26 - Die Sklavenkarawane
besetzt, für welche gewöhnlich hohe Warten auf Pfählen errichtet sind, ganz ähnlich den russischen Kosakenwarten.
Die Seribah Omm et Timsah hatte einen bedeutenden Umfang. Sie enthielt über zweihundert Tokuls, deren Unterbau aus aufgeworfener Erde bestand, während die Wände und Dächer aus Schilf hergestellt waren. Sie alle hatten eine runde Gestalt, und jede einzelne war für sich mit einer besonderen Dornenhecke umgeben. Dies alles bildete eine Art Dorf, welches innerhalb der kreisförmigen Hauptumzäunung lag.
Auch die Hütten hatten keine verschließbaren Türen. Diebstahl kommt unter den Bewohnern einer Seribah nicht vor; diese haben sich nur von den irrigen Eigentumsbegriffen der Eingeborenen zu hüten.
Die Wege, welche zwischen den Tokuls hinführten, waren ziemlich reinlich gehalten; desto schlimmer aber sah es vor der äußeren Umzäunung aus. Da gab es Abfälle und Unrat in Menge; sogar die verwesenden Leichen natürlich gestorbener oder zu Tode gepeitschter Sklaven lagen hier, einen Geruch verbreitend, den die Nase eines Europäers nicht hätte ertragen können. Dies war ein Sammelplatz aller Arten von Raubvögeln. Auch die Hunde der Sklavenjäger befanden sich da, und des Nachts stellten sich wohl Hyänen und andere wilde Tiere ein.
Unweit der Seribah befand sich die Murrah, der umfriedete nächtliche Pferch des Viehstandes, dessen Angehörige am Tag über im Freien weiden. Der Dünger dieser Tiere wird sorgfältig gesammelt und in der Sonne getrocknet, um abends in die Murrah geschafft und angebrannt zu werden. Der dichte Rauch, welcher sich dann entwickelt, gewährt den Tieren und Menschen Schutz gegen die schreckliche Plage der Baudah, der Stechfliegen des Sudans. Die Menschen graben sich bis an den Kopf in die ellenhoch liegende Düngerasche ein, wodurch, ganz abgesehen von dem Geruch, die schwarze Haut der Neger sich mit einem abscheulichen grauen Überzug umhüllt, welche das Auge des Europäers beleidigt, nach der Meinung der Eingeborenen aber so schön wie gesund ist.
In der Mitte der Seribah standen zwei Tokuls, welche sich durch besondere Größe auszeichneten. Sie waren die Wohnungen der beiden Anführer, Abu el Mots und Abd el Mots.
Da eine Hütte nicht bloß für eine einzelne Person bestimmt ist, so war bei der großen Zahl der Tokuls anzunehmen, daß die Gesellschaft gewiß aus wenigstens fünfhundert Personen bestand. Rinder und Schafe weideten in Menge umher. Auch Pferde und Kamele gab es, doch nur bei gegenwärtiger Jahreszeit. Während und kurz nach der Regenzeit pflegen sie zugrunde zu gehen.
Der eigentliche Besitzer einer Seribah ist nur höchst selten auf derselben anwesend. Diese Herren bleiben daheim, in Khartum, oder wo sie sonst ihren festen Wohnsitz haben. Es fällt ihnen gar nicht ein, sich persönlich an der Sklavenjagd zu beteiligen; sie senden vielmehr ihre Stellvertreter, welche Wokala genannt werden und sehr ausgedehnte Vollmachten besitzen.
Unter diesen Wokala stehen die Reïsihn, Kapitäne, und Nautia, Matrosen. Diese Leute werden gebraucht, weil die Jagden meist kurz nach der Regenzeit zu Wasser unternommen werden. Auch Sajadin und Asaker werden engagiert. Die ersteren sind Jäger und verpflichtet, die anderen mit frischem Fleisch zu verproviantieren. Die letzteren sind Soldaten, welche sich aus allerlei weißem und farbigem Gesindel rekrutieren, gewissenlose Menschen, welche mit den göttlichen und weltlichen Gesetzen vollständig zerfallen sind und sich sonst nirgends sehen lassen dürfen, ohne daß ein strafender Arm sich nach ihnen ausstreckt.
Die Wokala erhalten eine beträchtliche Besoldung und oft auch noch einen besonderen Anteil am Gewinn. Die übrige Mannschaft erhält einen Lohn bis zu zehn Mariatheresientalern pro Monat und die Kost. Alles andere muß der Mann von dem Sold bezahlen und bekommt es zu den höchsten Preisen angerechnet. Daher bleibt ihm gewöhnlich nichts oder wenig übrig. Ist der Fang gut, so kommt es vor, daß die Leute ihren Sold in Sklaven ausbezahlt erhalten. Der Schwarze ist dann dem Soldaten mit Leib und Leben angehörig, und dieser kann mit ihm machen, was ihm beliebt, ihn schlagen, verstümmeln oder gar töten.
Je zwanzig oder fünfundzwanzig Soldaten stehen unter einem Unteroffizier, Buluk genannt. Die Rechnungen hat ein Buluk Emini unter sich, welcher lesen, schreiben und rechnen können muß und also gewöhnlich ein niederer Geistlicher, ein Fakir, ist; er vertritt zugleich die Stelle des Zauberers, bestimmt die
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