265 - Das letzte Tabu
funktioniert«, beeilte sich Aruula zu sagen. »Es war nur eine Frage - aber offenbar auch ein Volltreffer.«
Vogler lächelte karg. Clarice seufzte.
»Also dann: Rein mit euch. Keine Widerrede.«
Maddrax kam aus dem Wellnessbereich. Er hatte sich ein Handtuch um die Lenden geschlungen. Clarice musterte ihn eine Spur zu lange für Aruulas Geschmack. Prüderie - beziehungsweise der Mangel an solcher - war eine Sache, aber der Kerl dort drüben gehörte ihr! Sie hatte schon dieses Chandra-Biest an den Hacken. Das reichte.
Clarice zuckte zusammen. Sie fühlte sich ertappt und wiegelte schon wieder sympathisch unbeholfen ab. Ihr Blick bat um Entschuldigung. So konnte Aruula es akzeptieren.
»Setzt euch«, sagte Maddrax.
»Nicht nötig. Es geht auch ganz schnell.« Vogler schien die Situation zu amüsieren, dennoch wollte er den Bogen offenbar nicht überspannen. Abwechselnd berichteten er und Clarice von ihrem vergeblichen Versuch, zu Hi'schi und den für ihn zuständigen Wissenschaftlern zu gelangen. Sie waren auf ganzer Linie gescheitert, schienen aber wenigstens die Adresse herausgefunden zu haben, zu der man den Drakullen gebracht hatte.
»Vielleicht behandelt man ihn ja viel besser, als wir es befürchten…« Typisch Maddrax - stets das Gute im Blick. Aber die Wirklichkeit war allzu oft brutal. Und in diesem speziellen Fall litt Aruula immer noch unter den Nachwehen ihres geistigen Kontakts mit Hi'schi.
Wie er gelitten hatte! Und wie gering die Bereitschaft derer, die sich zu seinen Wächtern erklärt hatten, schon da gewesen war! Was mochten sie erst mit ihm anstellen, wenn sie sich ihm im Geheimen widmen konnten?
»Ich würde es gerne glauben«, sagte Clarice. »Für den Fall, dass sich unsere Befürchtungen bewahrheiten, kann es aber nicht schaden, noch einmal an höchster Stelle die Rechte für ihn einzufordern, die für jedes friedfertige intelligente Lebewesen normal sein sollten. Ein ethisch einwandfreier Umgang mit ihm… ihr wisst schon.«
Maddrax nickte. »Verstehe. Wir sollen den Hebel dort ansetzen, wo nichts mehr drüber kommt. Bei Maya Tsuyoshi.«
»Schade«, sagte Clarice.
»Was ist schade?«, fragte Vogler.
»Dass Matt keinen Bruder hat. Männer mit Köpfchen und passabler Figur sind rar gesät.«
»Er wäre dir viel zu klein«, behauptete Vogler grinsend.
»Dem widerspreche ich energisch.« Aruula trat neben Maddrax und legte ihm den Arm um die nackte Hüfte. »Ich hatte bisher noch nie Anlass zur Klage!«
Vogler nickte vielsagend in Clarices Richtung. »Klar. Sie ist ja auch klein.«
Damit war dieses Thema für ihn erledigt.
***
Aruula entwickelte plötzlich ein ungewohntes technisches Interesse. Als Clarice Braxton ein etuigroßes, superflaches Metallpad zückte, um die Fotos zu zeigen, die sie von der Forschungsanlage in der Innenstadt geschossen hatte, stellte Aruula nicht viele Fragen dazu, aber die, auf die es ihr ankam. Wobei sie darauf achtete, dass Maddrax ins Gespräch mit Vogler vertieft war. Die beiden hörten ihnen nur mit einem Ohr zu - wenn überhaupt.
Die Oberseite des Pads war in der Lage, Bilder über ihre gesamte Länge und Breite wiederzugeben, und durch Berührung konnte man beliebige Ausschnitte vergrößern oder wieder klein machen. Doch das war nicht alles, wie Clarice, die sich sichtlich über Aruulas Neugier freute, demonstrierte. Das Pad beinhaltete auch einen kompletten Wegfinder , der einen auf Wunsch dorthin leitete, wo das jeweilige Foto aufgenommen worden war.
Aruula war Feuer und Flamme. Mehr als sie es tatsächlich zeigen durfte. Beim Abschied umarmte sie Clarice wie eine ewig vermisste beste Freundin. Auch davon schien die Marsianerin gerührt.
»Ich bin morgen ohnehin wieder bei der Präsidentin, dann werde ich das Thema Hi'schi noch einmal zur Sprache bringen«, sagte Matt, nachdem sie wieder allein waren. »Der Rat trifft zusammen, um zu besprechen, ob man auch die Tunnelfeldanlage - den Zeitstrahl - als Waffe gegen den Streiter einsetzen könnte. Du kennst ja meine vage Idee, wir haben darüber gesprochen.«
»Und ich hab wie immer kaum was davon verstanden.« Aruula lächelte, während sie kurz nach nebenan verschwand.
»Du stellst dein Licht unter den Scheffel!«, rief Maddrax ihr nach. »So, wie du vorhin von Clarices Tekknik-Spielzeug begeistert warst…«
Er hat es also doch bemerkt. Wie konnte ich etwas anderes glauben. Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass Clarice Braxton etwas länger brauchte, um den Verlust ihres Pads zu
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