spruch begonnen hatte, waren dort mehrere Männer erschienen, von denen anzunehmen war, daß sie nicht zu der Seribah gehörten. Auch sie waren auf die Knie gesunken. Nach dem Gebet erhoben sie sich wieder und schritten auf den Tokul des Leutnants zu.
    Sie waren Soldaten, aber nicht etwa Asaker einer Seribah, sondern wirkliche Soldaten, denn sie trugen, nur einen ausgenommen, die Uniform des Vizekönigs. Der Voranschreitende war Offizier. Er trug die Abzeichen eines Kolarghasi (Hauptmann). Neben ihm ging ein kleiner Kerl, welcher auch in eine Uniform gekleidet war, aber in was für eine! Er hatte nämlich eine blaue Hose an, deren Beine nur das Knie erreichten. Darüber trug er einen uralten, roten, englischen Militärfrack, auf dessen Achseln mächtige wollene, französische Epauletten befestigt waren. Um den Kopf war eine Art Turban geschlungen, von dem lange Federn herabhingen. Da der Frack vorn weit auseinanderging, sah man, daß dieser Mann weder eine Weste noch ein Hemd hatte. Um die Taille ging ein Ledergurt, in welchem zwei Pistolen und ein Messer steckten; auch hingen mehrere Beutel an demselben, welche wohl verschiedene notwendige Kleinigkeiten enthielten. In der rechten Hand trug er ein altes, schweres Gewehr, welches von ungewöhnlich großem Kaliber war.
    Dieser Mann trat mit dem Offizier bei dem Leutnant ein. Die vier Soldaten, welche mit ihnen gekommen waren, blieben vor der Tür stehen.
    Das war es, war der Graue bei dem schnell scheidenden Tageslicht hatte sehen können; dann wurde es dunkel, und ein Neger kam herein, um die Lampe anzubrennen und zu melden, daß er der verheißene Diener sei. Er entfernte sich wieder, um gleich darauf dem Gast einen Krug voll Merissah und auch einige neugebackene Fladenbrote zu bringen.
    Kurze Zeit später kam der ‚Sohn des Geheimnisses‘ zu dem Deutschen, um zu erfahren, ob es ihm in seiner Wohnung gefalle.
    „Ganz gut“, antwortete dieser. „Wo wohnst denn du?“
    „In dem Tokul des ‚Schnarchers‘, welcher sich sehr darüber freuen wird, mich bei sich zu finden, wenn er abgelöst worden ist.“
    „Ich war ganz erstaunt, zu hören, daß ihr einander kennt. Du warst schon hier?“
    „Wie du gehört hast, ja.“
    „Wie lange?“
    „Mehrere Monate.“
    „Wann?“
    „Vor vier Jahren.“
    „Was wolltest du hier?“
    „Herr, das ist ein Geheimnis.“
    „So! Ich hörte, daß es sich dabei um Abd el Mot gehandelt hat. Du hast also ihn und Abu el Mot schon früher gekannt?“
    „Ja, Effendi.“
    „Ohne mir ein Wort davon zu sagen!“
    „Zürne mir nicht! Es ist das eine Sache, von welcher ich nicht spreche.“
    „Ich beabsichtige keineswegs, in deine Geheimnisse zu dringen. Aber sage mir nur das eine, ob du damals allein oder in Begleitung hierhergekommen bist!“
    „Auch hiervon spreche ich nicht gern.“
    „Gut! Hast du die Fremden gesehen, welche vorhin gekommen sind?“
    „Ja. Ich war dabei, als der Leutnant mit ihnen sprach. Der Offizier ist mit einer Dahabiëh bis in die Nähe der Seribah gekommen und hat angefragt, ob er unten an der Mischrah Anker werfen darf.“
    „Woher kommt er?“
    „Stromaufwärts. Er fragte, ob der Leutnant nicht wisse, ob Abu el Mot auf seiner Seribah angekommen sei.“
    „Hast du nicht gefragt, ob dieser Offizier vielleicht Reisende auf seinem Schiff habe?“
    „Nein. Er sprach mit dem Befehlshaber, nicht aber mit mir.“
    „Es ist doch leicht möglich, daß sich der Bruder meines Gefährten auf dieser Dahabiëh befindet. Ich werde zu dem Hauptmann gehen, um ihn zu fragen.“
    „Er ist nicht mehr hier, sondern mit seinen Soldaten wieder fort, um das Schiff herbeizuholen.“
    „So muß ich warten, bis er zurückkehrt.“
    „Das ist nicht notwendig, denn sein Begleiter, welcher das Kleid eines Babral (Papagei) trägt, ist hiergeblieben. Soll ich ihn zu dir senden?“
    „Ja, hole ihn!“
    Der ‚Sohn des Geheimnisses‘ ging, und bald darauf trat der

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