277 - Xij
einem Hocker und behielt Xij im Auge, die den Schlaf der erschöpften Gerechten schlief und eine Kunststoffschachtel an ihren flachen Busen presste.
Aruulas überraschende Eröffnung, dass das Kerlchen eine Frau war, hatte Matt noch nicht ganz verdaut. Er war schon anderen androgynen Typen begegnet, aber so was… Wusste Axya, dass es ihrem »Bräutigam« an gewissen Dingen mangelte? Hatte Xij deswegen so verlegen gewirkt? Nun ja…
»Wie geht's ihr?«
Aruula schaute auf. Auch sie sah verdammt müde aus, was kein Wunder war, denn sie hatten beide seit zwei Tagen kein Auge zugemacht.
»Sie redet im Schlaf.«
»Was redet sie?«
»Es sind fremde Sprachen. Keine ganzen Sätze. Nur einzelne Worte und Fetzen.« Aruula zuckte die Achseln. »Wenn ich etwas verstehe, handelt es fast immer vom Tod.« Sie runzelte die Stirn. »Und sie stößt oft Verwünschungen aus.«
»Gegen wen?«
»Sie nennt selten Namen. Bislang habe ich nur den ihres Onkels zuordnen können: Friedjoff. Und den seines Vasallen Thodrich.« Sie stand auf.
»Könntest du nicht noch mal…?« Matt sprach es nicht aus, aber Aruula wusste sofort, was er meinte.
»Lieber nicht…« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Als ich Xij nach dem Kampf in der Höhle belauscht habe, wollte ich nur wissen, ob sie durch den Biss vergiftet wurde.« Sie schaute auf. »Es ist mir… nicht gut bekommen.«
»Inwiefern?« Matt runzelte die Brauen.
»Etwas… hat mich gestochen .« Aruula schaute ihn hilflos an. »Es kam mir jedenfalls wie ein Stich vor. Ich weiß nicht, ob sie ihn mir versetzt hat oder meine Erschöpfung daran schuld war.« Sie streckte sich und gähnte. »Apropos Erschöpfung: Ich muss jetzt schlafen, Maddrax, sonst falle ich tot um.«
Matt nickte. »Ja, leg dich hin. Ich übernehme.« Er zog Aruula an sich und gab ihr einen Kuss. Sie erwiderte ihn. Gleich darauf lag sie in der oberen Koje.
Sie schlief sofort ein. Matt merkte es an ihrem regelmäßigen Atmen.
Er übernahm ihren Platz. Er hatte sich kaum hingesetzt, als Xij eine ganze Wortsalve ausstieß: Matt verstand deutsche, französische, englische, spanische, russische und niederländische Brocken. Nichts ergab einen Sinn. Vieles war auch nur genuschelt. Er verstand den Namen Kit Lambert und fühlte sich an Major Compart erinnert, einen deutschen Flieger aus dem Luftwaffenamt in Porz-Wahn. Compart hatte ständig von einem Sound geschwärmt, der ihn als Schüler begeistert hatte. Von ihm wusste Matt, dass Kit Lambert der Entdecker der britischen Band »The Who« gewesen war - in den frühen sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts!
Wie, um alles in der Welt, kam Xij auf diesen Namen?
»Und auch«, sagte die junge Frau plötzlich ganz deutlich und schlug die Augen auf, »in Agartha.«
Matt starrte sie an. Ihre Augen standen offen, aber sie schien trotzdem nicht erwacht zu sein. Ihr Blick ging ins Leere.
»Was ist aus Kit geworden?«, schoss Matt einen Pfeil ins Blaue ab.
»Keine Ahnung«, nuschelte sie. »Ich hab ihn nicht überlebt.« Xij schloss die Augen und war wieder weg.
Matt spürte erst nach einer ganzen Weile, dass sein Mund offen stand. Da er wusste, wie behämmert man in diesem Zustand aussieht, machte er ihn zu.
Sie hatte ihn nicht überlebt ? Was, um alles in der Welt, hatte diese kryptische Antwort nun wieder zu bedeuten? Kit Lambert hatte fünf Jahrhunderte vor ihr gelebt…
Matt stand auf. Er schüttelte den Kopf, um ihn von den verrückten Gedanken zu befreien, die ihn überfielen. Er wusste, wie es einem Menschen zumute war, den man nicht schlafen ließ.
Xij war fraglos verwirrt, und er auch. In einem solchen Zustand - außerdem hatte sie noch einen Schock zu verarbeiten - redete man krauses Zeug wie ein Schlafwandler. Aber… was hatte sie mit »Agartha« gemeint? Er hatte auch dieses Wort schon mal gehört. Oder gelesen? Er hatte das Gefühl, dass es der Name eines mystischen Ortes war. Ja, er kannte es bestimmt aus irgendeinem Märchenbuch. Als Schüler hatte er Fantasy-Schwarten im Dutzend gelesen.
Sie waren alle reichlich durcheinander und mussten dringend wieder an die frische Luft.
***
Proto summte leise vor sich hin. Die Ortung hatte Matt gezeigt, dass seine Vermutung bezüglich der Rampe richtig war: Hinter dem Schott, das so verbogen war, dass man es weder maschinell noch von Hand öffnen konnte, befand sich eine etwa einen Meter dicke Schicht aus Erde und Gestein.
Ein Panzer dieses Kalibers hatte sicher kein Problem, das Hindernis aus dem Weg zu räumen.
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