27 - Im Lande des Mahdi I
Lage des Bir Murat genau kennst.“
„Das ist der Fall, Effendi. Ich war öfters dort und bin weit in der Gegend umhergestreift. Von der Seite von Korosko her kommt man durch ein Dumpalmental in das Tal des Brunnens, welches von hohen, steilen Felswänden umschlossen ist. Jenseits desselben gibt es eine sehr beschwerliche Schlucht, welche nach und nach wieder in ebene Gegend führt.“
„Es stimmt. Welche Zeit würdest du brauchen, um von hier aus dorthin zu kommen?“
„Drei Tage, mehr nicht, da unsere Kamele frisch getränkt sind.“
„Und würdest du dich getrauen, die Asaker allein, ohne den Lieutenant und mich, in die Nähe des Brunnens zu führen?“
„Warum nicht? Es würde das doch nicht schwerer sein, als wenn ihr dabei wäret.“
„Gut, so schlage ich folgendes vor: Der Lieutenant reitet mit mir, um die Brunnen aufzusuchen und anderweit zu rekognoszieren, und du bringst die Asaker nach dem Bir Murat, aber ja nicht bis ganz zum Brunnen, da du nicht gesehen werden darfst.“
„Soll ich dort auf euch warten?“
„Ja. Aber wie lange, das ist unbestimmt.“
„Was sollen wir indessen dort tun?“
„Nichts, gar nichts. Ihr geht nicht zum Brunnen und weicht auch jeder andern Begegnung aus.“
„Aber ich setze den Fall, wir sähen die Räuber kommen. Da müssen wir sie natürlich angreifen!“
„Nein.“
„Nicht? Effendi, mache ja keinen Fehler! Wenn wir diese Gelegenheit nicht benützen, würden sie uns entgehen.“
„Gewiß nicht. Ihr müßtet sie vorüberlassen, ohne daß sie euch bemerkten. Du kannst sicher sein, daß ich hinter ihnen kommen würde.“
„Ich verstehe dich nicht, aber ich muß dir gehorchen. Wie aber willst du mit Genauigkeit den Ort bestimmen, an welchem wir auf euch warten sollen. Das ist in der Wüste unmöglich.“
„Es ist möglich. Du selbst sagst, daß die Räuber voraussichtlich zwischen Tura und Moscho über den Nil gehen werden. In welcher Richtung von Bir Murat liegen diese beiden Orte?“
„Gerade südwestlich.“
„Also mußt du dich genau südwestlich von Bir Murat postieren, und zwar eine halbe Tagreise von diesem Brunnen entfernt; das wird also ungefähr an der Westseite des alleinstehenden Dschebel Mundar sein.“
„Das stimmt genau. Ich sehe, daß du diese Gegend ebenso kennst, wie ich sie kenne, Effendi. Jetzt weiß ich genau, wo ich zu halten habe und bin überzeugt, daß du uns gewiß finden wirst. Nur fragt es sich, ob der Lieutenant, als mein Vorgesetzter, mir die Asaker anvertrauen wird.“
Der Genannte hatte bisher geschwiegen. Er sah ein, daß der Onbaschi hier erfahrener war, als er selbst. Vielleicht freute er sich im stillen darüber, daß seine Verantwortlichkeit auf mich übergegangen war, und hütete sich nun, etwas zu sagen, was dies ändern könne. Jetzt, da er direkt zum Sprechen aufgefordert war, antwortete er:
„Natürlich tue ich das. Ich habe nichts gegen das, was der Effendi bestimmt. Er ist der erste, und ich bin der zweite; was er tut, das ist wohlgetan. Aber wohin werden wir reiten? Es ist doch ganz unmöglich, zu wissen, wo die heimlichen Brunnen liegen!“
„Es ist nicht unmöglich. Mit einigem Nachdenken kann man wenigstens die Richtung erraten. Wir vermuten, daß die Räuber bei der Insel Argo über den Nil gehen und dann ihre Richtung nach dem Bir Murat nehmen; da sie dieses Ziel nicht ohne Wasser erreichen, haben wir die heimlichen nur auf dieser Linie zu suchen.“
„Und du kennst den Weg?“
„Es gibt keinen Weg, aber ich werde mich nicht verirren. Da die Sklavenjäger von Westen kommen, werden wir westlich von der Karawanenstraße und parallel mit derselben gerade südwärts reiten. Auf diese Weise müssen wir, wenn sie ja schon vorüber sein sollten, auf ihre Fährte stoßen. Treffen wir auf keine Spur, so sind sie noch nicht da, aber wir können sie für jeden Augenblick erwarten. Vor allen Dingen muß ich streng bestimmen, daß der Onbaschi mit seinen Asakern nichts unternimmt, bevor wir zu ihm stoßen.“
Das waren die Grundzüge meines Planes; es brauchte nur noch Nebensächliches besprochen zu werden; dann konnten wir aufbrechen. Wir wurden auch in diesen Dingen einig. Der Onbaschi bekam sehr genaue Instruktionen, und dann fragte es sich nur noch, was mit Ben Nil und Selim geschehen solle. Der erstere erklärte, daß er mein Diener sei und mich nicht verlassen werde; der andere sagte dasselbe. Es schien diesem unheimlich bei den Asakern zu werden, da sie nicht an seine Vorzüge glauben
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