Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
„Ich mache dich vor allen deinen Genossen zuschanden und du wirst nicht die mindeste Macht besitzen, dich an mir zu rächen. Aber aus Rücksicht für die braven Mitglieder eurer Verbrüderung möchte ich es unterlassen, die Kadirine durch dich zu beschimpfen. Ich bin vielleicht bereit, auf mein Vorhaben zu verzichten, wenn du mir beweist, daß du das Geschehene bereust und auf alle Rache gegen uns verzichtest.“
    Bei der Erwähnung der Reue zuckte es grimmig über sein Gesicht; er überwand aber seinen Zorn und fragte in verhältnismäßig ruhigem Ton:
    „Worin soll dieser Beweis bestehen?“
    „Erstens darin, daß du allen Rechten auf diese Negerkinder entsagst.“
    „Ich entsage“, antwortete er sofort mit einer wegwerfenden Bewegung seiner Hand. Meine Drohung hatte also einen solchen Eindruck gemacht, daß ihm diese Bedingung als etwas sehr geringes erschien.
    „Damit ich ganz sicher bin, wirst du mir eine schriftliche Quittung darüber geben, daß ich dir das Geschwisterpaar abgekauft habe!“
    „Du sollst sie haben.“
    „Ferner fertigst du mir einen Empfehlungsbrief aus, des Inhalts, daß alle Mitglieder der Kadirine mir Schutz und Unterstützung zu erweisen haben.“
    „Ich werde ihn schreiben.“
    Das sagte er ebenso schnell wie seine vorherigen Antworten. Ich glaubte, viel verlangt zu haben. Durfte ich seiner so raschen Zusage Vertrauen schenken? Er sah mich in einer Weise, welche mich bedenklich machte, von der Seite an. Dieser versteckte Blick schien einen Hinterhalt zu bedeuten. Doch hatte ich keine Zeit zum Überlegen, was jetzt auch zu nichts führen konnte, und fuhr also fort:
    „Und endlich setzen wir eine kurze Schrift auf, welche die Erzählung dessen enthält, was heute hier gesehen ist. Diese Schrift hast du zu unterzeichnen.“
    Da fuhr er ergrimmt auf:
    „Beim Leben des Propheten, das tue ich nicht!“
    „Schwöre nicht bei Mohammed, denn du wirst und kannst diesen Schwur nicht halten!“
    „Ich halte ihn. Warum soll ich mich unterschreiben? Was willst du mit dieser Schrift machen?“
    „Wenn du dich nicht feindlich zu uns verhältst, wird kein Mensch sie zu sehen bekommen; aber wenn du uns zu schaden trachtest, werden wir Gebrauch von derselben machen.“
    „Was werdet ihr machen, wenn ich es nicht tue?“
    „Es gibt hier in Kahira noch andere Verbrüderungen, deren Mokkadems ich sofort kommen lassen werde. Diese Männer sollen dich hier sehen und von uns erfahren, auf welche Weise du zu uns gekommen bist. Dann wird man bald allüberall erfahren, daß deine Frömmigkeit im Nachahmen der Gespenster besteht.“
    Das war der letzte aber auch der höchste Trumpf, den ich auszugeben hatte, und die erwartete Wirkung blieb nicht aus. Er starrte eine Weile vor sich nieder, dann rief er aus:
    „Ich muß mich erheben; ich kann jetzt nicht sitzen bleiben!“
    Er sprang auf und schritt in großer Erregung im Zimmer hin und her. Dann blieb er vor mir stehen und fragte:
    „Und wenn ich das alles tue, was ihr von mir fordert, werdet ihr uns beide dann ungehindert gehen lassen?“
    „Ja.“
    „Und die letzte Schrift erst dann vorzeigen, wenn ihr die Bemerkung gemacht habt, daß ich euch zu Schaden trachte?“
    „Ja.“
    „Bei meiner Seele und bei den Seelen meiner Ahnen, du bist ein Mensch, vor dem man sich zu hüten hat.“
    „Du zählst deine Ahnen bis hinauf zum Propheten, denn du trägst den grünen Turban, außer wenn du Gespenster machst. Du würdest, falls du dich weigertest, auf meine Forderungen einzugehen, den Gesandten Allahs beschimpfen. Hüte dich!“
    „Der Tag deiner Geburt ist ein Unglückstag für mich. Ich werde mich fügen und deinen Wünschen nachkommen. Schreibe also, was du zu schreiben hast! Ich werde meinen Namen dazu setzen.“
    Mit diesem Entschluß ging seine Aufregung zu Ende; er setzte sich wieder nieder. Ich tat dasselbe, und Murad Nassyr brachte mir, Papier, Tinte und eine Rohrfeder. Es dauerte einige Zeit bis ich Abd el Barak die drei Schriftstücke vorlegen konnte. Er unterschrieb sie, ohne sie durchzulesen, gab sie mir zurück und rief tief aufatmend, indem er sich von seinem Sitz erhob:
    „So jetzt sind wir fertig. Nun bindet diesen Mann hier los, und laßt uns fort!“
    Wir befreiten das Gespenst Nummer Zwei von den Stricken und begleiteten die beiden bis hinaus an die Haustür, deren Riegel Selim zurückschob. Als Abd el Barak den Fuß auf die Gasse gesetzt hatte, drehte er sich zu uns um, machte mir eine Verbeugung und sagte in spottendem

Weitere Kostenlose Bücher