26 - Die Sklavenkarawane
mich also in deine Hände zu liefern!“
„Das verlange ich nicht. Ich will nur mit dir sprechen. Ich möchte euch nicht töten. Wenn du kommst, werde ich dir nichts tun und dich auch nicht zurückhalten.“
„Sagst du die Wahrheit?“
„Ja.“
„Ich kann zu meinen Leuten zurück, selbst dann, wenn ich nicht mit dir einig werde?“
„Gewiß, ich verspreche es dir.“
„Schwöre es mir beim Propheten!“
„Nun wohl! Mohammed ist mein Zeuge, daß du gehen kannst, sobald es dir beliebt.“
„So komme ich.“
„Auch nit übel!“ lachte Pfotenhauer. „Schwört dieser Naturforscher Schwarz auf den alten Mohammed! Man derlebt doch sonderbare Sachen, wann man die Nas' in fremde Länder steckt! Was werden S' ihm denn für Bedingungen machen?“
„Sich zu ergeben, das verlange ich, und dafür soll er straflos ausgehen.“
„Ist das nit zu gelind?“
„Nein. Diese Nuehr haben nicht den richtigen Begriff von der Abscheulichkeit des Sklavenhandels. Und selbst wenn sie sich derselben bewußt wären, wie soll ich sie strafen? Etwa indem ich sie alle erschieße?“
„Nein.“
„Oder sie in ein Zuchthaus stecke?“
„Da gibt's keins.“
„Habe überhaupt ich über sie zu richten?“
„Wohl schwerlich! Es wird sogar zweifelhaft sein, ob der Mudir das Recht hat, sie zu bestrafen.“
„Ganz richtig! Es fällt mir gar nicht ein, etwas zu tun, was nicht meines Amtes ist. Und außerdem gebietet mir die Klugheit, Milde walten zu lassen. Was wollen wir mit diesen vielen Menschen tun, wenn sie in unsere Hände fallen? Sie vielleicht mit uns herumschleppen, daß sie uns in allem hindern und vielleicht gar bei Gelegenheit gegen uns losbrechen? Nein, ich lasse sie laufen.“
Jetzt kam der Häuptling in einem Boot herbei. Schwarz befahl Kaffee und Pfeifen und begab sich mit Pfotenhauer in die Kajüte, wo er den Häuptling empfing.
Er war sehr gut gebaut, die schmale, enge Brust abgerechnet, welche alle Völker haben, welche in Flußniederungen und sumpfigen fiebererzeugenden Gegenden wohnen. Quer über die Stirn trug er drei parallele Narben. Die Eltern bringen den Knaben schon in der Jugend diese Schnitte bei. Die Narben gelten als Schönheit. Ferner hatte er in der Unterkinnlade keine Vorderzähne. Die Nuehr haben die Sitte, diese den Kindern auszubrechen, weshalb, das ist schwer zu sagen. Dadurch bekommt ihre Sprache etwas Eigentümliches, was sehr schwierig nachzuahmen ist.
Auf Schwarzens Einladung setzte er sich nieder, trank eine Tasse Kaffee aus und ließ es gern geschehen, daß der schwarze Diener die Pfeife in Brand steckte. Als er zwei oder drei Züge getan hatte, ließ er ein wohlgefälliges, ja entzückendes Grunzen hören. Er hatte bisher nur mit anderen Blättern vermischtes schlechtes Tabakspulver rauchen können. Der Wohlgeruch und Wohlgeschmack dieser Pfeife versetzte ihn in Ekstase. Schwarz begann: „Du sagtest, daß wir euch noch nicht besiegt hätten. Hältst du es vielleicht für möglich, uns noch zu entkommen?“
„Nein“, gestand der Schwarze in naiver Aufrichtigkeit.
„Was gedenkst du zu tun?“
„Zu kämpfen bis auf den letzten Mann.“
„Was hättest du davon?“
„Wir würden viele von euch töten.“
„Ohne einen Vorteil davon zu haben!“
„Müssen wir nicht? Sind wir nicht dazu gezwungen?“
„Nein.“
Der Häuptling machte ein außerordentlich erstauntes Gesicht. Fast wäre ihm dabei die Pfeife ausgegangen. Er bemerkte das, tat schnell einige Züge und fragte dann: „Du willst wirklich nicht weiter mit uns kämpfen?“
„Nein.“
„Aber wir werden uns doch nicht ohne Gegenwehr töten lassen sollen!“
„Das mute ich euch gar nicht zu. Aber was meinst du denn, was geschehen soll? Der Sieger tötet entweder die Besiegten, oder er macht sie zu Sklaven. Und ich will weder von dem einen noch dem andern etwas wissen. Ich will euch nicht töten und brauche keine Sklaven. Ich bin ein Christ.“
„Ein Christ?“ Er suchte in seinem Gedächtnis nach, um darüber, was man unter einem Christen zu verstehen habe, klarzuwerden. Endlich dämmerte eine Erinnerung in ihm auf, und er fuhr fort: „Sind das die Leute, welche Schweinefleisch essen dürfen?“
„Ja. Doch ist das nicht etwa das Hauptzeichen, welches uns von den Bekennern des Propheten unterscheidet. Unsre Religion gebietet uns, zu lieben anstatt zu hassen und selbst unsren Feinden Gutes zu erweisen.“
Der Nuehr sah ein, daß dieses Gebot sehr vorteilhaft für ihn sei, und fragte: „Und ihr
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