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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einem Bruder oder bei dem besten und treuesten Freund befändest!“
    „Du weißt schon, was ich dir sagen will.“
    „Ich weiß es. Jenes Fenster hat es mir verraten. Ich bin ein Mensch wie jeder andere, und nur Gott ist allwissend, wie du ganz richtig sagtest. Als ich erwachte, hörte ich dich draußen mit meinem Gastfreund sprechen. Du siehst, daß ich keineswegs die Vorzüge besitze, welche er mir andichtete.“
    „Du besitzt vor allen Dingen den seltenen Vorzug der Bescheidenheit, Effendi. Ja, kein Mensch kann wissen, was Allah weiß; aber es gibt heilige Männer und Zauberer, denen Allah vieles mitteilt, was andere nicht erfahren. Wärest du nicht so aufrichtig gewesen, wegen dieses Fensters mit mir zu reden, so hätte ich dich für so einen Heiligen gehalten. Das konntest du dir zunutze machen. Indem du darauf verzichtest, gibst du mir den Beweis, daß du ein ehrlicher Mann bist, dem ich mein Vertrauen schenken kann, und das ist noch mehr wert, als wenn ich dich für einen Zauberer gehalten hätte. Willst du nun hören, was ich dir zu sagen habe?“
    „Ich bin bereit dazu.“
    „Du weißt also schon, daß es meinen Bruder betrifft. Ich sandte ihn nach Khartum, und er kehrte zur bestimmten Zeit nicht zurück. Ich erkundigte mich und erfuhr, daß niemand ihn wieder gesehen habe. Darauf schickte ich einen sehr erfahrenen frommen Mann hinauf, um Nachforschungen anzustellen. Dieser verwendete einige Monate auf das Suchen, doch vergeblich. Vorgestern kehrte er zurück und sagte mir, daß es ganz unmöglich sei, zu erfahren, wo mein Bruder sich befinde, und er sei der Überzeugung, daß derselbe unterwegs gestorben oder gar verunglückt sei.“
    „Und nun meinst du, daß ich diese Nachforschungen fortsetzen soll?“
    „Du kommst mit dieser Frage meiner Bitte zuvor, Effendi. Ich erfuhr von den Reitknechten, welche mit dir bei der Höhle waren, und auch dann von dir selbst, daß du nach Khartum willst. Ich weiß, daß ihr Europäer viel klüger, geschickter und scharfsinniger seid als wir, und da du der weiseste und tapferste Franke bist, den ich je gesehen habe, so kam mir der Gedanke, dir diese Bitte auszusprechen. Ich weiß, daß dies ein Wagnis und eine große Zudringlichkeit von mir ist; aber du bist mir als ein Mann erschienen, der ein gutes Herz besitzt, und so dachte ich, daß du mir meine Kühnheit verzeihen werdest. Du hast vielleicht in Khartum einige Zeit, welche du darauf verwenden könntest, mich von meiner Trübsal zu befreien. Bist du nicht bereit dazu, so kann ich es dir nicht übelnehmen; willst du dich aber meiner erbarmen, so werde ich dir nicht nur bis an das Ende meines Lebens dankbar sein, sondern dich auch mit allem Nötigen, was du brauchst, versehen.“
    „Ich will dir kurz sagen, daß ich gern bereit dazu bin, natürlich so weit, als die Verhältnisse, welche ich in Khartum antreffe oder in denen ich mich dort befinden werde, es mir gestatten.“
    „Effendi, ich danke dir!“ rief er aus, indem er meine beiden Hände ergriff. „Ich habe es gewünscht, aber kaum erwartet, daß du mir diese Güte erweist. Du nimmst mir eine schwere, schwere Last von meiner Seele.“
    „Ich bitte, dich keiner Hoffnung hinzugeben, deren Erfüllung ich dir nicht garantieren kann. Die Enttäuschung würde dann um so bitterer sein. Kennst du den Weg, den dein Bruder von Khartum aus heimwärts eingeschlagen hat?“
    „Nein.“
    „So weißt du nicht, ob er den Nil abwärts gefahren oder den Karawanenweg geritten ist?“
    „Ich weiß es nicht. Wir konnten das nicht vorher bestimmen, da er seine Entschließung nach den dortigen Verhältnissen nehmen mußte.“
    „Der Nilweg ist verhältnismäßig sicher. Der Karawanenweg durch die Korosko- und Bajuda-Wüste aber bietet der Gefahren viele. Was war dein Bruder?“
    „Führer, wie ich.“
    „Nichts anderes?“
    Er zögerte einige Augenblicke mit der Antwort und meinte dann:
    „Darf ich dir vertrauen, auch wenn es sich um etwas Verbotenes handelt?“
    „Hm! Da kann ich erst dann antworten, wenn ich weiß, was es ist.“
    „Ich meine den Mumienschmuggel.“
    „Der geht mich nichts an, denn ich bin kein Polizeibeamter des Khedive.“
    „So will ich dir sagen, daß mein Bruder nebenbei noch Mumienschmuggler war.“
    „Dasselbe, was du jetzt noch bist?“
    „Effendi“, lächelte er, „frage nicht. Ich bin ein ehrlicher Mann und habe noch keinen Menschen übervorteilt. Wenn ich einen größeren Fehler habe, so ist es der, daß ich in Beziehung auf die

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