26 - Die Sklavenkarawane
Vorderteil des Schiffes, wo mehrere Soldaten ihre Angeln ausgeworfen hatten und andre mit den Hakenspeeren dabeistanden, um die Beute anzuwerfen, falls die so schwer sein sollte, daß die Angelleine sich als zu schwach erweise.
„Nun, mitessen würden Sie wohl dennoch?“ fragte Schwarz.
„Ja freilich. Aber was tu ich wissenschaftlich mit dem Fisch? Nehmen S' dagegen so einen Ibis, wie wir 'n g'sehen haben! Der war schon im Altertum a heilig's Tier und wurd' einbalsamiert und mit Königen begraben. Haben S' schon mal eine Ibismumie g'schaut?“
„Viele.“
„Ich auch; die erst schon als Bub', als ich noch in die Schul' gangen bin. Unser Professor von der Naturg'schicht hat eine g'habt, die er mit ganz b'sonderm Stolz vorg'zeigt hat, wann die Lehr' auf die storchartigen Vögel 'kommen ist. Er war gar kein übler Ornithologe; das muß ich sagen, obgleich er mich gar nit gern g'habt hat. Und wissen S' auch, warum?“
„Nun?“
„Weil ich immer nach Dingen g'fragt hab', die selbst dera größte G'lehrte nit beantworten kann. Dafür hat er mich aber bei b'sonderer G'legenheit richtig ausg'zahlt. Das war damals, als wir in der Quarta Examen hatten. Ich hab' mich sehr auf dasselbige g'freut und das beste Vorleghemd und den bunten Schlips um den Hals g'macht. In diesem Staat hab' ich so sauber und blank ausg'schaut, daß es mir im Examen gar nit fehlen könnt'. Und doch ist's nit so glatt abg'laufen, wie ich's mir vorg'stellt hab, denn als ich an die Reih' kommen bin, da hat er mich g'fragt – was glauben S' wohl, was?“
Schwarz wußte noch nicht, daß dies das Lieblingsthema des Grauen war. Er machte ein diesen nicht ganz befriedigendes Gesicht, da er die Geschichte schon einmal gehört hatte, was Pfotenhauer doch wohl wissen mußte.
„Na, was machen S' denn für a G'sicht?“ fuhr dieser fort. „Fast grad so wie das meinige, damals, als ich die Frag' bekommen hab'! Ich red' sonst nit davon, weil's fremde Leute nix angeht, doch unter Bekannten braucht man sich nit zu genieren, und darum sollen S' derfahren, daß er mich g'fragt hat, warum die Vögel Federn haben.“
„Das weiß ich schon“, bemerkte Schwarz.
Er meinte, daß er die Geschichte kenne; der Graue bezog diese Worte aber auf die Federn und antwortete: „Jetztund weiß ich's natürlich auch; aber damals hab' ich's noch nit g'wußt, und darum bin ich erst eine ganze Weil' dag'standen und hab' den Mund offen g'habt, bis ich endlich – – –“
„Samki, samki, samki el kebir, samki el tkil – ein Fisch, ein Fisch, ein großer Fisch, ein schwerer Fisch!“ jubelten in diesem Augenblick zehn, zwanzig und dreißig Stimmen vom Vorderteil her, so daß der Graue in seiner Erzählung innehielt. „Ischadd, ali, a'la; hai hu, aho – zieht, hoch, höher; da ist er, da ist er!“
Sie brachten einen Fisch von gewiß drei Ellen Länge auf das Deck, wo er sofort getötet wurde; dann schleiften sie ihn nach dem Hinterdeck, damit die Effendina sich über die Beute freuen möchten. Es war ein Wels, eine Fischgattung, an welcher der obere Nil sehr reich ist. Die alten, großen Welse schmecken nicht gut und sind schwer verdaulich; dieser aber war ein noch junges Exemplar. Darum freuten sich die Leute ihres Fanges. Als Schwarz sie ob desselben gelobt und beglückwünscht hatte, schafften sie ihn nach der Matbach (Küche); nur der ‚Vater der elf Haare‘ blieb stehen und sagte, indem er einen herausfordernden Seitenblick auf den Grauen warf, zu Schwarz, und zwar in deutscher Sprache: „Ich hatt fangte mit Herrn Wagner schon sehrrr oft so Fisch, großmächtigen. Es hatt gegebte Menschen, welche wollte sein von Gelehrsamkeit, großartiger, und wißte doch nicht vielleicht, wie heißte Fisch, dieseriger.“
Es war klar, daß er Gelegenheit suchte, dem Grauen zu imponieren. Dieser blickte von ihm weg und tat so, als ob er seine Anwesenheit gar nicht bemerkte; Schwarz aber antwortete gutmütig: „Nun, wie heißt dieser Fisch?“
„Sein Name seinte Wels; er geschmeckte Delikatesse, wenn noch klein und jung; wenn ganz und garrr klein, er seinte zart wie Karpfen, heimatlicher.“
„Du scheinst ein großer Ichthyolog zu sein?“
„Ich warrr stets einer geweste, Ichthyolog und Phrenolog, berühmter.“
„So! Dann sag uns doch einmal, was ein Ichthyolog ist!“
„Das seinte Kenner von Gehirn, menschliches.“
„Und Phrenolog?“
„Das war geweste Kenner von Fisch, flüssigem.“
„Aber, mein Lieber, das ist gerade verkehrt! Ichthyologie ist
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