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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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empor.
    „Selim, schnell hinaufsteigen“, rief ich diesem zu; „schnell, schnell!“
    Natürlich begann ich selbst, sofort nach oben zu steigen; aber ich war ja mit Selim zusammengebunden, und dieser folgte meinem Ruf nicht; der Strick hielt mich zurück.
    „Kennst du mich?“ rief der Gaukler von oben herab. „Du hast mich einstecken lassen wollen; nun steckst du selber fest, und kein Mensch wird dich und diesen Selim erlösen.“
    „Kein Mensch!“ stimmt der Ehrwürdige bei. „Du begannst bereits, mir zu mißtrauen; ich sah es dir an; aber du warst doch so dumm, mir zu folgen. Ich gehöre zur heiligen Kadirine und habe, um diese an dir zu rächen, in Maabdah auf dich gewartet. Nun stirb wie ein Hund, Giaur. Deine Seele sei verflucht in alle Ewigkeit!“
    Ich antwortete ihnen nicht, denn jedes Wort wäre vergeblich gewesen. Nicht Worte, sondern Taten konnten retten. Während ich mit den Füßen in den Mauerlöchern stand und die Fackel in der Linken hielt, zog ich mit der Rechten das Messer und schnitt den Strick entzwei. So kam ich von Selim los. Ich sah genau, wo die beiden Feinde sich befanden; sie lagen in den zwei Stollen, an denen wir vorübergekommen waren, der eine hüben und der andere drüben, und hielten die Köpfe über den Schacht, in welchem wir uns befanden. Ich mußte hinauf zu ihnen, um sie zu vertreiben. Das gab einen Kampf, welcher für mich äußerst gefährlich war. Sie brauchten ja nur, wenn ich bei ihnen auftauchte, mich auf den Kopf zu schlagen. Um dies zu verhüten, mußte ich sie vertreiben; ich steckte also das Messer in den Gürtel und zog den Revolver.
    Leider konnten sie, da ich mit der Fackel versehen war, genau beobachten, was ich tat. Sie sahen die Waffe, und als ich dieselbe nach oben richtete, verschwanden die beiden Gesichter über mir, und ich hörte die Stimme des Muza'bir:
    „Schieß, du Hund, und versuche, ob du uns treffen kannst!“
    Es wurde dunkel über mir, und ich hörte ein Geräusch, wie wenn schwere Steine gegen einander prallen. Den Griff des Revolvers in den Mund nehmend, so daß ich die rechte Hand wieder zum Klettern frei bekam, stieg ich jetzt aufwärts. Als ich die Stelle erreichte, an welcher sich die beiden befunden hatten, konnte ich nicht weiter, sie hatten eine Steinplatte, welche den Schacht vollständig verschloß, vorgeschoben, und ich hörte, daß sie dieselbe mit Steinen noch mehr beschwerten. Wir waren gefangen.
    Ich stemmte mich mit dem Kopf gegen die Platte, um ihre Schwere zu prüfen; ich konnte sie nicht heben. Ich gab zwei Schüsse gegen dieselbe ab – vergeblich!
    Da meine Gestalt die ganze Weite des Schachtes ausfüllte, hatte Selim nicht sehen können, was geschehen war, er hatte zwar die Stimmen gehört, aber die Worte nicht verstanden. Jetzt fragte er:
    „Aber Effendi, mit wem sprichst du denn da oben? Warum schießest du? Ist denn etwas geschehen?“
    „Ja, leider ist etwas geschehen. Wir sind eingesperrt worden.“
    „Von wem?“
    „Von diesem alten heiligen Fakir.“
    „Wie kann er uns einsperren; er befindet sich ja unter mir!“
    „Nein; er befindet sich jetzt über mir.“
    „Unsinn Effendi! Das hätte ich doch bemerken müssen, denn er hätte zurückbleiben müssen, und ich wäre an ihm vorübergekommen.“
    „Das ist auch wirklich geschehen, aber du hast es eben nicht bemerkt. Er hat sich von dem Strick losgemacht und ist heimlich in den Stollen gekrochen, um uns vorüber zu lassen. Nun hat er den Schacht mit Steinen verschlossen und wir können nicht hinaus.“
    „Allah 'l Allah! Ist das wahr?“ fragte er im Schreckenston.
    „Es ist wahr. Ich habe soeben versucht, die Steine zu heben, aber sie sind zu schwer.“
    „So werde ich helfen. Ich komme!“
    „Bleib' nur! Du kannst nicht helfen, denn es ist ja unmöglich, daß zwei Personen hier nebeneinander stehen!“
    „So versuche es noch einmal Effendi! Du bist ja stark, viel stärker als ich. Vielleicht gelingt es dir, die Steine zu heben und das Hindernis zu beseitigen.“
    „Gut, ich will es noch einmal probieren. Aber wenn es gelingt, so werden die Steine in den Schacht fallen und uns treffen. Komme also herauf zu mir. Je näher du bist, desto schwächer treffen sie dich. Und stehe ja fest; halte dich gut an, damit sie dich nicht mit hinabreißen.“
    Ich stieg noch ein Loch höher, um, anstatt wie vorher mit dem Kopf, jetzt mit dem Rücken zu heben. Ich hörte über mir dumpfe Töne, ein Gepolter, aus welchem ich entnahm, daß die Kerls noch immer

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