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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Denke doch, daß es wie ein Testament ist, daß ich wie ein Sterbender bin, dem der sichere Tod die Arme entgegenstreckt! Was ich von dir erbitte, ist etwas so Einfaches und Leichtes. Du bist streng und unerschrocken, aber grausam nicht. Willst du es zum erstenmal sein? In Beziehung auf List, Klugheit und Umsicht kommt dir niemand gleich. Meinst du, daß du dich gerade heute und jetzt auf diese Vorzüge nicht verlassen kannst? Hätte ich Hintergedanken, so würdest du sie viel eher merken als der Fakir el Fukara, dem du an Scharfsinn ja weit überlegen bist.“
    Er schmeichelte mir, um meine scheinbaren Bedenken zu besiegen. Ich erwies ihm nicht den Gefallen, so zu tun, als ob dieses Lob Eindruck auf mich mache, sondern antwortete:
    „Was du da redest, ist überflüssig, denn ich kenne mich und meine Eigenschaften selbst am allerbesten. Es würde allerdings weder dir noch dem Fakir el Fukara gelingen, mich zu betrügen; dazu seit ihr beide viel zu dumm. Ich will dir also deinen Wunsch, der für mich ein vollständig ungefährlicher ist, erfüllen.“
    „Ich danke dir!“ meinte er ruhig und bescheiden, obgleich ich ihn dumm genannt hatte. „Du hast recht; es ist für euch gar keine Gefahr dabei, denn du wirst alles hören.“
    „Ich werde nichts hören. Ich werde die gewünschte Unterredung nicht durch meine Gegenwart entweihen.“
    „So darf ich ohne Zeugen und ohne Aufsicht mit ihm sprechen?“ fragte er, indem er seine Freude nicht vollständig zu verbergen vermochte.
    „Ja, wenigstens wird keiner von uns euch stören. Ob dieser sogenannte Dschellabi hier mit zuhören darf, das ist deine Sache. Ich werde dir jetzt den Fakir el Fukara senden und gebe dir volle zehn Minuten Zeit, mit ihm zu sprechen. Du siehst, wie rücksichtsvoll ich bin. Mißbrauche dies nicht, denn es würde dir schlecht bekommen. Ich würde ganz sicher bemerken, daß du mich hintergehen willst.“
    „Sorge dich nicht, Effendi! Ich meine es ehrlich, und deine Güte rührt mich so, daß ich, wenn ich wirklich eine Heimtücke geplant hätte, jetzt von derselben absehen würde.“
    „Gut, wenn es wirklich so ist. Hast du einmal von dem frommen und berühmten Marabut gehört, welchem ein Geist die Zungen von zwölf sprechenden Raben und die Ohren von zwölf jungen Adlern brachte?“
    „Ja. Er mußte sie essen und redete dann die Sprache aller Menschen und Tiere und hörte bis in die weiteste Entfernung alles, was seine Feinde gegen ihn berieten.“
    „Nun wohl; ich sage dir, daß auch ich solche Zungen und Ohren gegessen habe. Nimm dich also in acht; ich höre alles!“
    Ich ging und bekam dabei den Beweis, daß ich gar keine bezauberten Adlerohren zu essen brauchte, denn die meinigen waren scharf genug, noch zu verstehen, daß der Alte seinem Genossen schadenfroh zuraunte:
    „Welch ein Glück; er wird gehen!“
    Der Fakir el Fukara war nicht wenig verwundert, als ich ihm sagte, daß der Alte mit ihm reden wolle und ganz ohne Beaufsichtigung mit ihm sprechen dürfe. Er ging hinüber und setzte sich bei den beiden nieder. Auch die Asaker konnten sich mein Verhalten nicht erklären, und Ben Nil machte mir Vorstellungen. Ich wies dieselben mit dem Bemerken zurück, daß ich sehr wohl wisse, was ich tue.
    Nach Verlauf der zehn Minuten sah ich, daß der Fakir el Fukara aufstand, um an seinen Platz zurückzukehren. Er hatte von seiner Dankbarkeit gesprochen, und nun konnte ich mich überzeugen, ob er es mit derselben aufrichtig meine. Wenn er es mir vergelten wollte, daß ich ihm das Leben gerettet hatte, so mußte er mich über den Anschlag des Alten unterrichten. Doch hütete ich mich, ihm schon jetzt eine Gelegenheit zu geben. Der Alte sollte sehen, daß ich mit seinem Vertrauensmann nicht sprach, und um so mehr darüber erschrecken, daß ich alles wußte. Darum ließ ich den Fakir el Fukara von rechts her nach seinem Platz zurückkehren und begab mich mehr linker Hand wieder zu den beiden Kafalah-Bäumen.
    „Nun, ist der Fakir auf deine Bitte eingegangen?“ fragte ich den Alten.
    „Ja, Effendi. Er hat mir versprochen, den Fehler, welchen ich begangen habe, gutzumachen. Wie sehr, wie herzlich danke ich dir!“
    „Und nun ist dir das Herz leicht geworden?“
    „So leicht, wie es seit langer, langer Zeit nicht gewesen ist!“
    „Das glaube ich und kenne auch den Grund.“
    „Wie könntest du denselben wissen? Du hast doch keine Ahnung von der Tat, um welche es sich handelt.“
    „Irre dich nicht! Ich habe dir gesagt, daß auch ich

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