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Vertrauensmann zu besorgen. Er sah sich mehrere Burschen an. Er musterte sie, stellte ihnen Fragen. So fragte er sie, ob sie schießen könnten. Fragte, ob sie vertrauenswürdig seien. Fragte, ob sie Geld verdienen wollten. Er war schon länger nicht mehr in Villaviciosa gewesen, und das Dorf kam ihm gegenüber dem letzten Mal unverändert vor. Niedrige Lehmziegelhäuser mit kleinen Hinterhöfen. Nur zwei Bars und ein Lebensmittelladen. Nach Osten zu die Ausläufer einer Gebirgskette, die sich zu entfernen oder näher zu kommen schien, je nach Sonnenstand und Schatten. Als er seine Wahl getroffen hatte, ließ er Epifanio rufen und fragte ihn unter vier Augen, wie er ihn fände. Welcher von ihnen ist es, Chef? Der Jüngste, sagte Negrete. Epifanio betrachtete ihn wie beiläufig, dann auch die anderen, und bevor er zum Wagen zurückging, sagte er, nicht übel, aber was weiß man schon. Anschließend nahm Negrete die Einladung von zwei Alten aus Villaviciosa an. Der eine war spindeldürr, ganz in Weiß gekleidet und trug stolz eine vergoldete Uhr. Seinem runzligen Gesicht nach zu urteilen, musste er über siebzig sein. Der andere war noch älter, noch dünner und trug kein Hemd. Er war klein und sein Oberkörper übersät mit Narben, die von seiner faltigen Haut teilweise verdeckt wurden. Sie tranken Pulque und von Zeit zu Zeit riesige Gläser Wasser, denn der Pulque war gesalzen und machte durstig. Sie sprachen von spurlos auf dem Cerro Azul verschwundenen Ziegen und tiefen Löchern in den Bergen. Zwischendurch, und ohne Aufhebens davon zu machen, rief er den Burschen zu sich und sagte, er habe sich für ihn entschieden. Los, junger Mann, verabschieden Sie sich von Ihrer Mama, sagte der Alte ohne Hemd. Der Junge sah Negrete an, sah dann zu Boden, als dächte er über eine Antwort nach, besann sich aber eines Besseren, sagte nichts und ging. Als Negrete die Bar verließ, sah er den Jungen und Epifanio, die am Wagen lehnten und miteinander plauderten.
Der Junge setzte sich neben ihn auf die Rückbank. Epifanio setzte sich ans Steuer. Als sie die Lehmpisten von Villaviciosa hinter sich gelassen hatten und der Wagen durch die Wüste glitt, fragte ihn der Polizeichef, wie er heiße. Olegario Cura Expósito, sagte der Junge. Olegario Cura Expósito, wiederholte Negrete und schaute zu den Sternen, eigenartiger Name. Eine Weile herrschte Schweigen. Epifanio versuchte einen Sender aus Santa Teresa einzustellen, aber es gelang ihm nicht, und er schaltete das Radio ab. Durch sein Fenster sah der Polizeichef viele Kilometer entfernt das Zucken eines Blitzes. In diesem Moment gab es einen dumpfen Aufprall, und Epifanio bremste und stieg aus, um zu sehen, was er überfahren hatte. Der Polizeichef sah ihn auf der Straße verschwinden, dann den Lichtkegel von Epifanios Taschenlampe. Er kurbelte das Fenster runter und fragte, was los sei. Ein Schuss ertönte. Negrete öffnete die Tür und stieg aus. Er machte ein paar Schritte, um sich die Beine zu vertreten, bis Epifanio ohne Eile zurückkam. Ich habe einen Wolf plattgemacht, sagte er. Das schau ich mir an, sagte der Polizeichef, und beide verschwanden wieder in der Dunkelheit. Scheinwerfer anderer Autos waren auf der Straße nicht zu sehen. Die Luft war trocken, nur ab und zu erhob sich eine Böe, die nach Salz roch, als wäre die Luft reinigend durch eine Saline gefahren, bevor sie sich in der Wüste verbreitet hatte. Der Junge betrachtete das beleuchtete Armaturenbrett und hob dann die Hände vors Gesicht. Einige Meter entfernt befahl der Polizeichef Epifanio, ihm die Taschenlampe zu geben, und richtete sie auf den auf der Straße liegenden Tierkadaver. Das ist kein Wolf, Hornochse, sagte der Polizeichef. Ach nein? Schau dir sein Fell an, bei einem Wolf ist es viel glänzender, glatter, abgesehen davon, dass Wölfe nicht so blöd sind, sich auf einer gottverlassenen Landstraße überfahren zu lassen. Also los, messen wir ihn, halt du die Taschenlampe, Epifanio leuchtete das Tier an, während der Polizeichef es ausstreckte und mit den Augen abschätzte. Ein Kojote misst etwa siebzig bis neunzig Zentimeter, Kopf eingerechnet, wie groß, meinst du, ist der hier? Etwa achtzig?, sagte Epifanio. Korrekt, sagte der Polizeichef. Und fügte hinzu: Ein Kojote wiegt zwischen zehn und sechzehn Kilo. Gib mir die Taschenlampe und heb ihn hoch, er beißt dich nicht. Epifanio nahm das tote Tier auf den Arm. Was, glaubst du, wiegt er? Etwa zwischen zwölf und fünfzehn Kilo, sagte Epifanio, wie
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