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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erwartungsvoll in seiner Schlafstube und begann mit den Worten:
    „Was ist geschehen, Effendi? Ich kann nicht glauben, was ich gehört habe. Selim hat mir von seinen Heldentaten berichtet, aber in einer Weise, daß ich über das meiste im unklaren geblieben bin.“
    „Nun, was hat er denn erzählt?“
    „Acht Gespenster sind dagewesen; zwei haben sie gefangen; eins ist Ihnen entkommen, und mit den fünf übrigen hat er gekämpft.“
    „Und sie natürlich besiegt!“
    „Leider nicht, denn er hat sie entfliehen lassen müssen, woran Sie schuld sind.“
    „Ich? Warum?“
    „Gerade als er dem Sieg nahe gewesen ist und sie ihn um Gnade gebeten haben, sind sie gekommen, um ihn zu Ihrer Unterstützung in den Hof zu holen.“
    „Das ist ein Roman, den er sich ausgesonnen hat. Seine fünf Gespenster leben nur in seiner Einbildung oder vielmehr in seiner Lügenhaftigkeit; er hat nur drei gegeben, und mit diesen habe ich es allein zu tun gehabt.“
    „Und Abd el Barak befindet sich wirklich unter ihnen?“
    „Ja.“
    „Unglaublich! Wer hätte so etwas denken können?“
    „Ich habe es gedacht, wie Sie sich erinnern werden.“
    „Mir ist nichts erinnerlich.“
    „Habe ich Ihnen nicht gesagt, daß der Geist sich vor mir fürchten werde, daß ich ihn schon gesehen habe? Ich meinte damit Abd el Barak. Ich vermutete, daß er es sei, der dieses Haus unsicher mache, um die Wirtin und dann auch die Mieter zu vertreiben, damit es desto eher der Bruderschaft anheimfalle.“
    „Das haben Sie vermutet? Ich hätte es mir nie denken können. Es ist schrecklich! Aber nun erzählen sie mir, wie es zugegangen ist, denn Selims Worten darf ich doch wohl keinen Glauben schenken.“
    „Allerdings nicht, da seine Phantasie den größten Beitrag leistet.“
    Ich berichtete ihm das Geschehene so kurz und einfach wie möglich; dennoch hatte ich Mühe, ihn zu bewegen, mir Glauben zu schenken. Daß ein Mann wie Abd el Barak sich zu einer solchen Rolle verstehen könne, war ihm fast undenkbar. Ich forderte ihn auf, sich doch durch den Augenschein zu überzeugen; da antwortete er:
    „Ehe ich mich zu diesem Mann begebe, muß ich erst wissen, was wir mit ihm und seinem Gehilfen tun werden. Meinen Sie, daß wir sie laufen lassen?“
    „Hm! Eigentlich müßten wir die Sache zur Anzeige bringen.“
    „Davor möge Allah uns behüten! Die Behörde von diesem Gespensterspiel zu benachrichtigen, würde nichts anderes heißen, als uns die ganze Kadirine zum Feind zu machen, und das muß ich auf alle Fälle vermeiden, weil ich den größten Schaden davon haben würde. Meine Geschäftsverbindungen mit Ägypten würden in kurzer Zeit wie abgebrochen sein, und nicht nur mit Ägypten, da die Kadirine sich über ganz Nordafrika und sogar bis tief in den Sudan erstreckt. Und auch Sie dürfen eine so mächtige Verbindung sich nicht zur Feindin machen. Ich bin Überzeugt, daß Sie Ihr Vaterland nicht wiedersehen würden.“
    „Ich muß Ihnen leider beistimmen. Also bestrafen dürfen wir die Täter nicht lassen. Es ist nicht einmal rätlich, die Sache in anderer Weise an die Öffentlichkeit zu bringen. Aber die Kerle einfach freigeben, geht doch auch nicht, denn sie würden sich auch in diesem Fall an uns zu rächen suchen. Wir müssen irgendeine Sicherheit vor dieser Rache in die Hand bekommen.“
    „Das könnte doch nur in Form einer Unterschrift sein?“
    „Allerdings, ein schriftliches Bekenntnis, von Abd el Barak unterschrieben. Wir würden von demselben Gebrauch machen, falls er sich direkt feindlich gegen uns verhält oder uns Veranlassung gibt, zu glauben, daß er uns die Kadirine auf den Hals gehetzt habe.“
    „Richtig! Ich überlasse es Ihnen, dieses Schriftstück zu entwerfen. Papier und alles dazu Nötige ist da.“
    Nachdem noch einige nähere Bemerkungen über diesen Gegenstand ausgetauscht worden waren, begaben wir uns in meine Schlafstube, wo Selim mit geschultertem Gewehr und drohendem Gesicht vor den Gefangenen stand. Eben als wir eintraten, hörte ich ihn sagen:
    „Also dürft ihr ja nicht denken, daß ihr euch hier an ihm rächen könnt. Er ist viel zu klug dazu, indem er den guten Rat befolgt, den ich ihm gegeben habe.“
    „Von wem redest du?“ fragte ich ihn, da mir diese großsprecherischen Worte auffielen. Sie schienen sich auf mich zu beziehen, auf irgendeinen Beschluß von mir, welchen mir angeraten zu haben er sich fälschlicherweise rühmte. Er machte ein ziemlich verlegenes Gesicht und zögerte mit der

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