26 - Die Sklavenkarawane
Gefangenen heimzubringen. Dann konnte ich ihn zwingen, mir den Namen meines Vaters und alles, was ich wissen wollte, mitzuteilen.“
„Du bist ein kühner und doch vorsichtiger, kluger Mann“, sagte Schwarz. „Jetzt liegen die Verhältnisse freilich noch viel vorteilhafter für dich.“
„Ja, Effendi. Eben wollten wir den Plan ausführen, da mußte der ‚Sohn der Treue‘ nach Faschodah zu dir. Er kannte den größten und gefährlichsten Teil des Weges genau, denn wir waren oft im geheimen, wenn der König glaubte, daß wir auf den in seinem Gebiet liegenden Maijehs zur Jagd abwesend seien, herab nach der Seribah gesegelt, um zu erfahren, daß mein Feind sich noch auf derselben befinde. Dann wurde deinem Bruder und dem ‚Vater des Storches‘ hier die Zeit zu lang; sie glaubten dich in Gefahr und wollten dir entgegengehen. Ich sagte ihnen, daß ich den Fluß kenne, und durfte als Steuermann mit ihnen fahren. Was dann geschehen ist, hat dir der ‚Vater des Storches‘ erzählt.“
„Ich danke dir für deine aufrichtige Erzählung. Ich werde dir natürlich behilflich sein, dein Ziel zu erreichen. Nun aber sage auch, welcher Bewohner der Seribah es ist, auf den du es abgesehen hast!“
„Versprich mir vorher zweierlei!“
„Was?“
„Daß du ihn zwingen willst, mir Auskunft zu geben.“
„Das werde ich. Ich gebe dir mein Wort darauf.“
„Und daß du ihn dann mir überläßt.“
„Zur Bestrafung?“
„Ja.“
„Darauf kann ich nicht sofort ja sagen.“
„Warum nicht?“
„Ich bin ein Christ und darf infolgedessen keine Grausamkeiten dulden.“
„So denke daran, was ich erduldet habe; denke auch an den Kummer meiner Eltern. Denke ferner an die Sünden, welche dieser Mann noch sonst begangen hat. Das Blut Hunderter schreit nach Rache himmelauf für ihn, und Tausende sind es, welche er in die Sklaverei verkauft hat!“
Schwarz zögerte zu antworten; darum fuhr der ‚Sohn des Geheimnisses‘ fort: „Willst du nicht auch daran denken, daß ich und der ‚Sohn der Treue‘ euch einige kleine Dienste geleistet haben? Ich forderte weder Dank noch gar Bezahlung; aber willst du mir die erste und einzige Bitte, welche ich auszusprechen habe, abschlagen?“
Der sonst so stolze Jüngling ließ sich auf seine Knie nieder und faltete flehend die Hände.
„Lassen S' ihm doch seinen Willen!“ sagte der Graue deutsch. „Wir sind ihm wirklich zu Dank verpflichtet. Und er hat ganz recht: Dieser Abd el Mot, denn der wird's wohl sein, ist a Teufel in Menscheng'stalt, um den ich mich g'wiß nit grämen tu', wenn er a bisserl am Ohr g'zwickt wird.“
„Aber es ist ein Mord, Doktor!“
„A Mord? Gehn S' Doktor lassen S' mich aus, und schauen S' daß Sie von hier fortkommen, sonst kriegen S' eine Maulschellen, daß Sie in zwei Purzelbäumen hinüber ans Ufer fliegen und dort im G'sträuch hängenbleiben! Redet der Mensch von Mord, wo es sich um einen tausendfachen Mörder handelt! Und mich nennt er Doktor, nachdem ich ihm g'sagt und erklärt hab', daß ich nur der Naz, oder noch kürzer g'sagt, der Vogel-Nazi bin! Da soll doch gleich der Luftballon zerplatzen! Ich bin a guter Mensch, aber wann man so doppelt g'ärgert wird, so hält's die beste Lung' nit aus; sie muß heraus mit der Sprach'!“
Schwarz kannte den Grauen noch nicht so lange wie sein Bruder; darum blickte er ihm erstaunt in das Gesicht, wo die lange Nase sich so energisch hin- und herwand, als ob sie sich vor Wut herausdrehen wolle.
„Ja, schauen S' mich nur an!“ fuhr Pfotenhauer fort. „Das hilft Ihnen aber gar nix. Was ich g'sagt hab', das hab' ich g'sagt, und davon ziehn mich zehn Elefanten nit ab. Seien S' also vernünftig und reden S' a verständig's Wort! Ich laß mich auf der Stell' gleich braten und verspeisen, wenn's nit Abd el Mot ist, den er meint!“
Schwarz mußte trotz des Ernstes, welchen der Gegenstand erforderte, lachen. Er erkundigte sich bei dem noch immer vor ihm knienden jungen Mann: „Ist es etwa Abd el Mot, von welchem du sprichst?“
„Ja, Effendi.“
„Gut, ich schenke ihn dir, wenn ich ihn zu verschenken habe, was ich sehr bezweifle. Wenn er in meine Hände fällt, so soll er dein Gefangener sein.“
„Mehr verlange ich nicht“, antwortete der ‚Sohn des Geheimnisses‘, indem er aufstand. „Ich danke dir, Effendi!“
„Und noch eins“, fuhr Schwarz fort. „Nun du mir alles erzählt hast, fällt mir eine Episode ein, welche mir der ‚Vater des Storches‘ erzählt hat. Du hast den
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