2721 – Der Paradieb

weitere Todesopfer unter allen Umständen zu verhindern.«
    »Diese durchaus ehrenhaften Gedanken kann ich nachvollziehen. Aber du vergisst etwas Wesentliches.«
    »Nämlich?«
     
    *
     
    Der Ilt lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Knopfaugen funkelten, jedoch nicht wie in den alten Bilddokumenten vor Lebenslust und Übermut, sondern vor grimmiger Entschlossenheit.
    »Muaz und Severin«, sagte Shadin langsam und leise.
    »Zwei Narben auf meiner Seele.«
    »Ja. Ja, genau! Denn in dir, nur in dir leben sie weiter, wenigstens Teile von ihnen, in Gestalt ihrer Begabungen. Sie haben ein Recht darauf, dass du ... dass du nicht so einfach ... verschwindest.«
    »Das ist pervers. Ich habe ... ihnen die Lebensenergie entrissen, ihr Psi-Potenzial, ihre Zukunft.« Gucky schlug sich mit den Fäustchen so heftig gegen die pelzigen Schläfen, dass es knallte und Schweißtropfen in alle Richtungen spritzten.
    »Unabsichtlich.«
    »Na und? Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.«
    »Sagt wer?«, bohrte Shadin nach. »Dein ... Gewissen? Oder fühlst du dich doch noch den tradierten Konventionen verfangen?«
    »Ich sehe, worauf du abzielst. Ein Punkt für dich. Trotzdem ist schlussendlich alles, was wir hier und jetzt reden, müßig. Ich will leben, natürlich. Selbstaufgabe liegt mir fern, prinzipiell. Gründe, mich feige aus der Handlung zu schleichen, hätte ich wahrlich schon genügend gehabt.«
    »Aber?«
    »Ich bin eine Gefahr, eine tödliche Gefahr für alle Mutanten. Ein unachtsamer Moment und – zack! Nächster Grabstein.«
    »Nein.«
    »Wer auch nur einen Hauch von Psi-Gaben besitzt«, schrillte Gucky, »stirbt, sobald ich ihn oder sie berühre!«
    »Nein«, wiederholte Shadin. Auf einmal war sie sich völlig sicher. »Du kannst lernen, es zu kontrollieren. Oder der Teil meines Bruders Muaz in dir; oder das psionische Relikt von Severin Fock, der ein Musterbeispiel für Selbstbeherrschung war und sogar mit seiner Blindheit zu leben gelernt hat.«
    »Schwachsinn.«
    »Du«, sagte Shadin Riocourt, »bist nicht irgendjemand, sondern Gucky. Du hast die Kontrolle über deine Fähigkeiten, seien sie auch noch so neu und schmerzlich erworben. Ich kann's dir beweisen.«
    »Sei still. Bleib mir vom Leib, oder ich ...« Er tippte an die Stelle unterhalb des Schlüsselbeins, wo der Zellaktivatorchip saß.
    »Pssst, sei selber still.« Shadin stand auf, schob einen im Weg stehenden Stuhl beiseite und ging langsam auf den Mausbiber zu. »Gib mir die Hand.«
    »Bist du verrückt? Es wäre dein Ende!«
    »Reich mir deine Hand!« Sie war sich bewusst, dass sie ein hohes Risiko auf sich nahm. Zugleich fielen alle Trauer und alle Sorgen von ihr ab.
    Mach bitte keine Dummheiten, echote Bourings Ermahnung in ihr. Hatte der Professor geahnt, wozu sie sich hinreißen lassen würde?
    »Falls du glauben solltest«, krächzte Gucky, »dass du dich auf diese Weise mit deinem Bruder wiedervereinigen könntest – vergiss es. Er ist tot. Severin Fock ist tot. Nichts bringt die zwei armen Jungen wieder zurück.«
    Schlagartig mobilisierte Shadin ihre Psi-Kraft, die sie bis zu diesem Augenblick wohlweislich unterdrückt hatte. Sie überschwemmte den Ilt mit positiven Emotionen.
    »Gib mir deine Hand, Gucky. Du wirst sehen, es tut nicht weh.«
    Seine Augen verschleierten sich, und er gehorchte.

Epilog
    Die Verfolger
     
    Wir sind die vier Eroberer, das geheime, unbesiegbare Korps des Hohen Tamrats Vetris-Molaud, des zukünftigen Herrschers dieser Galaxis.
    Dass unser Einsatz bisher nach Plan verlaufen ist, hat der designierte Meister der Sterneninsel längst erfahren. Dem diente die Art, wie wir die Scharade im Hotel Croesus Terrania beendet haben.
    Selbstverständlich wurde der vermeintliche, bedauerliche Unfalltod der Familie Rossi in deren Heimat weitergemeldet, nach Tefor. Somit weiß Vetris dreierlei: einerseits, dass wir gut vorankommen, und andererseits, dass Perry Rhodan auf Terra weilt, wir ihn aber noch nicht exakt aufspüren konnten. Andere vorab vereinbarte »Todesfall-Arten« hätten für andere Botschaften gestanden.
    Wir sind die vier Eroberer, Spezialagenten des Tamaniums, und überlassen nichts dem Zufall. Unsere erste Tarnung war so perfekt wie nur möglich; dennoch sichern wir uns lieber doppelt und dreifach ab, indem wir alle paar Tage in neue Identitäten schlüpfen. Der TLD schläft nicht.
    Unsere Mission muss gelingen. Schließlich ist sie von äußerster Wichtigkeit für den Tamaron.
    Vetris hat