2721 – Der Paradieb
Kleinen hinab. »Es mag ein schwacher Trost sein, aber mit dieser Folgewirkung mussten wir rechnen. Ich befürchte schon länger, dass die paramentale Verbrennung dich zumindest vorübergehend deiner Psi-Fähigkeiten beraubt hat. Dein Bewusstsein hat sich während des Komas gewissermaßen neu konfiguriert.«
»Kannst du ...« Der Mausbiber schluchzte so herzzerreißend auf, dass er kaum verständlich war. »Könnt ihr das wieder rückgängig machen?«
»Offen gesprochen, ich weiß es nicht.«
»Mann! Ohne meine Fähigkeiten bin ich ... nichts. Ein unsterbliches, unnützes Plüschpüppchen!« Seine Verzweiflung war fast mit Händen zu greifen.
»Umgekehrt liegen keinerlei Beweise dafür vor, dass der Verlust unwiederbringlich wäre.« Der Professor half Gucky auf die Beine. »Jetzt wollen wir dich erst einmal gründlich untersuchen.«
*
Bouring justierte die Analysegeräte. Er begann mit Messungen im ultrahochfrequenten Bereich des Hyperspektrums, wo in einem Ausschnitt von lediglich einigen Hundert Megakalup die Psi-Kräfte angesiedelt waren.
Die Ergebnisse bestätigten, dass sich Guckys grundsätzliches Parapotenzial gewaltig erhöht hatte. Er loderte geradezu. Jedoch zeigten sich im sogenannten Zuckerman-Spektrum keine deutlichen Peaks mit großen Amplituden, die auf starke Einzelfähigkeiten hingedeutet hätten.
Das Zuckerman-Spektrum, eines der wichtigsten Hilfsmittel bei der Erforschung von Paragaben, unterschied sich von Spezies zu Spezies und sogar von Individuum zu Individuum. Man nahm deshalb an, dass es auch weitere Charakteristika von Lebewesen abbildete; dass also die restlichen, nicht differenzierbaren Bereiche solchen Eigenschaften wie der Intelligenz, der Frustrationstoleranz, der geistigen Verfassung et cetera entsprachen.
Guckys ursprüngliche Zuckerman-Diagramme lagen in der Startac selbstverständlich vor. Beim Vergleich der Aufzeichnungen mit den aktuellen Werten ergaben sich, abgesehen von den fehlenden Peaks, nur geringe Abweichungen. Ob und wie sich diese in der Psyche des Mausbibers niederschlugen, konnte freilich erst die Zukunft erweisen.
»Fest steht, dass du momentan keine konkrete Parafähigkeit besitzt«, sagte Bouring, jedes Wort mit Bedacht wählend. »Mit der Betonung auf ›momentan‹. Ansonsten scheinst du den Unfall und das lange Koma wohl dank deines Zellaktivators erstaunlich gut überstanden zu haben.«
»Und wennschon. Lieber wäre ich gar nicht aufgewacht als so, so ... nutzlos!«
»Das darfst du nicht sagen. Hab Geduld, Gucky Vertrau uns. Die besten Spezialisten der Galaxis werden sich um dich kümmern.«
»Geduld war noch nie eine meiner Stärken.« Was unter anderen Umständen als Scherz verstanden worden wäre, kam als bittere Selbstanklage daher.
Bouring grübelte, wie er dem vorbeugen könnte, dass die verständliche Niedergeschlagenheit des Ilts in eine chronische Depression ausartete. Ihn medikamentös zu therapieren würde eine heikle Angelegenheit werden. Psychopharmaka ließen sich schwer richtig dosieren, wenn die Vergleichswerte fehlten.
In seine Überlegungen platzte Severin Fock: »Warum behelfen wir uns nicht mit den speziellen Ressourcen des TIPI?«
»Wie?«
»Gucky benötigt dringend Aufmunterung. Wenige Stockwerke über uns befindet sich eine Person, die in der Lage ist, jedermann zu euphorisieren.«
»Du meinst ...«
»Shadin Riocourt, genau. Sie steht ihrem Bruder bei, der in der Klinik behandelt wird. Funk sie an!« Der Junge blühte förmlich auf vor Begeisterung über seine Idee.
»Wir müssten sie ins Vertrauen ziehen.«
»Äh ... Ehrlich gesagt wissen die Riocourts bereits von Gucky.«
»Was?«
»Ich habe mich verplappert. Tut mir leid.«
Bouring beugte sich den Tatsachen. »Na, hoffentlich können sie den Mund halten.« Leicht verärgert eruierte er übers Kliniknetz Shadins Aufenthaltsort, kontaktierte sie und bat sie, zu ihnen ins Labor zu kommen.
Währenddessen hatte Fock sich näher an den Mausbiber herangewagt und leise auf ihn eingeredet. »Hast recht, einen Versuch wäre es wert«, antwortete dieser mit flacher Stimme.
»Was ist mir entgangen?«
»Professor, ich habe Gucky vorgeschlagen, mit mir einen Parablock zu bilden.«
»Also, ich weiß nicht ...«
Der Junge war nicht zu bremsen. »Dass wir inzwischen einen Draht zueinander haben, steht außer Frage, oder?«
»Richtig, aber ...«
»Wenn wir unsere Kräfte bündeln, kann ich ihm vielleicht helfen, sein Bewusstsein zu rekonfigurieren. Jetzt gleich.
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