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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verlassen hatte. Die Gefangenen lagen da, wo sie vorher lagen; die anderen ebenso. Um zu demjenigen zu kommen, den ich für Hafid Sichar hielt, mußte ich den Wächter unschädlich machen. Die Sättel lagen in zwei Haufen nebeneinander. Die Kamele lagen teils an der Erde, teils standen sie mit gefesselten Vorderbeinen am Wasser hin bei den Büschen oder im Gras, um zu fressen. Nach dieser Lage der Dinge galt es zu handeln. Ich kehrte also zunächst zu Ben Nil zurück, um diesen zu holen. Er schlich sich dann mit mir so nahe heran, wie es bei seinem Mangel an Übung geraten war; dann mußte er das Lager umgehen, um jenseits desselben, wo sich die Kamele befanden, auf mich zu warten. Ich bezeichnete ihm einen Baum, hinter dessen Stamm er sich zu verstecken hatte. Dann kroch ich wieder zu den Gefangenen hin.
    Als mich höchstens noch zehn Schritte von denselben trennten, hielt ich an und lauschte. Sie schienen alle zu schlafen, was freilich kein Wunder war, da sie, schlecht genährt und schlecht getränkt, während des ganzen Tages im Sonnenbrand marschiert waren. Nichts regte sich, und nichts bewegte sich; nur der Wachposten schritt noch immer hin und her. Er bewegte sich immer auf einer und derselben Linie. Ich näherte mich derselben soweit wie möglich, ließ ihn an mir vorüber, sprang dann auf, packte seine Kehle von hinten mit der linken und gab ihm mit der rechten Faust einen Hieb auf den Kopf. Er breitete die Arme aus und sank nieder. Auffälliges Geräusch war dabei nicht zu hören gewesen. Ich ließ die Linke vorsichtig locker. Er blieb still; er war besinnungslos. Ich hob ihn auf und trug ihn zu Ben Nil, der ihn bewachen sollte. Als ich dabei über eine vom Mond beschienene Stelle kam, fiel das Licht für einen Augenblick auf sein Gesicht, und ich sah zu meiner Verwunderung, daß es kein Takaleh, sondern der Baqquara-Araber war, der Bote, der Ibn Asl an Schedid gesandt hatte. Das war mir aus mehreren Gründen außerordentlich lieb.
    „Wen bringst du da?“ fragte Ben Nil leise, als ich zu ihm kam. „Ist es Hafid Sichar?“
    „Noch nicht. Es ist der Baqquara, welchen die Takaleh als Wächter zu den Gefangenen gestellt haben.“
    „Er war schlimm gegen uns und muß zum Schweigen gezwungen werden. Soll ich ihn erstechen?“
    „Nein. Wir nehmen ihn mit. Er ist ein Verbündeter Ibn Asls. Indem wir ihn an den Raïs Effendina ausliefern, erfüllen wir unsere Pflicht.“
    „Wenn wir ihn erstechen, erfüllen wir sie noch weit besser.“
    „Dann aber kann Schedid sich leicht sagen, wer hier gewesen ist. Nehmen wir ihn aber mit, so kommt er in den Verdacht, Hafid Sichar befreit und mit sich fortgenommen zu haben.“
    „Das ist sehr wahr, Effendi. Aber dann müssen wir auch gerade seinen Sattel und gerade sein Kamel haben!“
    „Das ist nicht nötig. Je besser die Kamele und die Sättel sind, welche wir mitnehmen, desto größer ist gegen ihn der Verdacht, sein geringes Eigentum mit Absicht gegen ein besseres vertauscht zu haben. Laß mich nur machen. Wir können uns Zeit nehmen; die Takaleh schlafen fest.“
    Der Baqquara wurde gebunden und bekam einen Knebel in den Mund. Dann kroch ich wieder zu den Gefangenen. Hafid Sichar, den ich suchte, war der vorderste am Seil gewesen, ein Umstand, welcher mir sehr günstig war. Ich hatte mir die Stelle, wo er lag, genau gemerkt und fand sie sehr leicht. Die Gefangenen lagen, noch immer an das Seil gefesselt, im Kreis. Sie schliefen, als wären sie tot. Nur einer schlief nicht, nämlich gerade derjenige, den ich suchte. Als ich, mit meinem Kopf bei dem seinigen angekommen, ihn mit dem Finger leise berührte, flüsterte er:
    „Effendi, bist du es?“
    „Ja.“
    „Allah! Ich habe dich erwartet. Mein Herz hämmerte vor Sorge, daß du vielleicht nicht derjenige seist, von dem ich Rettung erwarten kann.“
    Der Kreis der Gefangenen war so gebildet, daß sie mit den Füßen nach innen und mit den Köpfen nach außen lagen. Da ich mich, wie selbstverständlich, außerhalb dieses Ringes befand, lag ich, wie schon erwähnt, mit meinem Kopf vor dem seinigen, und er konnte mich nicht sehen. Ich erhob den Oberkörper, schob mein Gesicht über das seinige und raunte ihm zu:
    „Wie heißt du?“
    „Hafid Sichar aus Maabdah.“
    „Wie heißt dein Bruder?“
    „Ben Wasak.“
    „So bist du wirklich derjenige, den ich haben will. Ich grüße dich von deinem Bruder!“
    „O Himmel, o Allah! Was will –!“
    „Pst, still! Nicht so laut! Schlafen deine beiden Nachbarn?“
    „So

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