26 - Die Sklavenkarawane
beschlossen, nach der Seribah zu gehen, um den Kommandanten zu bewegen, ihnen eine Abteilung seiner Leute mitzugeben.
Der Ungar hatte während der ganzen Fahrt sich Schwarz unentbehrlich zu machen gesucht. Er war eifersüchtig auf jeden andern und sah es nur sehr ungern, daß die schwarzen Diener mehr um den Herrn sein mußten als er. Kaum schloß er aus dem durch die dünnen Kajütenwände dringenden Geräusch, daß Schwarz wach sei, so trat er nach vorherigem Anklopfen ein und meldete, ohne dem Grauen einen Blick zu gönnen, in deutscher Sprache: „Es seinte wieder da Besuch von Seribah, hiesiger. Willte sprechte Herrn Doktor, geehrten.“
„Wer ist's?“ erkundigte sich Schwarz.
„Hasab Murat, Herr von Seribah. Seinte kommen schon, als noch warr geweste Nacht, finstere.“
„Und da hat er bis jetzt gewartet?“
„Ja. Er willte nicht gehen, ohne zu sprechen gehabt mit Effendi, hochgeborenem.“
„Laß ihn herein, und sorge für Kaffee und Pfeifen!“
Hasab Murat war ein behäbiger Ägypter, welcher eher das Aussehen eines biederen Teppichhändlers als dasjenige eines Sklavenhändlers hatte. Er verbeugte sich fast bis zur Erde und wartete, bis man ihn anreden werde. Schwarz winkte ihm zu, sich zu setzen, und beobachtete ein würdevolles Schweigen, bis der Kaffee und die Pfeifen gebracht worden waren. Erst als man die Tassen geleert und die Meerschaumspitzen im Mund hatte, begann er: „Ich vernehme, daß du der Gebieter von Madunga bist. Du wünschst mich zu sprechen. Ich höre deine Worte.“
Der Herr, welchem der Bote seines Leutnants rechtzeitig begegnet war, besann sich einige Augenblicke, wie er auf diese reservierte Ansprache beginnen solle, und antwortete dann: „Ich kam während der Nacht von der Reise zurück und erfuhr deine Gegenwart. Ich ging sogleich an Bord der Dahabiëh, um dir meine Ehrfurcht zu erweisen.“
„Ich habe keinen Anspruch auf dieselbe, denn du bist älter als ich.“
„Der Abgesandte der Regierung ist bejahrter als der älteste Greis.“
„Du irrst. Ich bin nicht das, wofür du mich hältst.“
Über das Gesicht des Ägypters glitt ein demütig-pfiffiges Lächeln. Sein Auge schweifte mit einem bezeichnenden Blicke umher, mit welchem er deutlich genug sagte: Mich machst du nicht irre: ich weiß genau, woran ich bin! Und dann antwortete er: „Nur Allah darf den Mund des Menschen öffnen; ich aber achte deine Verschwiegenheit. Wie lange wirst du hier an meiner Mischrah bleiben?“
„Bis ich mit dir gesprochen habe. Du handelst doch mit Sklaven?“
„Effendi!“ fuhr der Mann erschrocken auf. „Das Gesetz verbietet seit einiger Zeit dieses Geschäft, und ich bin ein gehorsamster Untertan der Obrigkeit.“
„Kannst du das beweisen?“
„Fordere Beweise, und wenn es in meiner Macht liegt, so gebe ich sie.“
„So sag mir aufrichtig, ob Abu el Mot noch auf Ghasuah zieht.“
„Er tut es; er fängt noch Sklaven. Allah verdamme ihn.“
„Du sagst die Wahrheit; ich weiß es. Eben jetzt will er wieder eine Ghasuah unternehmen, und ich bin gekommen, ihn dabei abzufangen. Was sagst du dazu?“
Das Gesicht Hasab Murats glänzte vor Freude, als er die Bestätigung dessen vernahm, was ihm sein Leutnant gemeldet hatte. Abu el Mot war sein bedeutendster Konkurrent und zugleich sein persönlicher Feind; ihm gönnte er alles Böse. Wurde diesem Mann das Handwerk gelegt, so blühte es für die Seribah Madunga doppelt auf. Darum antwortete er: „Möge ihm geschehen, was er verdient hat! Ich bitte zu Allah, seine Sünden über ihn kommen zu lassen.“
„Das ist ein Beweis, daß du gelernt hast, die Sünde des Menschenhandels zu hassen. Ich wünsche, die Nähe deiner Seribah von diesem Sklavenjäger zu befreien; aber ich weiß nicht, ob es mir gelingen wird. Ich hörte zu spät, das Abu el Mot neue Leute angeworben hat, und befürchte nun, daß meine Truppen nicht zahlreich genug sind, diesen Mann unschädlich zu machen.“
Als Hasab Murat diese Worte, welche ihm wie Musik in die Ohren klangen, hörte, fühlte er sich entzückt. Er zögerte keinen Augenblick, die Antwort zu geben, welche Schwarz erwartet hatte: „Effendi, es ist Pflicht eines jeden Untertanen, die Obrigkeit in der Ausübung der Gerechtigkeit zu unterstützen. Darf ich dir meine Leute anbieten?“
„Ja. Ich erwarte das von dir. Aber was verlangst du für diesen Dienst?“
„Nichts, gar nichts. Ich würde mir meine Hand abhauen, wenn sie auch nur einen Piaster von dir nehmen wollte. Ich bitte dich
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