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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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früher jagen und handeln können. Die Anführer sind es, nicht aber die Asaker, die wir zu fürchten haben.“
    „Wenn uns kein Rettungsweg offenbleibt, was meinst du, was uns dann in Karthum erwartet?“
    „Nun, sehr schlimm wird es wohl nicht werden. Wir sollen dem Raïs Effendina ausgeliefert werden; dieser aber wird sich nicht dort befinden, sondern unter den Streichen meines Sohnes gefallen sein. Allzu strenge Richter haben wir also nicht zu erwarten, zumal unser Hauptankläger ein Franke, ein Christ ist. Wenn wir alles ableugnen, wird man uns hoffentlich mehr glauben als ihm.“
    Die beiden sprachen noch weiter; aber ich nahm an, daß ihre ferneren Worte für mich von keiner Bedeutung sein würden, und zog mich also zurück. Als Ben Nil, welcher aufgepaßt hatte, dies sah, kehrte er nach den Kafalah-Bäumen zurück, und die Asaker stellten sich wieder in eine Gruppe zusammen, um mir Deckung zu geben. Ich erreichte meinen Platz, ohne daß die beiden Belauschten ahnten, daß ich in ihr Geheimnis eingedrungen war. Kurze Zeit darauf kam Ben Nil, um mir zu melden, daß Abd Asl mit mir zu sprechen verlange. Der Versuch mich zu hintergehen, sollte also schon jetzt gemacht werden. Ich ging hinüber zu den beiden und fragte den Alten, was er mir mitzuteilen habe.
    „Du hattest mein Leben in die Hand deines Ben Nil gegeben“, sagte er, „dieser hat es mir geschenkt. Wird es mir nun erhalten bleiben?“
    „Unsererseits hast du jetzt nichts mehr zu befürchten. Für später aber liegt die Entscheidung in den Händen des Raïs Effendina.“
    „Und du wirst uns nach Karthum transportieren?“
    „Ja. Warum fragst du?“
    „Einer Angelegenheit wegen, welche mir sehr am Herzen liegt. Wenn du mich dem Raïs Effendina auslieferst, bin ich verloren. Du hast dir Mühe gegeben, mir wenigstens das Leben zu retten; er aber ist streng und unerbittlich, und ich weiß, daß er mich ohne Gnade und Barmherzigkeit erschießen oder aufhängen lassen wird.“
    „Das ist allerdings sehr wahrscheinlich“, bestätigte ich.
    „Du sagst es selbst, und so ist es auch sicher. Ich habe mich also auf den Tod vorzubereiten, und du wirst mir dazu behilflich sein, denn ich weiß, daß euer christlicher Glaube lehrt, von dieser Vorbereitung hänge die ewige Seligkeit ab.“
    „Das ist richtig. Wer ohne Reue und Buße und gute Werke in seinen Sünden von hinnen fährt, der ist für ewig verloren.“
    „Ich bereue und möchte besonders eine Tat, welche mir schwer auf dem Gewissen liegt, von meiner Seele wälzen. Du bist nicht ein Diener der Rache. Willst du mir dazu behilflich sein?“
    „Gern“, antwortete ich, sehr neugierig darauf, was er vorbringen werde, um mich zu übertölpeln. Er fing die Sache sehr fromm und scheinbar in sein Schicksal ergeben an, was meinen Widerwillen gegen ihn nur verstärken konnte. Er machte ein höchst betrübtes Gesicht und fuhr in weichstem Ton, dessen seine Stimme fähig war, fort:
    „Ja, eine große, schwere Sünde lastet auf meinem Gewissen. Ich möchte sie gern abwerfen und bin doch überzeugt, daß der Raïs Effendina mir die Gelegenheit dazu nicht geben wird. Darum wende ich mich an dich. Es ist ein Glück, daß der Fakir el Fukara gerade jetzt anwesend ist, denn nur er allein kennt die Verhältnisse so genau, wie es nötig ist, und darum ist er es allein, an den ich mich wenden kann. Würdest du mir erlauben, jetzt einmal mit ihm zu sprechen?“
    „Hm!“ machte ich mit bedenklichem Gesicht. „Du verlangst da etwas, was ich eigentlich nicht gestatten darf.“
    „Es sind ja nur wenige Worte!“
    „Ob viel oder wenig, das bleibt sich gleich. Du weißt selbst, wie gering mein Vertrauen zu dir sein kann.“
    „Du kannst ja dabeistehen und alles hören!“
    „Das beruhigt mich nicht. Wie nun, wenn du mich täuschen und dem Fakir el Fukara gewisse Winke geben willst, welche darauf hinzielen, daß er dich befreien soll?“
    „Das ist doch ganz unmöglich, wenn du dabei bist!“
    „Oh, es ist sehr leicht möglich. Du brauchst ja nur die Worte so zu setzen, daß ich sie nicht verstehe, er aber den Sinn derselben doch begreift.“
    „Ein solcher Wortkünstler bin ich nicht, Effendi. Laß dich erweichen! Du bist ein Christ!“
    „Ja, jetzt berufst du dich auf meinen Glauben, früher aber hast du ihn verspottet. Ein Moslem würde sich freilich nicht erweichen lassen.“
    „Aber du! Ich werde so langsam und deutlich sprechen, daß du jedes einzelne Wort wie auf einer Waage wiegen und abmessen kannst.

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