27 - Im Lande des Mahdi I
also sehr genau und werden den Herrn auf ihn aufmerksam machen. Ibn Asl war ergrimmt über sie, daß sie sich von diesem einzelnen Mann besiegen ließen; darum werden sie nun alles aufbieten, den Fehler, welchen sie begangen haben, quitt zu machen.“
„Bringt der Herr, wenn er morgen kommt, seine Braut mit?“
„Nein. Er müßte sie ja mit nach Ras Rauai schleppen, was weder für sie, noch für ihn oder für uns bequem wäre. Ihr Bruder, der Türke, ist mit ihr heute früh von Bir Murat fort, und Abd Asl begleitet ihn, um sie nach Faschodah zu bringen.“
Ich hatte genug gehört und brauchte nichts weiter zu erlauschen. Der Sklavenhändler war beim Brunnen Murat zurückgeblieben, um mich zu fassen; Murat Nassyr und der heilige Fakir waren von dort fort; morgen wollte der Sklavenhändler nachkommen. Weiterer Nachrichten bedurfte ich nicht, um einen Plan, welcher mir soeben beigekommen war, ausführen zu können. Dieser Plan war, ganz offen in das Lager der Karawane zu gehen und den Überfall in der Weise vorzubereiten, daß ein blutiger Kampf möglichst verhindert wurde. Ich kehrte jetzt also nach unserem Versteck zurück und teilte dort meine Absicht dem Lieutenant und dem Onbaschi mit. Sie waren beide ganz und gar dagegen.
„Das wage ja nicht, Effendi!“ sagte der erstere. „Du riskierst das Leben. Der kleinste Zufall kann zur Entdeckung führen.“
„Wenn ich es nicht dumm anfange, kann von einem solchen Zufall keine Rede sein.“
„Und wenn man trotzdem merkte, wer du bist?“
„So hätte ich meine Arme, meinen Kopf, der mich noch nie verlassen hat, und meine Waffen.“
„Fünfzig gegen dich – das ist zuviel!“
„Es ist besser, ein einzelner wagt etwas, als daß beim Überfall viele getötet werden.“
„Aber wenn dieser einzelne derjenige ist, dessen Kopf und Arme die andern brauchen, so ist es besser, es unterbleibt.“
„Das mag wahr sein; aber ich habe stets Glück gehabt und hoffe, daß ich es auch heute haben werde.“
„Nun, so muß ich es dir mitteilen, obgleich ich noch nicht davon gesprochen habe: Der Raïs Effendina hat mir zwar geboten, dir zu gehorchen, aber er hat mir auch befohlen, mich zu widersetzen, wenn du dein Leben wagen solltest. Und heute, jetzt, widersetze ich mich.“
„Wie willst du das anfangen? Wenn ich gehen will, kannst du mich doch nicht mit Gewalt zurückhalten!“
„Doch! Ich halte dich zurück.“
„So mache ich Lärm, und alles ist verdorben. Die Karawane wird uns entgehen.“
„Das wirst du doch nicht tun!“
„Ich führe es aus; ich gebe dir mein Wort darauf, und du weißt, daß ich mein Wort nie breche.“
„Allah, Allah“, meinte er ratlos, „was ist zu tun?“
Wir standen neben Ben Nil und Selim, welche noch immer beieinander saßen. Der letztere interessierte sich, ob beistimmend oder abgeneigt, das wußte ich nicht, in der Weise für meinen Plan, daß er aufsprang und ausrief:
„Effendi, du mußt heut –“
„Schweig', Unglückseliger!“ herrschte ich ihn an. „Willst du an der schauderhaften Simm ed Damm sterben? Habe ich dir nicht das Reden verboten!“
Er sank sofort, tief erschrocken, wieder zur Erde nieder, zog das bejammernswerteste aller Gesichter und hielt sich beide Hände an den Mund, um anzudeuten, daß er denselben nicht wieder öffnen werde.
„Du siehst ein“, fuhr ich, zu dem Lieutenant gewendet, fort, „daß ich mich von meinem Vorsatz nicht abbringen lasse, und ich rate dir, mir kein Hindernis in den Weg zu legen.“
„Aber, Effendi, wenn dir ein Unglück passiert, wie soll ich es davor dem Raïs Effendina verantworten?“
„Indem du ihm sagst, daß es mein Fatum, mein Kismet gewesen sei. Das ist doch sehr einfach.“
„Das ist wahr; du beruhigst mich, Effendi. Tue, was dir beliebt; ich habe nun nichts mehr dagegen, denn ich weiß, daß du doch auf meine Warnungen nicht hörst.“
„Ich bin für jede begründete Warnung dankbar, aber die deinige ist so allgemein und unbestimmt, daß ich sie unmöglich gelten lassen kann. Übrigens stürze ich mich nicht etwa kopfüber in die Gefahr, sondern ich gehe ihr mit vollem Bedacht entgegen; das vermindert ihre Größe und vermehrt meine Sicherheit.“
„Aber wer willst du denn sagen, daß du bist?“
„Ein Abgesandter des Mokkadem, welcher mich schickt, um Ibn Asl vor dem fremden Effendi zu warnen.“
„So willst du diese Leute also vor dir selbst warnen!“
„Damit sie doppelt leicht in unsere Hände fallen. Ich habe gar nicht zu fürchten,
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