27 - Im Lande des Mahdi I
nebeneinander herschritten, erklärte ich Ben Nil meinen Plan und sagte ihm, wie er sich dabei zu verhalten habe. Er sollte mich Saduk el Baija, Saduk den Händler, aus Dimiat (Damiette) nennen und ja nicht Effendi, sondern Sihdi zu mir sagen. Ich traute ihm gern diejenige Vorsicht und Aufmerksamkeit zu, welche notwendig war, um Fehler zu vermeiden. Dem Leutnant hatte ich gesagt, daß er sich an einen oder einigen Flintenschüsse, welche bald fallen würden, ja nicht kehren solle.
Ungefähr tausend Schritte von unserem Lager entfernt lag die von mir untersuchte Stelle, an welcher man leicht in das Wadi hinabgelangen konnte. Wir schritten langsam hinunter, verbanden aber vorher unseren Kamelen die Mäuler, damit sie, falls ihre Nasen ihnen die Anwesenheit anderer Kamele verrieten, nicht laut werden konnten.
Unten angekommen, wandten wir uns nach links und gingen vielleicht noch tausend Schritte weiter. Dann machte das Wadi eine leichte Krümmung, hinter welcher wir anhielten. Wir nahmen unseren Kamelen ihre Sättel ab und hießen sie sich legen. Ich schoß die Flinte ab und lud sie wieder, dann setzten wir uns nieder. Zwei aufeinandergelegte Steine bildeten einen kleinen Herd. Ich wartete ungefähr zehn Minuten und schoß dann noch einmal.
Die Sklavenjäger mußten die Schüsse gehört haben; sie sandten sicher einige Leute aus, um die Ursache derselben zu erforschen. Jetzt legte ich den mitgenommenen Kameldünger auf die Steine und brannte ihn an. Ein Napf wurde mit Wasser gefüllt, in welches ich Mehl rührte, und über das Feuer setzte. Dann brannte ich mir den Tschibuk an, legte mich mit dem Rücken an den Felsen und wartete der Dinge, die da kommen sollten.
Es dauerte gar nicht lange, so sagte mir mein Ohr noch mehr als das Auge, daß die Kundschafter kamen. Das waren freilich nicht die völlig unhörbaren Schritte eines Indianers. Man hörte den Steingrus knacken. Nach dem Geräusch zu urteilen, rührte es von wahrscheinlich drei Personen her. Wenige Augenblicke später sah ich, daß mein Ohr mich nicht getäuscht hatte. Wir saßen an einer vom Mond beschienen Stelle des hier breiten Wadi; ich hatte dieselbe mit Absicht gewählt; man sollte uns leicht finden und deutlich erkennen. Drüben im Schatten der Felsen schlichen drei Gestalten und hockten sich gerade gegenüber nieder, um uns zu beobachten. Die dummen, ungeschickten Kerle trugen ihre Haïks, deren helle Farbe grau aus dem Schatten hervortrat.
Jetzt begann ich mit Ben Nil zu sprechen, und zwar so laut, daß sie uns drüben hören konnten. Sie sollten uns für Leute ansehen, welche sich für volständig allein hielten und von der Anwesenheit der Karawane keine Ahnung hatten. Wir nannten uns dabei mit den erdichteten Namen, und zwar deutlich genug, um verstanden zu werden. Nach einigen Minuten bewegten sich die Lauscher wieder zurück und verschwanden hinter der Biegung des Wadi.
„Sie sind fort!“ meinte Ben Nil in enttäuschtem Ton. „Sie kamen nicht herüber. Nun ist unsere Absicht vereitelt!“
„O nein. Diese drei waren nur die Kundschafter, sie machen jetzt ihre Meldung, und dann wird man kommen, um mit uns zu reden.“
Wir warteten zehn Minuten, dann aßen wir unsern Mehlbrei, natürlich in echt orientalischer Weise, indem wir mit den Fingern in den Napf fuhren und uns das kleisterartige Zeug liebreich auf die herausgestreckte Zunge, welche dann die Weiterbeförderung zu besorgen hatte, strichen. Wir taten das, um für ganz und gar unbefangene Leute gehalten zu werden. Ein gut gebratenes Haselhuhn mit nachfolgendem ‚Fürst Pückler‘ wäre mir freilich lieber gewesen, aber ländlich, sittlich und da der Negerhirsebrei hier ländlich war, so durfte ich ihn nicht für unsittlich halten. Da kamen sie, dieses Mal noch viel weniger leise als vorher. Es waren volle zehn Mann; sie trugen alle ihre Waffen, bogen um die Krümmung des Wadi, kamen auf uns zu, blieben bei uns stehen, und der Voranschreitende grüßte mit seiner tiefen Baßstimme, die mir schon bekannt war.
„Mesalcher – guten Abend.“
Es war der Anführer, welcher Marba, die gefangene Scheiktochter, gepeitscht hatte. Ich sprang scheinbar erschrocken auf und antwortete:
„Allah jumessik bilcher! Wie bin ich erschrocken! Wer seid ihr, und was tut ihr hier?“
Auch Ben Nil war emporgefahren; er hatte den Napf ergriffen, so tuend, als ob er den kostbaren Inhalt für sich retten wolle, strich sich den Mund voll Brei und erwiderte dann auch den Gruß, doch war kein Wort zu
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