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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mußten sich zu sehr anstrengen. Sie sprachen kein Wort und folgten mir, weil sie mir folgen mußten.
    Ich will nicht sagen, daß dieser Ritt mir leicht geworden sei, o nein. Auch ich empfand die entsetzliche Hitze, welche mein Gesicht verbrannte, so daß an mehreren Stellen, auch an den Händen, die Haut sich ablöste; aber wir hatten eben ein Ziel vor uns und mußten es unbedingt erreichen. Hat der Mensch einmal ein Muß erkannt, so soll er alle Kräfte einsetzen, demselben gerecht zu werden.
    Gegen Abend tauchte eine Hügelkette vor uns auf; die Höhen zogen sich quer über unsere Richtung und waren nicht bedeutend. Ich irrte mich nicht, als ich annahm, daß dies die Hügelreihe sei, welche sich vom Dar Sukkot quer durch die nubische Wüste zieht. Zu ihr gehören auch die Felsen, zwischen denen der Bir Murat liegt. Wir befanden uns also mit demselben parallel, und nun galt es, doppelt scharf aufzupassen. Ich mußte den Sand nach Spuren untersuchen, was bei der Schnelligkeit unseres Rittes nichts Leichtes war, und zugleich die Hügel betrachten, um aus der Form und Lage derselben auf etwa vorhandenes Wasser schließen.
    Da plötzlich hielt mein Kamel im Schreiten inne; es blieb stehen und sog die Luft durch die Nüstern. Dann wendete es sich nach rechts und rannte, fast möchte ich mich des Ausdruckes bedienen, zu gleichen Beinen davon. Ich ließ das Halfter so locker wie möglich; es fiel mir gar nicht ein, das Tier zu verhindern, seinem Instinkt oder vielmehr seinem Geruch zu folgen – es hatte Wasser gespürt.
    Die andern Tiere folgten mit derselben Schnelligkeit. Der Sand flog rechts und links und hinter uns in Wolken empor; wir schossen zwischen zwei Hügeln hindurch, welche im Hintergrund durch einen dritten verbunden wurden, so daß ein kleiner, vorn offener Talkessel vor uns lag. In der Mitte desselben angekommen, blieb mein Kamel stehen und wollte mit den Vorderhufen den Sand ausscharren. Ich sprang, ohne es erst niederknien zu lassen, aus dem hohen Sattel herab, nahm es beim Kopf und riß es zurück. Es sträubte sich; es zerrte, schrie, schlug und biß nach mir – vergeblich; es mußte zurück, und dann legte ich ihm die Fesseln so eng um die Beine, daß es nicht von der Stelle konnte. Über meinen Widerstand wütend, warf es sich zu Boden und blieb da bewegungslos, wie tot, liegen. Dieselbe Not hatte auch ich mit den drei anderen Tieren, obgleich dieselben gestern sich toll und voll getrunken hatten; auch sie wurden gefesselt.
    In meine drei Begleiter war Leben gekommen. Sie sahen, daß der Ritt für heute zu Ende sei, und das gab ihnen die Kräfte und die Lebenslust zurück.
    „Effendi, du hast wirklich recht gehabt“, sagte der Lieutenant voller Freude. „Nach dem Verhalten unserer Kamele muß es hier Wasser geben.“
    „Es gibt welches; darauf könnte ich schwören.“
    „Ist es nicht möglich, daß du dich irrst?“
    „Seht ihr nicht die feinen Spuren vom Kamelmist? Es sind Kamele, folglich auch Menschen hier gewesen. Und wo Menschen so fern von den Karawanenwegen in der Wüste verkehren, da muß es Wasser geben. Laßt uns nachgraben! Übrigens hätte ich, selbst wenn ich allein ohne Kamel, hierher gekommen wäre, aus der Lage und Gestalt dieses Hügelkessels auf Wasser geschlossen.“
    Wir knieten nieder, um den Sand wegzuräumen; er war nicht fest, und acht kräftige Arme förderten die Arbeit. Bei drei Fuß Tiefe wurde er feucht, bei vier Fuß naß; dann stießen wir auf ein Leder, welches aus einigen zusammengenähten Gazellenhäuten bestand, und als wir dasselbe entfernt hatten, sahen wir noch eine Elle tiefer das klare Wasser, einige Holzstäbe steckten quer darüber, um das Leder zu tragen.
    „Allah sei Preis und Dank!“ rief Selim. „Hier gibt es frisches Wasser. Laßt uns auf die Hitze des Tages trinken, damit wir neue Kraft bekommen!“
    Er machte die Gürtelschnur los, um seinen Becher an dieselbe zu binden und von dem Wasser zu schöpfen.
    „Halt!“ sagte ich. „Recht, dem Recht gebührt. Erst soll der Finder trinken.“
    „Der Finder? Der bist du!“
    „Nein, mein Kamel; es hat vier Tage lang gedürstete und soll nun seinen Lohn erhalten.“
    „Aber der Mensch kommt vor dem Tier!“
    „Nicht in allen Fällen. Hier haben wir einen Fall, wo es umgekehrt ist. Mein Kamel kommt vor mir, ich habe getrunken, dasselbe aber nicht, obgleich es mich tragen mußte und ich sicher auf seinem Rücken saß.“
    „Ihr Christen seid sonderbare Leute, und wir, die wahren Gläubigen,

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