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264 - Verschollen

264 - Verschollen

Titel: 264 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn und Jo Zybell
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aus den Katakomben zu werfen. Am Morgen des nächsten Tages machte er seine Drohung wahr.
    Ohne weitere Probleme zu bereiten, verließen die Leute Blarney Castle. Denn seit Kristianstag machte das Gerücht die Runde, dass es keine Dämonen mehr an der Südküste gäbe. Als endlich Ruhe in die unterirdische Anlage eingekehrt war, teilte der Anführer der Scones Fletscher mit, dass sie am nächsten Tag nach Luimneach aufbrechen würden. Der Mann aus Leeds atmete auf. Nach dem Abzug der Leute hatte er befürchtet, Anns Vater könnte doch noch hier auftauchen und die Scones bestechen, ihm seine Tochter herauszugeben.
    Nur noch eine Nacht , dachte er und warf einen verstohlenen Blick auf das Kind. Nachdem er die Kleine überredet hatte, mit ihm in Luimneach nach ihrem Dad zu suchen, hatte sie sich in ihrem Bett verkrochen. Zwei Tage lang hatte sie abwechselnd geschlafen und geweint. Jetzt weinte sie nicht mehr. Mit ausdruckslosem Gesicht packte sie für die bevorstehende Reise.
    Am nächsten Morgen vor Tagesanbruch öffnete Lancer eines der Tunneltore. »Hereinspaziert!« Aufmunternd zwinkerte er Ann zu, die Fletscher nur zögernd in den dunklen Gewölbegang folgte. Traver, der hinter ihnen den Tunnel betrat, schulterte den schweren Proviantrucksack. »Denkt daran: Wir haben einen Tagesmarsch vor uns«, sagte er an Fletscher und Lancer gewandt. »Versucht also einen gleichmäßigen Rhythmus beim Laufen zu finden. Das spart Kräfte.«
    Nachdem der Hauptmann der Torwache eine Fackel entzündet hatte, setzten sie sich in Bewegung. Stunde um Stunde, Meter für Meter quälten sie sich durch die Eintönigkeit des feuchten Felsenganges. Je weiter sie kamen, desto stärker wurde der Geruch nach Moder und fauligem Wasser. Sie redeten nur das Nötigste und nahmen Ann abwechselnd huckepack. Dreimal legten sie eine kurze Rast ein, um eine Kleinigkeit zu essen und sich zu erleichtern. Blasen peinigten Fletschers Füße und sein Kreuz schmerzte. Als er schon glaubte, keinen Schritt weiter gehen zu können, tauchte wie aus dem Nichts das Ende des Tunnels vor ihnen auf. Draußen war es Nacht.
    »Geschafft«, verkündete Traver. »Von hier aus sind es nur noch wenige Schritte bis zum Treffpunkt.«
    Fletscher nickte nur. Sowohl zur Freude als auch zum Sprechen fehlte ihm die Kraft. Er reichte ihm zu wissen, dass irgendwo hinter dem bogenförmigen Ausgang ein Fahrer mit Wagen warten würde und er selbst seine Füße nicht mehr benutzen musste.
    Doch die kleine Hütte, die als Treffpunkt diente, war verlassen. »Wahrscheinlich sind wir zu früh«, stellte Traver fest. Erschöpft ließen sie sich auf herumliegende Strohsäcke nieder. Ann schlief sofort ein. Die Männer packten ihren Proviant aus und aßen. Irgendwann öffnete der Anführer der Scones eine Flasche Whisky. Er füllte einen Becher und reichte ihn Fletscher. »Trink, Robin! Solch guten Uisge wirst du in Luimneach nicht bekommen.«
    Und Robin Fletscher trank. Nach dem ersten Becher spürte er nichts mehr von seinen schmerzenden Gliedern. Nach dem zweiten begann sich seine Umgebung im Kreis zu drehen, und nach dem ersten Schluck des dritten Bechers fiel er um wie ein Stein.
    Die nächsten Stunden - oder waren es Tage? - verbrachte der Mann aus Leeds im Dämmerzustand. Manchmal spürte er holperige Erschütterungen und hartes Pritschenholz, das seinen Rücken wund scheuerte. Manchmal hob jemand seinen Kopf und bitteres Nass drang durch seine spröden Lippen. Einmal glaubte er, Ann nach ihm rufen zu hören. Doch als er nach ihr schauen wollte, schien sein Körper gelähmt. Nicht einmal die Lider wollten ihm gehorchen.
    Also überließ er sich wieder dem Dunkel, das ihn wohlig umfing. Träumte von Jenny und diesem Blondschopf. Von Düsenjets und brennenden Kometen. Von all den merkwürdigen Dingen, die Ann ihm über ihre Eltern erzählt hatte. Irgendwann versanken die Bilder in diffusem Nebel und Fletscher schlief tief und fest.
    Als er erwachte, pochte höllischer Schmerz in seinen Schläfen. Er hörte entfernte Stimmen und ganz in seiner Nähe scharrende Geräusche. Den Versuch, die Lider zu heben, bereute er sofort: Grelles Licht blendete ihn und steigerte den Schmerz in seinem Kopf ins Unerträgliche. Schützend hielt er die Hände vor die Augen und blinzelte durch die Fingerspalten.
    Sonne, dachte er. Blauer Himmel und Sonne. Fletscher brauchte zehn Minuten, bis er sich aufrichten konnte. Und weitere fünf Minuten, bis er begriff, dass ihn eine Menge Leute umringten: Männer mit

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