28 - Im Lande des Mahdi II
kann dir gegenüber keine Rede sein“, lachte ich ihm in das Gesicht. „Ich würde mich nicht fürchten, wenn ich zehn Personen deinesgleichen gegenüberstände; hier aber bist du allein und hast außer mir noch zwanzig Asaker gegen dich.“
„Aber sie sind doch Moslemin?“
„Das sind sie allerdings.“
„So müssen sie doch für mich und nicht für dich sein! Wie kann ein Moslem dulden, daß einem andern Rechtgläubigen von einem Christen mit der Bastonade gedroht wird, ja, daß dieser sich sogar an ihm vergreift und ihn zu Boden wirft?“
Da stellte sich Ben Nil vor ihn hin und antwortete an meiner Stelle:
„Höre, wir haben diesen unseren Effendi von Herzen lieb und sind bereit, für ihn gegen jedermann zu kämpfen. Zehn und hundert Fakire el Fukara wiegen ihn in unserer Achtung nicht auf, und ich sage dir, daß du nicht der erste wärst, der, weil er ihn beleidigte, die Peitsche bekommen hat. Nimm dich also sehr in acht! Die Bastonade schwebt über deinem Haupt, und bei Allah, wenn du deinen Mund nicht hütest, senkt sie sich augenblicklich auf dich nieder!“
„Knabe!“ fuhr ihn der Fakir an. „Hüte du selbst deine Zunge! Was bist du und was sind zwanzig Asaker gegen die Anhänger, welche zu mir eilen, wenn ich meine Stimme erhebe!“
„Erhebe sie! Wir werden sehen, ob der Wald lebendig wird!“
„Das darfst du sagen, weil ich heute niemand bei mir habe; später aber kann ich euch zerquetschen, wie man Würmer mit dem Fuß zertritt!“
Die Soldaten ließen ein zorniges Murmeln hören; er aber kehrte sich nicht daran und fuhr fort:
„Indem ihr einem Christen gegen diese Moslemin dient, verleugnet ihr den Propheten. Habt ihr ein Recht, diese Rechtgläubigen gefangenzuhalten? Wenn sie Sklaven gefangen haben, wo steht denn im Koran, daß der Sklavenhandel verboten ist?“
Seine Absicht war, die Asaker gegen mich aufzuwiegeln, und er glaubte vielleicht, daß ihm dies gelingen werde. Ich hatte gar nicht nötig, ihn durch Zwischenreden in der Ausführung dieses Vorhabens zu hindern, denn Ben Nil, welcher das Wort nun einmal für die andern ergriffen hatte, antwortete ihm:
„Du kennst die Lage der Sache nicht. Ibn Asl, der Sohn dieses alten Fakirs, hat die Beni Fessarah überfallen, viele von ihnen getötet und die jungen Frauen und Töchter davongeführt, um sie in die Sklaverei zu verkaufen. Wir aber haben sie ihm wieder abgenommen und in ihre Heimat geleitet. Aus Zorn und Rache darüber hat er uns seinen Vater mit diesen Männern entgegengesandt. Sie sollten uns hier auflauern und ermorden; dem Effendi aber sollten die Zunge und auch die Hände abgeschnitten werden. Ist es erlaubt, Rechtgläubige zu rauben und zu Sklaven zu machen?“
„Nein“, gestand der Fakir.
„Sind die Beni Fessarah Rechtgläubige oder Giaurs?“
„Rechtgläubige.“
„So hat sich Ibn Asl also einer Todsünde schuldig gemacht, und diese Menschen hier sind seine Mitschuldigen. Sie müssen dafür bestraft werden, gar nicht davon zu sprechen, daß sie Mörder sind, da sie das beabsichtigten, was ich dir mitgeteilt habe.“
Diese Mitteilung des Jünglings verfehlte ihren Eindruck nicht. Der Fakir el Fukara wandte sich an den alten Fakir Abd Asl und fragte:
„Ist das wirklich so, wie ich es jetzt gehört habe?“
„Man mag uns beweisen, daß wir diese Asaker töten wollten“, antwortete der Gefragte. „Es ist eine schändliche Lüge!“
„Leugne es nicht!“ herrschte ich ihn an. „Ich habe es mit meinen Ohren gehört. Ich lag, um euch auszukundschaften, hinter dem Gesträuch, vor welchem du mit deinem angeblichen Dschellabi im Gespräch saßest.“
„Du hast dich geirrt“, meinte der Fakir el Fukara zu mir.
„Ich habe richtig gehört, und es sind auch noch andere Beweise vorhanden.“
„Welche, ich muß sie hören.“
„Du mußt? Wer hat dich zum Richter über mich gesetzt? Ich muß bloß das, was ich will, und meinen Willen werde ich dir sofort mitteilen. Ich will nämlich, daß du dich nicht weiter um diese Angelegenheit bekümmerst. Du hast dir in derselben die Hände schon so verbrannt, daß ich dir rate, dich vom Feuer fernzuhalten. Du bist hier, ohne mich zu kennen, aufgetreten wie ein Gebieter. Ziehe deines Weges weiter oder lagere dich zu uns an den Brunnen, mir ist beides recht; aber sobald du fortfährst, dich in meine Obliegenheiten zu mischen, werde ich dir beweisen, daß ich infolge meiner Vollmachten der augenblickliche Gebieter an diesem Brunnen bin.“
„Wie willst du das
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