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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Antwort.
    „Heraus damit!“ gebot ich ihm. „Hast du etwa von mir gesprochen?“
    Ich fühlte mich zu dieser Frage besonders dadurch veranlaßt, daß ich die Augen Abd el Baraks mit einem höhnischen Blick auf mich gerichtet sah.
    „Nein, nicht von dir“, antwortete er endlich. „Von Murad Nassyr, meinem Herrn. Er geht unter meinem Schutz nach Khartum und hat also die Rache dieser Leute nicht zu befürchten.“
    „Du bist ein Faselhans und solltest dich im Schweigen üben, anstatt jedermann Geschichten zu erzählen, welche doch ganz anders verlaufen, als du die Meinung hast. Geh hinauf an die Tür des Harems, und melde dem Neger, was geschehen ist, damit die Bewohner wissen, woran sie sind, wenn sie bemerken, daß wir nicht schlafen!“
    Ich schickte ihn fort, damit er nicht Zeuge unserer Verhandlung mit Abd el Barak sei. Wenn dieser Mensch sich von seiner Plauderhaftigkeit hatte hinreißen lassen, zu erzählen, daß ich morgen mit den Negern Kairo verlassen wolle, konnte ich mich auf alle möglichen Hindernisse oder gar Gefährlichkeiten gefaßt machen. Er war am Hafen gewesen, um ein Schiff für mich zu suchen; ich hatte aber keine Gelegenheit gefunden oder vielmehr es im steten Denken an den Geist außer acht gelassen, ihn nach dem Ergebnis seiner Nachforschung zu fragen. Als er fort war, band ich Abd el Barak los, so daß er seine Glieder wieder bewegen und sich aufsetzen konnte. Dann zeigte ich ihm den Revolver und drohte:
    „Zunächst bist du noch ein Gespenst, auf welches ich schießen werde, wenn es eine Bewegung macht, zu welcher ich meine Erlaubnis nicht gegeben habe. Ich erwarte also, daß du genau in deiner jetzigen Stellung verbleibst.“
    Er sah mich mit einem Blick an, in welchem nichts als tierische Wut zu finden war; dann zuckte ein überlegenes Grinsen um seinen aufgeworfenen Mund, und er antwortete:
    „Wenn du für den mächtigen Mokkadem der heiligen Kadirine irgendwelche Befehle hast, so sprich!“
    „Ich habe dir ebensowenig etwas zu befehlen wie du mir, doch stehe ich im Begriff, dir einige Vorschläge zu machen!“
    „Ich höre!“
    Er schlug die Arme stolz übereinander und nahm die Haltung und Miene eines Regenten an, welcher einem tiefstehenden Untertan in Gnade Audienz erteilt. Am liebsten hätte ich ihm einen Faustschlag versetzt, um ihm in Erinnerung zu bringen, daß er hier nicht der Gebietende sei, mußte aber leider in Anbetracht der vorliegenden Umstände meine Empörung beherrschen. Hier gab es einen frappanten Anlaß, den Einfluß des Islam mit demjenigen des Christentums zu vergleichen. Welche Liebe, Sanftmut, Demut und milde Freundlichkeit beobachtet man bei den Angehörigen christlicher Kongregationen, und wie hochmütig, verstockt und frech trat dieser Mitleiter einer moslemitischen Verbrüderung auf! Und so sind sie alle, diese unwissenden Moslemim, deren Frömmigkeit sich meist nur im gedankenlosen Herleiern einiger Gebete betätigt, verbissene und verständnislose Menschen, welche mit Verachtung selbst auf ihre Glaubensgenossen herabsehen, falls diese nicht Mitglieder einer Verbrüderung sind.
    „Ich höre!“ Das klang so oberherrlich, als ob dieser Gespensterspieler der zur Erde niedergestiegene Geist des Propheten selber sei. Es verursachte mir nicht geringe Überwindung, ihm ruhig zu antworten:
    „Kennst du die Kutub el Kadirine, welche in vielen geschriebenen Heften durch alle Länder gehen, in denen es Anhänger eurer Verbrüderung gibt?“
    „Ich kenne sie“, nickte er.
    „Wer schreibt dieselben?“
    „Jeder, der ein Schriftsteller ist, kann so ein Heft verfassen.“
    „Nun wohl, ich bin ein Muallif und möchte ein solches Heft schreiben.“
    „Du?“ lachte er. „Du bist ja ein Giaur!“
    „Sprich dieses Wort nicht wieder aus! Du hast erfahren, wie ich solch eine Beleidigung bestrafe. Wenn ich es schreibe, wird es gelesen werden; dafür laß mich sorgen! Der Titel wird lauten: Abd el Barak, el Dschinni, Abd el Barak, das Gespenst, und jeder Leser wird erfahren, welch eine jämmerliche Rolle der berühmte Mokkadem der frommen Kadirine heute abend hier gespielt hat.“
    „Wage es!“ fuhr er mich zornig an.
    Ich erkannte daraus, daß meine Berechnung richtig war. Aus einer Drohung mit der Obrigkeit machte er sich voraussichtlich weniger, als aus einer solchen Beschämung vor den Genossen seiner Verbrüderung. Nur auf diesem Weg ließen sich Zugeständnisse von ihm erlangen.
    „Ich wage dabei gar nichts“, erklärte ich kaltblütigen Tones.

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