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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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für Unmenschen; darum ist es besser, wir brechen diese Unterhaltung so ab, wie wir jetzt von unserer bisherigen Richtung abweichen. Komme nach links!“
    Wir waren bisher gerade in die Wüste hinausgeschritten; jetzt bog er nach Süden ein. In dieser Richtung weitergehend, sah ich in der Entfernung von einer Viertelstunde den Hügel vor uns liegen, an welchem der dicke Haushofmeister eingebrochen war. Wir schritten gerade auf denselben zu. Ich fing noch einige Male an zu sprechen, erhielt aber entweder eine kurze oder gar keine Antwort. Der Fakir schritt jetzt so schnell voran, daß ich lange Schritte machen mußte, um an seiner Seite zu bleiben. Das war mir lieb, denn diese Eile, mir zu entkommen, gab mir den Vorwand, zurückzubleiben und Selim zuzuraunen:
    „Sprich nicht davon, daß wir bereits hier gewesen sind!“
    „Warum, Effendi?“
    „Davon später. Schweig' also.“
    Aus welchem Grund ich dem Diener diesen Befehl gab? Ich hatte jetzt gegen den Fakir einen, wenn auch nicht bestimmten Verdacht gefaßt. Seit seiner letzten Rede war ich überzeugt, daß sein frommes Gesicht eine Lüge sei. Es konnte mir ja wohl sehr gleichgültig sein, ob es unter den mohammedanischen Fakiren einen Heuchler mehr oder weniger gebe, aber wer sich auf diese Weise zu verstellen vermochte, der war nicht nur ein Heuchler, sondern wohl gar ein gefährlicher Mensch. Daß er gerade mir gefährlich werden sollte, das war kaum anzunehmen. Welchen Grund hätte er haben können? Und sollte mir ja eine Gefahr drohen, nun, so bedurfte es nur der nötigen Vorsicht, und ich war Manns genug, es mit diesem alten Mann aufzunehmen. Es befand sich außer uns kein einziger Mensch in der Nähe, und zudem hatte ich das Messer und die beiden Revolver im Gürtel stecken.
    Wir näherten uns dem Hügel von der Seite, an welcher ich hinausgestiegen war, auf der anderen war das Loch, aus welchem wir den Schwarzen hatten befreien müssen. Wir konnten, da der Hügel dazwischen lag, es nicht sehen. Am Fuß desselben angelangt, blieb der Fakir stehen und sagte:
    „Wir sind an Ort und Stelle, denn hier befinden sich die Särge, in denen die Königsleichen aufgespeichert liegen.“
    „Hier?“ fragte ich. „Hier kann es doch unmöglich Felsengräber geben!“
    „Wer hat von Felsengräbern gesprochen? Es sind hohe, weite, gemauerte und unterirdische Gänge, in welche wir hinabsteigen.“
    Ich war, als ich den Hügel erstiegen hatte, in einer Schneckenlinie auf die Spitze desselben gelangt, hatte ihn also von allen Seiten genau gesehen, aber nichts bemerkt, was auf einen Eingang in das Innere schließen lassen konnte. Darum fragte ich jetzt:
    „Wo ist der Eingang? Ich sehe nichts Ähnliches.“
    „Droben in der Nähe der Spitze.“
    „Sieht man ihn?“
    „Nein. Meinst du, daß ich mein Geheimnis so schlecht zu bewahren wisse, daß ich nicht auf den Gedanken käme, die Öffnung zu verbergen? Folgt mir gerade hinauf!“
    Er schickte sich an, den Hügel zu ersteigen; ich aber hielt ihn zurück. Es war mir schon seit einiger Zeit aufgefallen, daß sich auf unserem Weg ein vielleicht drei Fuß breiter Strich hingezogen hatte, gerade so, als ob man einen Mantel, einen Haïk über den Sand geschleift hätte, um Fußspuren zu verbergen. Dieser Strich stieg auch von dem Punkt, an welchem wir standen, gerade zur Höhe empor.
    „Siehst du nicht, daß schon jemand hier gewesen sein muß?“ fragte ich.
    „Woraus willst du das schließen?“
    „Es hat jemand sein Gewand hinter sich hergeschleift, um seine Fußstapfen auszulöschen. Das kommt mir verdächtig vor.“
    „Mir nicht“, lächelte er. „Kannst du dir nicht denken, wer das gewesen ist?“
    „Etwa du?“
    „Ja, ich war es.“
    „Aus welchem Grund kamst du schon einmal vor uns her?“
    „Um, ehe ich euch hergeleitete, mich zu überzeugen, daß alles in Ordnung sei. Ich bin viele Monate nicht hier gewesen, und das Geheimnis konnte ja inzwischen entdeckt worden sein.“
    „Dieser Grund ist gut; aber es scheint mir, als ob die Stapfen mehrerer Männer ausgelöscht worden seien.“
    „Allah! Welches Auge könnte unterscheiden, ob ein Mann oder mehrere sich hier befunden haben!“
    „Das meinige. Ich bin bei wilden Völkern gewesen, bei denen das Leben daran hing, zu wissen, wie viele Feinde man vor sich hat.“
    „Von Feinden ist hier keine Rede. Ich bin hierher gekommen und wieder fortgegangen; das gibt doppelte Stapfen, und so mag es scheinen, als ob nicht nur einer hier gewesen sei. Meinst du, daß

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