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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Löcher zu steigen, dann gewann ich wieder festen Boden. Ich leuchtete um mich und sah mich in einem ausgemauerten Raum, welcher allem Anschein nach früher Wasser enthalten hatte. Der Schacht war – vielleicht vor Jahrtausenden – ein Brunnen gewesen. Daß es hier Königsgräber gebe, das hatte mir der Fakir nur vorgeschwindelt, um mich hereinzulocken. An der Mauer hockte eine Gestalt, welche jetzt die Arme erhob und dabei rief:
    „Habt Erbarmen! Laßt mich wieder hinauf! Ich werde ja nichts verraten. Ich habe es euch doch schon versprochen.“
    „Fürchte dich nicht“, antwortete ich. „Wir sind nicht gekommen, dich zu quälen.“
    „Nicht? So gehört ihr nicht zu Abd el Barak, der mich zu töten befahl?“
    „Nein. Abd el Barak ist vielmehr mein grimmigster Feind, dessen Verbündete uns in diesen Brunnen gelockt haben.“
    „Allah! So seid also auch ihr dem Tod geweiht und könnt mir keine Rettung bringen!“
    „Verzage nicht. Allerdings will man uns hier verschmachten lassen, aber ich hoffe, diese Absicht zu Schanden zu machen, und dann wirst du mit uns das Licht des Tages wieder schauen. Wie lange befindest du dich schon an diesem Ort?“
    „Vier Tage.“
    „So mußt du fast verdurstet sein!“
    „Nein, Herr. Durst habe ich wenig gelitten, denn es ist hier feucht, und die Mauer hängt voller Tropfen. Aber Hunger habe ich. Ich hatte schon über einen Tag lang nichts gegessen, als ich hierher gelockt wurde. Nun bin ich so schwach, daß ich mich nicht mehr erheben kann.“
    Ich muß erwähnen, daß ich mich in freien Augenblicken in den Hof zu begeben pflegte, um den Bakarra-Hengst vollends zu zähmen. Ich hatte ihm stets eine Tasche voll Datteln mitgenommen. Auch heute hatte ich die Tasche gefüllt, war aber nicht dazu gekommen, in den Hof zu gehen. Ich zog also die Datteln hervor und gab sie dem armen Menschen. Als das Selim sah, sagte er:
    „Auch ich habe etwas. Der Haushofmeister hat mir Kebab mitgegeben, da er meinte, daß ich Hunger bekommen könne. Da nimm und iß!“
    Die Datteln und das Fleisch reichten hin, einen Hungrigen zu sättigen. Während er aß, betrachtete ich ihn. Er war ein junger Mann von kaum über zwanzig Jahren, hatte nicht arabische Gesichtszüge und machte einen gar nicht üblen Eindruck auf mich. Gekleidet war er nur in eine blauleinene Hose und Jacke, welche durch einen Ledergürtel festgehalten wurden. Auf dem Kopf trug er den unvermeidlichen Fez. Er aß, ohne zu sprechen, und ich wollte ihn nicht mit Fragen belästigen. Als er fertig war, versuchte er, aufzustehen; es ging so leidlich.
    „Allah sei Dank!“ sagte er. „Die Speise hat mich gekräftigt, obgleich sie noch nicht in mein Blut übergegangen ist. Wer seid ihr? Sagt mir eure Namen, damit ich euch danken kann!“
    Da antwortete Selim schnell:
    „Mein Name ist so berühmt und lang, daß du ihn gar nicht auszusprechen vermöchtest, wenn ich ihn dir ganz sagte. Nenne mich daher Selim, den größten Helden seines Stammes! Ich bin der Leiter und Beschützer dieses Effendi, dessen – – –“
    „Das ist überflüssig“, unterbrach ich ihn. „Wer wir sind, das wird dieser Jüngling schon noch erfahren. Nötiger ist es, daß wir wissen, wer er ist und wie er hierherkam.“
    „Ich heiße Ben Nil“, antwortete er.
    Diese beiden Worte heißen Sohn des Nils; darum fragte ich:
    „So bist du am Ufer des Stroms geboren?“
    „Nicht am Ufer, sondern auf dem Nil selbst. Meine Mutter befand sich mit Abu en Nil auf dem Wasser unterwegs, als ich geboren wurde.“
    „Vater des Nils heißt dein Großvater. So ist er wohl ein Schiffer?“
    „Er ist der beste Steuermann vom Anfang bis zum Ende dieses Stroms.“
    „Und wie kamst du hierher?“
    „Ich sollte einen Mann töten helfen, und das wollte ich nicht. Zur Strafe dafür hat man mich hierher gebracht, wo ich elend untergehen soll.“
    „Daß du ein solches Verbrechen von dir gewiesen hast, ist sehr brav von dir. Wer waren denn diejenigen, welche es von dir forderten?“
    „Es waren ihrer drei; aber ich getraue mich nicht, sie zu verraten, da zwei von ihnen sehr mächtige Leute sind.“
    „Ich vermute, daß Abd el Barak sich unter ihnen befindet.“
    „Herr, du hast ein ehrliches Gesicht, und ich will dir vertrauen. Ja, Abd el Barak ist dabei. Der zweite war ein berühmter Fakir und der dritte ein Gaukler.“
    „Ah! Diese beiden letzteren sind es, die uns hierhergelockt haben.“
    „So sind wir Leidensgefährten, und ich will kein Geheimnis vor euch haben,

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