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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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besucht.“
    „Und welchem Umstand verdankt er den andern Namen?“
    „Es vergeht keine Woche, in welcher er nicht einen Menschen zerreißt und frißt. Er ist schon seit länger als einem Jahr in dieser Gegend.“
    „Hat man ihn denn nicht gejagt, nicht versucht, ihn zu erlegen?“
    „Gejagt? Was fällt dir ein! Allah behütet jeden Menschen vor diesem gewaltigen Fresser, welcher größer als ein Ochse und stärker als ein Elefant ist!“
    „Kennt man seinen Lagerplatz? Hat man ihn vielleicht mit einer Löwin oder mit Jungen gesehen?“
    „Nein. Darum besitzt er keine bestimmte Wohnung, schläft einmal hier und einmal dort und ist inzwischen von einem Brunnen zum andern unterwegs.“
    „Ah, also ein Wahdani (Einsiedler). Ich kenne diese einsamen, weil selbst gegen ihresgleichen feindseligen Tiere. Sie sind die allerschlimmsten. Wenn ein solcher einmal einen Menschen gefressen hat, so bleibt er bei dieser Nahrung und schlägt Tiere nur im Fall des allergrößten Hungers.“
    „Das ist richtig, Effendi, und so ein Menschenfresser ist dieser Vagabund von El Teitel. Es kommt sogar vor, daß er in einer Woche zwei verschlingt. Wann mag er hier gewesen sein?“
    „Vor vier oder fünf Tagen, wie ich aus der Trockenheit dieser Knochen ersehe.“
    „O Allah, das ist schlimm! so kann er heute wieder hier sein. Wenn er gestern oder vorgestern da gewesen wäre, befände er sich heute ganz sicher anderswo; nach so langer Zeit aber kann er seine Runde schon wieder beendet haben.“
    „Das hängt davon ab, wie viele Brunnen er besucht und ob er inzwischen wiederum ein Opfer gefunden hat. Er kann einen Menschen auf einmal nicht verzehren und geht erst dann, wenn er den letzten Markknochen zerschnitten hat, von dannen. Vielleicht hat er volle drei Tage hier gelegen.“
    „So ist Allah uns gnädig gewesen. Der Fresser hätte uns an einem unserer letzten Nachtlager überfallen können. Die Knochen sind vier Tage alt; drei Tage war er hier, also ist er erst einen Tag fort, und wir haben nichts zu befürchten.“
    „Dieser Schluß scheint richtig zu sein, kann uns aber täuschen. Der Löwe zieht, wie jedes andere Raubtier auch, den Ort, an welchem er Fraß fand, denjenigen Stellen vor, die er vergeblich aufsuchte. Er kann also leicht rascher, als du denkst, zurückkehren.“
    „Das mögen sämtliche Heiligen des Kalifates verhüten! Vielleicht befindet er sich gar noch hier und liegt in einem Hinterhalt!“
    „In diesem Fall hätte ich seine Spur gesehen. Dennoch müssen wir vorsichtig sein, da diese Einsiedler verschmitzt und hinterlistig sind und ihre Annäherung nicht wie andere Löwen durch Gebrüll verkünden. Sie schleichen sich vielmehr heimlich wie Panther an und springen lautlos auf ihr Opfer ein. Ich habe einst einen solchen verstockten Sünder geschossen, welcher nur einmal, und zwar vor Freude kurz aufbrüllte, als er auf unsere Fährte traf, und sich dann aber vollständig lautlos näherte.“
    „Was, Effendi, du hast auf einen Löwen geschossen?“
    „Schon auf mehrere.“
    „Und auch getroffen?“
    „Meine Kugel traf nur, als ich Anfänger im Schießen war, ihr Ziel zuweilen nicht.“
    „Und hast Löwen getötet?“
    „Ja.“
    „Mit wie vielen Schüssen?“
    „Mit einem. Nur ein einziges Mal waren zwei Kugeln nötig.“
    „Oh, Effendi, wie schön du lügst; nein, wie schön du lügst!“
    Es fiel mir gar nicht ein, ihm diesen Ausruf übelzunehmen, denn ich kannte ja die Art und Weise, in welcher die Wüsten- und Steppenbewohner den Löwen zu jagen pflegten. Ist sein Lager aufgespürt, so versammeln sich sämtliche Krieger eines Stammes oder auch mehrerer Stämme und reiten hin. Das Lager wird umstellt und mit Steinen beworfen; dabei brüllt jeder, so sehr und viel er kann, bis der aufgejagte Löwe erscheint. Jetzt krachen, ohne daß man es mit dem Zielen genau nimmt, alle Flinten. Die Kugeln gehen daneben; vielleicht trifft zufällig eine einzige, und das verwundete Tier springt brüllend auf die Menge ein, um einen Reiter oder zwei vom Pferd zu reißen und zu töten. Die andern springen zurück, um zu laden, bleiben dann halten und schießen wieder – mit demselben Erfolg. Der Löwe geht abermals vor und zerfetzt einen dritten. In dieser Weise folgt Salve auf Salve bis das Tier endlich mit völlig durchlöcherter Haut und nicht tödlich getroffen, sondern vom Blutverlust erschöpft, zusammenbricht, aber auch so und so viele Menschen den unrühmlichen Sieg mit ihrem Leben bezahlt haben. Die andern

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