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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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müssen darunter leiden. Soll dein Kamel etwa dieses frische Wasser saufen, während dann wir uns mit demjenigen in unsern Schläuchen, welches bereits stinkt, begnügen müssen?“
    „Nein. Es bekommt das Waser zweier Schläuche, welche wir dann hier von neuem füllen. So ein geheimer Brunnen ist nicht etwa so ausgiebig wie der Bir Murat. Wir können jetzt, wie ich sehe, nur zwei Schläuche füllen, und es kann wohl einen Tag währen, bis sich wieder ebenso viel gesammelt hat.“
    „Und wie soll dein Kamel saufen, da dieser Brunnen zu eng ist und wir auch kein Gefäß haben?“
    „Aus diesem Leder, dessen Ecken ihr emporhaltet, so daß in der Mitte eine Vertiefung entsteht.“
    Die drei faßten das Leder in der bezeichneten Weise an, und ich goß das Wasser aus zwei Schläuchen hinein. Dann nahm ich dem Tier die Fesseln ab; es sprang auf und trank mit großer Begier, bis der letzte Tropfen verschwunden war. Nun füllten wir die entleerten Schläuche aus dem Brunnen, welcher eigentlich ein sehr seichtes Wasserloch war, und schöpften ihn damit vollständig aus. Dann wurde er wieder zugedeckt, damit die heiße Luft nicht eindringen könne.
    Wir hatten jeder von dem frischen Wasser getrunken und fühlten uns außerordentlich erquickt. Mittlerweile hatte die Sonne den Horizont erreicht, und die drei Mohammedaner knieten nieder, um das Aschia zu beten. Es muß erwähnt werden, daß sie auch unterwegs die vorgeschriebenen Gebete nicht vergessen hatten und auch später nicht versäumten. Es wurde zur betreffenden Zeit abgestiegen, niedergekniet und gebetet.
    Nach dem Aschia nahmen wir das Abendbrot ein, welches aus Datteln und getrocknetem Fleisch bestand. Die Kamele bekamen eine kleine Portion Negerhirse zu fressen. Hierauf gingen wir schlafen. Die drei lagerten sich an der Quelle; ich aber stieg die westliche Höhe hinan, auf deren Gipfel ich mich niederlegte – als Wächter gegen etwaige Überraschungen. Die Sklavenjäger konnten ja möglicherweise auch des Nachts kommen. Sehr bald drang das Schnarchen der Gefährten zu mir herauf, und auch ich schlief ein, doch ohne Sorgen, denn ich wußte, daß mein Schlaf ein so leiser war, daß ein lauter Kamelschritt mich gewiß geweckt hätte.
    Als ich erwachte, graute der Tag; der Osten begann sich zu färben, und ich weckte die drei, damit sie das Fagr beten sollten. Fagr heißt Morgenröte; darum wird das für die Zeit des Sonnenaufganges vorgeschriebene Gebet so genannt. Sie standen auf, sprachen ihr Gebet, und dann sahen wir nach dem Wasser. Es hatte sich während der Nacht soviel gesammelt, daß wir wieder zwei Schläuche füllen konnten; das alte Wasser bekamen die Kamele. Dann aßen wir einen Brei, welcher aus Durrhamehl, in kaltem Wasser eingerührt, bestand. Der ärmste deutsche Bettler würde diese Speise für ungenießbar erklären; die Wüste aber nimmt keine Rücksicht auf den verwöhnten Gaumen eines Menschen.
    Ich hatte über meine ferneren Absichten geschwiegen, und meine Gefährten schienen überzeugt zu sein, daß ich hier an dem Brunnen die Sklavenjäger abfangen wolle, denn der Lieutenant meinte, während wir aßen:
    „Effendi, deine Berechnung ist wirklich richtig gewesen. Ich bin überzeugt, daß dieser Brunnen genau in Richtung zwischen Bir Murat und der Insel Argo liegt. Wenn die Räuber wirklich dort über den Nil gehen, müssen sie uns hier in die Hände laufen. Wir erwarten sie in aller Ruhe und Bequemlichkeit, und wenn sie kommen, so – so – so –“
    „Nun, was dann?“ fragte ich.
    „Dann – dann – ja, was wirst du denn dann tun?“
    „Meinst du wirklich, daß wir sie hier in solcher Bequemlichkeit erwarten?“
    „Ja.“
    „Wenn sie dann kommen, sind sie höchstwahrscheinlich viele Köpfe stark, während wir nur vier Männer sind. Ich fürchte mich zwar nicht, aber es ist besser, für irgendeinen guten Zweck zu leben als für denselben zu sterben. Wir würden also einen Kampf nicht aufnehmen, sondern uns schnell, ehe sie uns bemerkt hätten, zurückziehen.“
    „Wohin?“
    „Auf unsere Asaker, welche heute abend am Dschebel Mundar eintreffen. Bis dahin ist eine halbe Tagesreise. Übrigens werden wir gar nicht in die Lage kommen, uns schon heute mit den Asakern zu vereinigen. Wir sind noch nicht am Ziel.“
    „Noch nicht? Wohin willst du denn?“
    „Südwärts. Wir haben bis hierher keine Spur gefunden; es ist aber möglich, daß die Erwarteten weiter oben, also südlich, in die Wüste eingedrungen sind. Man muß so sicher

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