Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
ihm der Muza'bir das Messer in das Herz.“
    „Einstweilen noch am Leben? Also sterben soll er später doch?“
    „Ja, aus Strafe für das, was er gegen den Mokkadem gesündigt hat.“
    „Wann und wo?“
    „Das ist noch unbestimmt. Wie ich dir schon sagte, wird er jetzt nur um deinetwillen geschont, weil du ein treues Mitglied der Kadirine und ein Schützling Abd el Baraks bist; aber auf Taten, wie die seinigen sind, muß der Tod erfolgen. Für heute behält er sein Leben, aber es hängt an einem dünnen Haar, welches bei der nächsten Gelegenheit zerrissen wird.“
    „Wohl in Siut, wo er aussteigen und auf den Türken warten will?“
    „Das kann ich nicht sagen, denn man muß sich nach den Umständen richten, und wir wissen nicht, ob sie dort günstig für uns sein werden.“
    „Dann entgeht er euch, da er euch dort aus den Augen ist.“
    „O nein. Du weißt doch, daß es noch unbestimmt ist, wie weit du mich mitzunehmen hast. Ich will offen sein und dir sagen, daß ich den Befehl habe, bei dem Giaur zu bleiben.“
    „Du sollst ihn beobachten?“
    „Ja. Ich darf ihn nicht aus den Augen lassen. Ich muß so höflich und aufmerksam gegen ihn sein, daß ich sein Vertrauen erwerbe; dann wird es mir nicht schwer fallen, ihn so weit zu bringen, daß er mich als Diener bei sich behält.“
    „Der Plan ist gut, und ich werde dich ihm sehr empfehlen. Aber sollst auch du es sein, der ihn dann tötet?“
    „Nein. Der Mokkadem hat den Wunsch, ihn sterben zu sehen, um ihm in seinem letzten Augenblick den Fluch eines gläubigen Moslem nachschleudern zu können.“
    „Aber der Mokkadem befindet sich doch hier in Kahira!“
    „Heute, ja; aber er wird auch nach dem Süden gehen, nach Khartum und noch weiter.“
    „Wohl im Interesse der heiligen Kadirine?“
    „Ja. Er hat einen Brief erhalten, welcher diese Reise zur Notwendigkeit macht. Es gibt dort einen außerordentlich frommen und gelehrten Fakih (mohammedanischer Mönch), welcher in die Kadirine getreten ist und einen großen Plan ausgedacht hat, den heiligen Islam über die ganze Welt zu verbreiten. Er heißt Schech Mohammed Achmed oder Achmed Suleiman; ich weiß es nicht mehr genau, und sein Plan soll von großer Wichtigkeit sein und, wenn er zur Ausführung kommt, unsere Kadirine zu solchem Glanz bringen, daß der Mokkadem sich entschlossen hat, dem Ruf dieses Mannes zu folgen und ihn zu besuchen, um alles weitere mit ihm zu besprechen. Du siehst also, daß Abd el Barak nicht in Kahira bleiben, sondern auch nach Khartum gehen und dort diesen Christenhund treffen wird. Vielleicht begegnet er ihm schon früher. Ich werde dafür sorgen, daß es geschieht, denn ich weiß, mit welchem Schiff der Mokkadem fahren wird.“
    „Was ich da höre ist von großer Wichtigkeit. Ja, nun begreife ich, daß es nicht nötig ist, diesen Giaur hier auf meiner Dahabiëh umzubringen. Da oben im Süden haben die fremden Konsuls nicht die Macht wie hier, und es bekümmert sich kein Mensch um das Verschwinden eines ungläubigen Hundes. Der Mokkadem wird sicherlich in Siut anlegen und aussteigen. Wenn du den Giaur so lange festhalten kannst, so wird es dir leicht sein, ihn in die Hände Abd es Baraks zu liefern, und ich hoffe, daß es ihm nicht gelingen wird, der Rache desselben zu entkommen. Aber sage, darfst du davon sprechen? Die drei Schriften, welche ihm abgenommen werden sollen, müssen von großer Wichtigkeit sein. Kennst du ihren Inhalt?“
    „Nein. Der Muza'bir wird ihn kennen, da er die Papiere zu lesen und zu prüfen hat, ob es die richtigen sind. Mir aber hat der Mokkadem nichts anvertraut, denn –“
    Er wurde unterbrochen. Es kam ein Mann, welcher eine Laterne in der Hand hielt, an Bord, jedenfalls der eben erwähnte Muza'bir, der erwartete Gaukler und Taschendieb. Er hatte die Laterne unten weg- und mit an Bord genommen. Mit derselben umherleuchtend, erblickte er die drei, kam auf sie zu und grüßte:
    „Massik bilchair!“
    „Ahla wa fahla wa marhaba!“ antwortete der Raïs.
    „Marhaba!“ fielen die beiden andern ein.
    Man pflegt gewöhnlich nur das Wort Marhaba zu sagen, welches dann ‚Willkommen‘ bedeutet. Daß der Kapitän sich der ausführlichen Formel bediente, ließ erraten, welchen Respekt er vor diesem ‚größten Taschendieb‘ Ägyptens hatte. Ich mußte mir den Gaukler und Gauner betrachten und schob den Kopf ein wenig vor. Er setzte die Laterne auf den nächsten Tabakballen, und das Licht derselben fiel hell auf sein Gesicht und seine Gestalt. Er

Weitere Kostenlose Bücher