27 - Im Lande des Mahdi I
wie möglich gehen. Welch ein Ärger, wenn wir hier ruhig sitzen blieben und dann hörten, daß sie inzwischen zum Beispiel nach dem Dschebel Daraweb und dem Bir Absa vorüber seien! Wir müssen sofort weiter.“
„Allah! Ich will dir gestehen, daß ich einen solchen Ritt nicht mehr aushalte.“
„Ich auch nicht!“ stimmte Selim bei. „Ich mag weder weiterreiten noch wieder riechen.“
Ben Nil schwieg. Es war ihm nicht besser zu Mute als den beiden andern, aber er war trotzdem bereit, meinem Willen zu folgen. Der brave Junge dauerte mich. Ich hatte einen Ritt vor, welcher an Anstrengung den gestrigen noch übertreffen mußte; wenn ich es mir recht überlegte, so konnten mich die anderen nur hindern, und da ich einmal wenigstens einen von ihnen hier als Posten zurücklassen mußte, so war es jedenfalls am klügsten; keinen von ihnen mitzunehmen und lieber allein zu reiten.
Als ich ihnen dies mitteilte, waren sie einverstanden. Nur der treue und besorgte Ben Nil meinte:
„Effendi, ist es nicht besser, ich reite mit? Du könntest leicht in irgendeine Gefahr geraten, in welcher ich dir, wenn es Allahs Wille ist, vielleicht beizustehen vermöchte.“
„Wenn es Allahs Wille ist, würde ich eine solche Gefahr auch allein bestehen. Ihr bedürft einen Tag der vollen Ruhe, und es ist besser, daß alle drei sich hier befinden, denn ich bin beinahe überzeugt, daß die Sklavenjäger doch durch diese Gegend kommen. Ich würde selbst hier warten, aber Pflicht und Vorsicht gebieten, daß ich andere Möglichkeiten auch mit in Berechnung ziehe.“
„Aber wenn dir ein Unglück begegnet, sind wir hier, ohne dir helfen zu können und ohne zu wissen, was wir tun sollen.“
„Wenn ich bis morgen mittag noch nicht hier bin, so –“
„So weit und so lange willst du fort?“ unterbrach er mich.
„Wie weit ich reite, weiß ich noch nicht. Also, wenn ich bis dahin nicht zurückgekehrt bin, eilt ihr zu den Asakern und reitet nach Süden, wo ihr auf die Fährte der Räuber treffen werdet. Ich kehre nämlich nur dann nicht zurück, wenn ich auf diese Leute treffe und dabei verunglücken sollte.“
„Allah möge es verhüten! Mir wird angst und bange, Effendi. Ich werde dich doch lieber begleiten!“
„Nein. Ich bin überzeugt, daß mir nichts geschieht, und dein Arm ist hier vielleicht nötiger als bei mir. Es gilt, gut und aufmerksam Wache zu halten. Hier unten am Brunnen habt ihr Schatten, und ich bin gar nicht dagegen, daß ihr hier lagern bleibt, einer von euch aber muß sich stets auf dem Hügel, wo ich geschlafen habe, befinden, um Ausschau nach Südwest zu halten. Wenn ihr während meiner Abwesenheit die Räuber kommen seht, so werft euch schleunigst auf die Kamele und eilt zu den Asakern, um ihnen zu sagen, daß sie sich zurückziehen und die Sklavenjäger vorüberlassen sollen.“
„Da entkommen diese ja!“
„Nein. Ich will nicht haben, daß ihr in meiner Abwesenheit einen Angriff auf sie unternehmt. Darum sollt Ihr sie lieber vorüber lassen. Sie reiten auf alle Fälle nach dem Bir Murat, und dort fassen wir sie nach meiner Rückkehr.“
„Aber wenn sie dort nicht lange bleiben?“
„So reiten wir ihnen nach. Wir kommen doch jedenfalls schneller vorwärts als ein Sklavinnentransport und werden sie also auf alle Fälle einholen. Also, komme ich zurück und finde euch nicht mehr vor, so weiß ich euch bei den Asakern und suche euch bei diesen auf. Geschieht aber nichts, so bleibt ihr bis morgen mittag hier!“
Es wurden zwar noch allerlei Einsprüche erhoben, doch ich blieb bei meinen Bestimmungen, welche ich für die den Umständen am angemessensten hielt. Mein Tier hatte sich heute sehr anzustrengen, darum gab ich ihm ein doppeltes Quantum Negerhirse und einige Hände voll Datteln. Nachdem ich meinen Wasserschlauch hinter dem Sattel befestigt hatte, schärfte ich den dreien noch einmal Vorsicht ein und stieg dann auf. Es war acht Uhr morgens, als ich den Brunnen verließ.
Es ging wieder, wie während der zwei letzten Tage, gerade südwärts. Bald war die Hügelkette im Norden verschwunden, und es gab nun rund um mich das gelbe, öde, abwechslungslose Bahr bela mah, das Meer ohne Wasser. Ist die Einöde schon erdrückend, wenn man Begleiter bei sich hat, so ist sie es noch weit mehr, wenn man sich ganz allein befindet. Es kommt eine Art Grauen über einen. Man fühlt sich der Unendlichkeit gegenüber klein und machtlos – ein hilfloser Wurm der gerade in ihrer Einförmigkeit und Unfruchtbarkeit
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