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2721 – Der Paradieb

2721 – Der Paradieb

Titel: 2721 – Der Paradieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Perry Rhodan
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einem schlammigen, stinkenden Tümpel voller Schlingpflanzen, Blutegel und massenhaft weiterer ekliger Flora und Fauna aufgetaucht.
    Zum ersten Mal konnte sie annähernd nachempfinden, wie es ihrem kleinen Bruder erging, wenn er einen seiner immer häufiger auftretenden Anfälle hatte. Wenn ihm vorkam, als wende sich die ganze Welt gegen ihn, als wolle ihm jedermann und jedes Ding ans Leder.
    Noch nie zuvor hatte sie etwas davon konkret mitbekommen. Meist hatte ihre bloße Anwesenheit genügt, um die Visionen schon im Ansatz abzustellen. In letzter Zeit war sie manchmal genötigt gewesen, ihre Gabe bewusst etwas höher dosiert einzusetzen; aber dann hatte sie Muaz' Trugbilder stets rasch verjagt.
    Diesmal jedoch war sie zu schwach gewesen.
    Warum?
    Sie konnte es sich nur so zusammenreimen, dass sie einer Übermacht an negativen Emotionen erlegen war. Muaz allein vermochte sie nach wie vor zu stabilisieren; das wurde dadurch bewiesen, dass die Halluzinationen abklangen, seit Bouring sie in den Gang geschickt hatte.
    Also musste der zusätzliche verderbliche Einfluss von Gucky gekommen sein.
    Ausgerechnet von Gucky! Shadin mochte es kaum glauben.
    Der Ilt war ihrer aller Vorbild, ein unerreichbarer Leitstern. In der Aula des TIPI stand seine Büste, lebensgroß, also nicht sonderlich imposant, wenn auch an prominenter Stelle.
    Es hatte sich über die Jahre eingebürgert, dass man vor einer schwierigen Prüfung oder wenn man eine persönliche Krise durchmachte, den Marmor-Ilt hinter den Ohren kraulte. Symbolisch; das hatte nichts mit Aberglauben zu tun.
    Obwohl Shadin zumindest den dicken Etmissl dabei hatte murmeln hören: »Gucky, gib mir etwas von deiner Kraft« ...
    Was war vorhin in diesem Labor geschehen? Die namenlosen Dämonen, die Muaz seit zwei, drei Wochen peinigten, hatten ihn erneut bedrängt. Shadin hatte sie abgewehrt, mittlerweile fast schon routiniert.
    Dann war Gucky auf den Plan getreten.
    Gucky!
    Ihm gegenüber hegten Zöglinge des TIPI mancherlei Gefühle, aber gewiss kein Misstrauen. Sowohl Shadin als auch Muaz hatten alle Schranken fallen lassen.
    Dann musste es zu einer paramentalen Rückkopplung gekommen sein. Schließlich war der Mausbiber einer der stärksten jemals dokumentierten Telepathen. Man erzählte sich, dass er früher die Gedanken der Bewohner ganzer Sonnensysteme auf einmal geespert hatte!
    »Da ist etwas ... ganz gewaltig ... schiefgelaufen«, mümmelte Muaz. Es waren die ersten verständlichen Silben, die er seit der Begegnung mit dem Ilt und Professor Bouring herausbrachte.
    Shadin spürte, dass der Anfall verebbte. Sie musste ihren Bruder nicht mehr mitschleifen, er setzte wieder einigermaßen zielsicher einen Fuß vor den anderen.
    An der nächsten Gangkreuzung streifte er ihren Arm ab und blieb stehen. »Alle Himmel! Wie konnte das passieren?«
    »Ich frage mich dasselbe, Bruderherz. Bist du wieder ...«
    »Das alte, sonnige Selbst. Muaz Riocourt, Hoffnungsträger und amtierender Vorsitzender des halb offiziellen Balton-Wyt-Fanklubs von Terrania City. Bloß hochgradig irritiert.«
    »Da sind wir schon zwei.«
    »Ich habe mir Gucky nicht eingebildet, oder? Er ist nicht meinen Wahnvorstellungen entsprungen?«
    »Nein. Er war da.«
    »Und Severin?«
    »Der nicht.«
    »Komisch.« Muaz drehte den Kopf, dass die Halswirbel knackten, fegte sich eine Haarlocke aus der Stirn und sagte: »Das kürzeste bisherige Intervall zwischen meinen vermaledeiten Angstzuständen betrug vierzig Minuten. Also haben wir alle Zeit der Welt. Wir sollten zurückgehen und Bouring und Gucky nochmals zur Rede stellen.«
    »Das halte ich für keine gute Idee.« Shadin schauderte. Diesen Moment würde sie sich ihr Leben lang merken: als den Tag, die Stunde, den Augenblick, in dem sich ein Pfeiler ihrer Weltsicht ins Gegenteil verkehrte.
    Nie hätte sie gedacht, dass sie sich jemals vor Gucky fürchten würde!
    Der Ilt selbst nahm ihnen die Entscheidung ab. Er kam auf sie zugestürmt, so rasant, dass die kurzen, krummen Beine kaum den Boden berührten, und krächzte schrill: »Aus dem Weg! Marsch in die Quergänge mit euch, wenn euch euer Leben lieb ist, und keine Fragen! Bahn frei!«
    Sein putziges Gesicht war zu einer Fratze verzerrt. Shadin löste sich aus ihrer Schockstarre und befolgte die Anweisung.
    Muaz ... nicht.
     
    *
     
    Er ahnte, dass er einen Fehler begangen hatte. Zwar verschwammen die Ränder von Guckys Wahrnehmung auf beunruhigende Weise, und ein ums andere Mal verschob sich die Perspektive,

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