27 - Im Lande des Mahdi I
wollten. Mir konnte seine Gegenwart nichts nützen, dem Onbaschi aber noch viel weniger. Ritt er mit diesem nach dem Brunnen, so mußte ich gewärtig sein, daß er Dummheiten machen und meinen Plan vereiteln werde. Mir wagte er nicht zu widerstreben, und so sagte ich ihm, daß er auch mit mir reiten könne.
So waren wir also vier Personen. Jeder nahm einen Wasserschlauch und den nötigen Proviant zu sich auf das Reitkamel, und dann ging es gerade nach Süden vorwärts. Die Asaker hatten zunächst dieselbe Richtung einzuhalten, mußten sich aber später mehr nach links, also ostwärts halten, um parallel mit der Karawanenstraße zu bleiben.
Man rechnet von Korosko bis zum Bir Murat vier Tagereisen. Ich wollte diese Strecke, das heißt bis auf die gleiche Breite mit demselben, in zwei Tagen zurücklegen. Das gab eine starke Leistung für unsere Kamele, der sie aber, zumal das meinige, gewachsen waren.
Unangenehm war dabei, daß wir nur am Tage reiten konnten. Gewöhnliche Karawanen pflegen mit Sonnenaufgang aufzubrechen und bis ungefähr elf Uhr zu marschieren. Dann ruht man während der größten Tageshitze bis zwei Uhr, um nachher bis zum Abend wieder unterwegs zu sein. Nach Sonnenuntergang wird eine Stunde zum Abendessen Rast gemacht, und dann geht es im Mond- oder Sternenschein bis Mitternacht weiter. Wir aber wollten Spuren finden, Spuren der Sklavenjäger, welche sich von West nach Ost quer über unsere Richtung ziehen mußten; die konnten wir des Nachts nicht sehen, und darum mußten wir auch in den heißen Mittagsstunden im Sattel bleiben.
Die Gegend war zunächst noch bergig. Die Lastkarawane erreicht das Sandmeer gewöhnlich erst am dritten Tag. Was sich unsern Blicken bot, war lauter Öde und Trostlosigkeit; kein Baum, kein Strauch, nicht einmal ein einzelner Grashalm war zu sehen. In diese Einsamkeit brachten außer uns nur hier und da ein Geier oder ein Rabe Leben, welche über unsern Häuptern dahinzogen. Beide sind die einzigen Vögel der nubischen Wüste. Dieser Geier ist der weißköpfige (Vultur fulvus); er und der Rabe wagen sich nicht an lebende Tiere, infolgedessen man unterwegs oft Szenen vor sich hat, welche einem im Herzen weh tun.
Wenn nämlich ein Lastkamel ermattet und nicht mehr fort kann, so sinkt es nieder und ist weder durch gute Worte noch durch Anwendung von Gewaltmitteln zum Aufstehen zu bewegen. Man läßt es dann einfach liegen und bürdet seine Last den anderen Tieren auf. Es ist nicht tot, aber es hat keine Kraft mehr, sich zu erheben. So liegt es noch tagelang, bewegt ein Bein oder das andere, hebt den Kopf, und rundum sitzen die Geier und Raben, um zu warten, bis es nach und nach verschmachtet, und es dann zu zerreißen. Der Wüstenbewohner geht gefühllos an solchen armen Tieren vorüber, seine Kamele sehen vorbei; ich aber habe stets, wenn ich ein noch lebendes Kamel liegen sah, die Leiden desselben durch eine Kugel beendet. Die Raben und Geier nagen das Fleisch bis auf die Knochen ab, und die Gerippe bleiben liegen, bleichen in der Sonne und bezeichnen den Weg, den die Karawane ziehen muß. Zuweilen sieht man seitwärts vom Pfad einige aufeinander gelegte Steine. Das sind die Stellen, an denen ein Mensch verschmachtete oder auf irgendeine andere Weise vom Leben zum Tod kam.
Wir bekamen während unseres Rittes kein einziges dieser Todeszeichen zu sehen, da wir uns in der wilden Wüste und nicht auf dem Karawanenweg befanden. Die Ordnung, welche wir innehielten, war sehr einfach. Ich ritt mit dem Lieutenant voran, und Ben Nil und Selim folgten. Über die Richtung konnte ich nicht im Irrtum sein, selbst der Kompaß war nicht nötig. Ein Blick auf die Uhr und auf den Stand der Sonne genügte zur Orientierung. Des Nachts dienen die Sterne, besonders das südliche Kreuz, als Merkzeichen; da aber dieses Sternbild in jenen Breiten zeitig untergeht, kommt es vor, daß der beste Führer sich einmal verirrt.
Die felsige Wüste zu beschreiben, ist eine undankbare Aufgabe; darum will ich nur sagen, daß wir, als die Sonne untergegangen war, ungefähr in gleicher Breite mit dem Nildorf Serah haltmachten und uns lagerten. Wir waren so schnell geritten, daß wir zwei Kameltagesreisen hinter uns gebracht hatten.
Unser Abendessen bestand aus Datteln und Wasser. Wir konnten uns nicht einmal einen Mehlbrei bereiten, da es uns an Feuermaterial fehlte. Die Karawanen sammeln den auf dem Weg liegenden Kamelmist, um denselben als Feuerungsmaterial zu benützen; auf unserem einsamen Weg aber
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