27 - Im Lande des Mahdi I
Mumien nicht mit dem Khedive einverstanden bin.“
Ich mußte lachen ob der Antwort des geriebenen Burschen und fragte:
„Ist der Mumienschmuggel mit Gefahren verbunden?“
„Mit nicht geringen, denn wer dabei ertappt wird, dem geht es schlimm.“
„So sind die Leute, welche sich mit demselben beschäftigen, jedenfalls sehr kühne und auch sehr vorsichtige Menschen?“
„Allerdings. Feig oder unvorsichtig darf kein Mumienschmuggler sein.“
„Und auch dein Bruder besaß diese Eigenschaften?“
„In hohem Grade.“
„Nun, so denke ich, daß er dieselben auch auf seiner Reise zu Rate gezogen hat. Er wird denjenigen Weg eingeschlagen haben, welchen er für den sichersten hielt, wenn – er nicht bereits vorher in Khartum verunglückt ist.“
„In Khartum? Effendi, wie kommst du auf diesen Gedanken?“
„Ich komme darauf, weil es in einem solchen Fall geboten ist, alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Erst wenn ich die Verhältnisse überblicken kann, ist es mir möglich, den einen oder den andern Fall für wahrscheinlicher zu halten.“
„Dann bitte ich dich, mir zu sagen, was du wissen mußt. Ich werde dir sehr gern alles sagen.“
„Wie ist der Name deines Bruders?“
„Hafid Sichar.“
„Aus welchem Grund hast du ihn nach Khartum gesandt?“
„Um Geld zu holen von dem Kaufmann Barjad el Amin, meinem Geschäftsfreund.“
„Was für Geld war das? Vielleicht Anteil an dem Geschäft?“
„Nein. Ich hatte es ihm geborgt.“
„Ist er ein ehrlicher Mann? Seinem Namen nach kann kein Zweifel darüber sein, denn Barjad el Amin heißt doch Barjad der Ehrliche.“
„Oh, er ist die Ehrlichkeit selbst; daran kann kein Mensch zweifeln.“
„Wie hoch war die Summe, welche du ihm geliehen hattest?“
Wieder zögerte er mit der Antwort; dann fragte er:
„Mußt du das wissen?“
„Ja.“
„Warum?“
„Um mir ein klares Bild über die hier in Betracht zu ziehenden und also wichtigen Verhältnisse machen zu können. Übrigens hast du versprochen, mir alles zu sagen. Wenn du von meiner Bemühung Erfolg erwartest, so mußt du aufrichtig sein. War die Summe denn eine hohe?“
„Ja. Ich habe dir schon gestern gesagt, daß ich nicht so arm bin, wie es scheint. Die hiesigen Verhältnisse sind solche, daß der Besitzende gezwungen ist, seinen Besitz zu verheimlichen. Ich habe Barjad el Amin hundertfünfzigtausend Piaster geborgt.“
Das sind nach deutschem Geld ungefähr dreißigtausend Mark, eine bedeutende Summe für die dortigen Verhältnisse, zumal für einen Höhlenführer. Darum fragte ich ziemlich verwundert:
„So viel Geld hast du so weit verborgt, nach Khartum hinauf? Da mußt du dem Kaufmann freilich ein ganz ungewöhnliches Vertrauen schenken. Wie lange Zeit kennst du ihn?“
„Sechs Jahre.“
„Und wann gabst du ihm das Geld?“
„Vor fünf Jahren.“
„Also kanntest du ihn nur seit einem Jahr? Ist das nicht unvorsichtig gewesen?“
„Nein, denn er wurde mir von einem Mann empfohlen, bei dem jedes Wort die Heiligkeit eines Koranspruches besitzt.“
„Wer ist dieser Mann?“
„Der heilige Fakir, welcher gestern mit euch nach Siut gefahren ist.“
„Hm! Dagegen läßt sich nichts sagen. Ich bin kein Moslem und weiß nicht, ob eure Fakirs ein solches Vertrauen verdienen. Ich habe Fakirs kennengelernt, welche mir als sehr große Spitzbuben erschienen sind.“
„Es gibt solche; da hast du recht. Die Ehrlichkeit, Frömmigkeit und Zuverlässigkeit dieses einen ist aber über jeden Zweifel erhaben.“
„Also dieser Mann riet dir, dem Kaufherrn die hohe Summe zu borgen. Sie stand fünf Jahre lang im Geschäft des letzteren. Aus welchem Grund verlangtest du sie zurück? War dein Vertrauen zu ihm geschwunden?“
„O nein. Ich habe das Geld nicht zurückverlangt, sondern er ließ mir durch einen Boten sagen, daß er es nicht mehr brauche. Da sandte ich eben den Bruder, um es zu holen.“
„Und der kehrte nicht zurück! Ist er denn überhaupt in Khartum eingetroffen?“
„Ja. Er hat von Barjad el Amin das Geld ausgezahlt erhalten und ist dann verschwunden.“
„Hm! Er hat das Geld erhalten und ist verschwunden. Hm, Hm!“
Ich blickte nachdenklich vor mich nieder. Der Führer wartete eine Weile und erkundigte sich dann:
„Du brummst. Was hat das zu bedeuten? Dein Gesicht ist so viel ernster geworden. Worüber denkst du nach?“
„Über die Pflichten der Gastfreundschaft.“
„Stehen dieselben denn in Beziehung zu dem Verschwinden meines
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