26 - Die Sklavenkarawane
der Wächter, die Peitsche stetig in der Hand. Die Sklavinnen waren nach der Seribah geholt worden, um zu backen.
Zuweilen erhob sich der Aufseher, um einige Minuten hin und her zu gehen. Dabei brummte er grimmig in den Bart darüber, daß er weder mitsingen noch mittrinken durfte.
Kurz nach Mitternacht kam Abd el Mot noch einmal an Bord, um sich zu überzeugen, ob der Posten seine Schuldigkeit tue. Dann, als er sich entfernt hatte, wurde es drüben in der Seribah still. Die berauschten Sklavenjäger suchten und fanden den Schlaf. Als der Wächter wieder einmal seinen Spaziergang unternahm, flüsterte Lobo seinem Kameraden zu: „Dieser Weiße ist zornig; er hat die Peitsche stets in der Hand, schlägt uns aber nicht. Lobo möchte ihn darum nicht gern töten.“
„Dann können wir nicht entkommen!“
„Wollen wir ihm nicht die Kehle zuhalten, daß er nicht schreien kann? Dabei binden wir ihn und stecken ihm den Mund zu.“
„Das hat auch Tolo lieber, als ihn zu töten; aber ein einziger Schrei kann uns verderben.“
„Lobos Fäuste sind stark. Er wird den Mann so fassen, daß derselbe gar nicht rufen kann.“
„Und während du ihn festhältst, wird Tolo ihn binden. So können wir es machen. Stricke sind genug da.“
„Wann beginnen wir?“
„Nach einer Weile; dann werden alle Weißen fest eingeschlafen sein.“
„Aber der Kahn ist nicht da. Er wird des Abends in die Seribah geschafft.“
„So schwimmen wir.“
„Hat Tolo vergessen, daß sich viele Krokodile im Wasser befinden? Darum wird die Seribah ja Omm et Timsah genannt.“
„Tolo läßt sich lieber von den Krokodilen fressen, als daß er die Weißen nach Ombula führt.“
„Lobo auch. Der gute Scheik im Himmel wird uns beschirmen, da wir soeben dem Wächter das Leben geschenkt haben.“
„So glaubst du jetzt an diesen großen Scheik?“
„Lobo hat während des ganzen Abends über denselben nachgedacht. Wenn der Khasis kein Lügner war, so ist es wahr, was er gesagt hat, denn er ist klüger gewesen, als wir es sind. Und für den schwarzen Mann ist es sehr gut, einen solchen Scheik im Himmel zu haben, denn alle weißen Scheiks auf der Erde sind seine Feinde. Lobo glaubt also an ihn und wird ihn jetzt bitten, die Flucht, welche wir vorhaben, gelingen zu lassen.“
Der Neger faltete die Hände und blickte zum Himmel auf. Seine Lippen bewegten sich, aber die Bitte war nur für Gott hörbar.
Der Wächter hatte sich wieder niedergesetzt. Dann dauerte es längere Zeit, bis er abermals aufstand, um hin und her zu gehen. Da fragte Lobo: „Warten wir noch länger?“
„Nein. Tolo hält schon die Stricke in der Hand. Wenn er uns wieder nahe ist und sich umdreht, so springen wir auf, und du ergreifst ihn von hinten.“
So geschah es. Der Wächter kam auf sie zu und machte wieder kehrt. Im Nu standen die Neger hinter ihm, und Lobo legte ihm die beiden Hände um den Hals, den er fest zusammendrückte. Der Mann stand, wohl nicht nur infolge dieses Druckes, sondern mehr noch aus Schreck, völlig bewegungslos; er gab keinen Laut von sich. Er wehrte sich auch nicht, als Tolo ihm die Stricke fest um die Arme, Beine und den Leib wickelte. Er blieb sogar stumm, als Lobo ihm die Hände von dem Hals nahm und ihm seinen Fes vom Kopf zog, denselben zerriß und aus den Stücken einen Knebel machte, der ihm in den Mund geschoben wurde.
Der Mann war vollständig überwältigt und wurde in den Raum hinabgeschafft. Lobo nahm ihm das Messer und Tolo die Peitsche ab; dann kehrten sie auf das Deck zurück.
Sie ließen sich so leise wie möglich, um ja nicht etwa durch ein Geräusch die Krokodile herbeizulocken, in das Wasser und strebten dem Ufer zu, was gar nicht leicht war, da sie durch die dichte Omm Sufah zu arbeiten hatten. Doch gelangten sie wohlbehalten an das Land. Das Naß werden schadete ihrer mehr als einfachen Kleidung nicht das mindeste.
„Der gnädige Scheik im Himmel hat uns vor den Krokodilen beschützt; er wird uns auch weiter helfen“, sagte Lobo, indem er das Wasser von sich abschüttelte. „Denkst du nicht, daß es besser wäre, wenn wir Abd el Mot leben ließen und unsere Wanderung sogleich anträten?“
„Nein. Er muß sterben!“
„Seit du heute von dem himmlischen Scheik und seinem Sohn gesprochen hast, kommt es Lobo nicht gut vor, den Araber zu töten.“
„Wenn wir ihm das Leben lassen, ereilt er uns unterwegs. Töten wir ihn aber, so wird, wenn man ihn findet, alle der Schreck so ergreifen, daß sie versäumen, uns zu
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