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264 - Verschollen

264 - Verschollen

Titel: 264 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn und Jo Zybell
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sah aus wie ein Geist. Das Gesicht bleich, die Augen starr. Er ahnte Übles. »Was…?«
    »Mum ist tot«, flüsterte sie. »Pieroo ist tot. Alle sind tot.« Ihre Lippen bebten und Tränen füllten die Augen.
    Robins Magen zog sich zusammen. Das war keine ängstliche Sorge, die das Kind da aussprach, sondern eine Feststellung. Sie wusste es! Seine Lügen waren aufgeflogen. Jemand hatte es ihr gesagt. Wer? Die Neuankömmlinge! Jemand aus Corkaich? Der Blondschopf? Nein! Der hätte die Kleine nicht alleine herkommen lassen. Nervös fummelte Fletscher an einem seiner Jackenknöpfe herum. Wie sollte er sich jetzt verhalten? Den Ahnungslosen spielen! »Was… was redest du da?«, rang er nach Worten. »Wer hat dir diesen Blödsinn erzählt?«
    Statt zu antworten, ballte das Mädchen die Hände zu Fäusten. Ihre Augen begannen zu funkeln und die Wangen färbten sich rot. »Die alte Mummel hat es mir gesagt!«, rief sie mit erstickter Stimme. »Und du hast es die ganze Zeit gewusst! Du bist ein verdammter Lügner, Fletscher!« Wütend stürmte sie an ihm vorbei. Bei ihrem Bett angekommen, zog sie einen Beutel unter dem Kissen hervor und stopfte die Puppe und den Flieger von der Wand hinein. Dann riss sie Mantel und Muff vom Haken.
    Fletscher sprang auf. »Was hast du vor?«
    »Ich gehe nach Corkaich.« Trotz schwang in der Stimme des Mädchens mit. Trotz und Verzweiflung. Ratlos sah Fletscher ihr beim Anziehen zu. Warum sollte er sie nicht einfach gehen lassen? Bei seiner bevorstehenden Reise wäre sie sowieso nur ein Klotz am Bein! Doch wenn sie nicht mehr da war, wozu dann überhaupt die Reise?
    Plötzlich wurde ihm schmerzhaft bewusst, wie wichtig das Kind ihm war. Sie war die Familie, die er mit Jenny gerne gehabt hätte. Seine Familie! Nein, er würde sie nicht gehen lassen.
    Mit wenigen Schritten war er bei ihr, ging vor ihr in die Hocke und griff nach ihren Schultern. »Ich weiß nicht, was diese alte Mummel dir erzählt hat. Aber als ich deine Mutter das letzte Mal sah, lebte sie noch, und sie wollte, dass du bei mir bleibst, bis sie dich holen kommt!«
    Zunächst machte Ann nicht den Eindruck, als ob sie ihm glauben wolle. Zwischen schmalen Lidern blickte sie ihn argwöhnisch an. »Aber sie wird mich nicht holen kommen. Und Pieroo auch nicht.« Ihre Mundwinkel zuckten und sie begann zu weinen. »Ich bin jetzt ganz allein«, schluchzte sie.
    Ungeschickt strich ihr Fletscher über den Lockenschopf. »Du bist nicht allein. Du hast ja mich. Ich werde dir Vater und Mutter sein.«
    Das hätte er besser nicht gesagt.
    »Nein!«, widersprach Ann heftig. »Du wirst nie mein Dad sein!« Dann kramte sie in ihrem Beutel, riss ein Blatt Papier heraus und hielt es Fletscher vor die Nase. »Das hier ist mein Vater! Der Pilot Matthew Drax. Er wird nach Corkaich kommen und mich holen!«
    Wie vom Donner gerührt starrte Fletscher auf die Skizze eines Männergesichts, das ihm nur allzu bekannt war: der Fremde aus Corkaich! Er hatte ja geahnt, dass dieser verfluchte Blondschopf Anns Vater war. Doch es verblüffte ihn, dass Ann von ihm wusste. Die Kleine redete jetzt wie ein Wasserfall. Faselte von Piloten aus der Vergangenheit und Kometen. Zutiefst überzeugt davon, dass ihr Vater sie holen kommt, wollte sie nach Corkaich, um dort auf ihn zu warten.
    Obwohl es ihn ärgerte, mit welchem Eifer die Kleine von ihrem Dad erzählte, hörte Fletscher geduldig zu. Als das Mädchen geendet hatte, setzte er eine nachdenkliche Miene auf. Dann räusperte er sich. »Wenn ich das richtig verstanden habe, haben du und deine Mutter schon länger auf deinen Dad gewartet.«
    Die Kleine wischte sich die Tränen von den Wangen und nickte.
    »Hm… möglich, dass er noch kommt, doch sicher ist das nicht. Was hältst du davon, wenn wir ihn suchen?« Ohne Anns Antwort abzuwarten, erzählte er ihr von dem Bunker in Luimneach. »Dort gibt es fliegende Wagen. Es wimmelt nur so von Piloten. Wenn jemand weiß, wo dein Vater ist, dann die Bunkerpiloten von Luimneach.«
    ***
    25.-30. Dezember 2526, zwischen Blarney und der Caha-Halbinsel
    Am Morgen nach Kristianstag belagerten Dutzende von Menschen einen ganzen Tag lang den Gang vor Anns und Fletschers Unterkunft. Alle wollten die Überlebende von Corkaich sehen und von ihr hören, wie die Dämonen die Bewohner des Dorfes in Stein verwandelt hatten. Nur mit Hilfe einiger Scones gelang es Fletscher, sie davon abzuhalten, die kleine Felsenkammer zu stürmen. Traver ließ Wachen aufstellen und drohte damit, die Leute

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