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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ton:
    „Gott behüte dich, Gott bewahre dich; hoffentlich sehe ich dich in kurzer Zeit wieder!“
    Dann schritt er mit dem anderen ‚Gespenst‘ von dannen. Ich kehrte in mein Zimmer zurück, und Nassyr begab sich hinauf zu seiner Schwester, welche jedenfalls außerordentlich gespannt auf seine Erzählung war. Die Papiere steckte ich zu mir, denn es fiel mir gar nicht ein, sie dem Türken in Verwahrung zu geben. Ich traute ihm nicht die nötige Umsicht zu, und aus dem Verhalten Abd el Baraks, ganz besonders aber aus der Art seines ironischen Abschiedes war zu schließen, daß er allerlei Hintergedanken hegte, welche uns zur Vorsicht mahnten. Dann kam Selim, um sich zu erkundigen, ob ich ihn noch brauche oder er sich wieder niederlegen dürfe.
    „Einige Fragen sollst du mir beantworten“, entgegnete ich ihm. „Hast du ein Schiff für mich gefunden, welches heute von Bulak nilaufwärts geht?“
    „Ja; ich habe das beste und schnellste ausgesucht, Effendi, und für dich und die Neger Platz bestellt.“
    „Das hast du gar nicht klug gemacht. Man braucht nicht schon jetzt zu wissen, ob ich allein komme oder nicht. Hast du gesagt, wer ich bin?“
    „Ich mußte es sagen, da der Kapitän mich danach fragte.“
    „Was ist's für ein Schiff?“
    „Eine Dahabiëh, welche sehr schnell zu segeln scheint, da man ihr den Namen ‚Semek‘ (Fisch) gegeben hat.“
    „Sei aufrichtig! Es hängt vielleicht sehr viel davon ab, daß du mir die Wahrheit sagst. Ich werde dir nicht zürnen, falls du geplaudert hast.“
    Er legte beide Hände auf das Herz und versicherte im Ton der größten Aufrichtigkeit:
    „Effendi, beleidige nicht meine fromme Seele, indem du glaubst, daß ich dich belüge! Du bist der Freund meines Herrn, und darum diene ich dir ebenso treu wie ihm. Warum hätte ich plaudern sollen? Ich bin als Sohn der Verschwiegenheit geboren, und aus meinem Mund gehen nur solche Reden, welche Allah und den heiligen Kalifen wohlgefällig sind. Ich schwöre dir zu, daß ich kein Wort gesagt habe!“
    „Gut!“ meinte ich, obgleich ich seine Wahrheitsliebe sehr bezweifelte. „Wann wird die Dahabiëh den Ankerplatz verlassen?“
    „Um drei Uhr. Du weißt wohl, daß dies die Aufbruchszeit jedes gläubigen Moslem ist.“
    „Und wo liegt sie? Gibt es ein Kaffeehaus in der Nähe, von welchem aus man sie sehen kann?“
    „Gar nicht weit von der Stelle, an welcher sie angehängt ist, befindet sich ein Kaffeehaus, vor welchem man sitzen und ihr Deck leicht überblicken kann. Willst du vielleicht dorthin gehen? Ich werde es dir zeigen.“
    „Nein, ich habe diese Absicht nicht. Ich bedarf deiner nicht mehr. Ich hoffe, daß du die Wahrheit gesagt hast, und gebe dir zu bedenken, daß man einem Lügner nur schwer wieder Vertrauen schenkt!“
    „Richtig, sehr richtig!“ stimmte er mir bei, indem er den Kopf so tief verneigte, daß der Außenrand seines Riesenturbans fast den Boden berührte; dann ließ er mich allein.
    Nach einiger Zeit suchte mich Nassyr noch einmal auf. Er hatte das Bedürfnis, das Geschehene von neuem durchzusprechen, und dabei zeigte es sich, daß er geneigt war, Abd el Barak jetzt für unschädlich zu halten.
    „Er hat gesehen, wie ernst es uns ist“, sagte er, „er hat sich unterschrieben und wird sich hüten, uns zu zwingen, von den Waffen, welche wir gegen ihn in den Händen haben, Gebrauch zu machen.“
    „Das denke ich nicht. Zunächst wird er sich Mühe geben, sie uns wieder zu entwinden. Er ist zu allem fähig. Haben Sie nicht den Ton beachtet, in welchem er von uns Abschied nahm?“
    „Das war Ärger.“
    „Nein, sondern Hohn. Auch fällt mir die Leichtigkeit und Schnelligkeit auf, mit welcher er sich zur Unterschrift des Empfehlungsbriefes bereit erklärte. Jedenfalls hat er sich dabei in einen Hinterhalt gelegt, welchen wir vielleicht noch kennenlernen werden. Zudem bin ich überzeugt, daß Selim ihm mitgeteilt hat, daß ich heute Kahira verlassen werde. Es gilt die Dahabiëh zu beobachten, ob Abd el Barak sie vielleicht besucht.“
    „Wer soll das übernehmen?“
    „Ich nicht, da es sich ja um mich handelt. Selim ist nicht zuverlässig, und Ihren Neger können wir auch nicht damit betrauen.“
    „So muß ich selbst gehen; das wird das Beste sein.“
    „Allerdings. Das Schiff heißt ‚Semek‘ und kann von einem nahe liegenden Kaffeehaus leicht überblickt werden. Die Aufgabe erfordert Wachsamkeit, und darum möchte ich Ihnen raten, jetzt wieder zur Ruhe zu gehen. Es gibt keine Gespenster

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