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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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überhaupt nicht töten wollte, und sodann aus einem noch andern, ganz bestimmten Grund. Die Asaker, und Ben Nil ihnen voran, waren ihm nachgesprungen, während ich ruhig sitzen blieb. Sie brachten den aus der Wunde Blutenden geschleppt, wobei sie freilich nicht sehr rücksichtsvoll mit ihm verfuhren. Als er vor mir niedersank, sagte ich:
    „Du lachtest mich aus, als ich dich warnte. Und doch hatte ich recht, als ich dich aufforderte, auf deine Beine acht zu haben. Du erkennst von neuem, daß es nicht allzu leicht ist, einen christlichen Effendi zu überlisten.“
    Ich untersuchte sein Bein. Die Kugel steckte nicht mehr drin; sie hatte das Schienbein zerschmettert. Ich gab ihm einen Notverband.
    „Wir müssen den Hund doppelt festbinden und ihn in unserer Mitte behalten“, meinte Ben Nil.
    „Nein“, antwortete ich. „Bald wird er das Wundfieber bekommen, und wenn er dann zu schwatzen beginnt, stört er uns im Schlaf. Tragt ihn da hinüber nach den beiden Kafalah-Bäumen, setzt ihn an dem einen nieder und bindet ihn so mit dem Rücken an demselben fest, daß er auch den Kopf nicht bewegen kann! Indessen mag Abd Asl einen anderen Mann bestimmen, welcher mit dir kämpfen kann.“
    Dieser Befehl kam meinen Leuten wohl sonderbar vor, doch führten sie ihn aus, ohne eine Gegenbemerkung zu machen. Sie wußten, daß ich bei allem, was ich tat, selbst wenn es scheinbar unerklärlich war, doch einen bestimmten Zweck verfolgte. Und weil ich einen solchen auch jetzt hatte, war meine Kugel nur in das Bein des Flüchtlings gerichtet gewesen. Die Flucht dieses Mannes war mir sehr begreiflich. Er hatte Ibn Asl, den Sklavenräuber, den Sohn des Alten, aufsuchen sollen, um ihn zu benachrichtigen, daß der Angriff gegen uns verunglückt sei und er infolgedessen kommen und die Gefangenen befreien sollte. Der Alte war ergrimmt über das Nichtgelingen dieses Planes; das sah ich seinen Augen an. Er wählte einen andern Mann zum Kampf aus, und dieser schien allerdings mehr zu fürchten zu sein als der Dschellabi, welcher vorhin nur erwählt worden war, weil er höchstwahrscheinlich ein guter Läufer war.
    Der jetzige Gegner Ben Nils hatte fast die tiefdunkle Farbe eines Negers; seine Brust war breit und sein Knochenbau sehr kräftig. Trotzdem zeigte sich Ben Nil nicht im geringsten beunruhigt. Sie standen ungefähr fünf Schritte voneinander, ganz still und bewegungslos. Keiner ließ den Blick von dem Auge des andern. Da plötzlich tat der Schwarze einen weiten, tigerartigen Sprung auf Ben Nil zu und holte zum Stoß aus. Er hatte ihn überraschen, vollständig überrumpeln wollen. Der Jüngling aber wich blitzschnell zur Seite, tat einen kurzen Quersprung kam dadurch, ehe dieser sich umdrehen konnte, hinter den Schwarzen und stieß ihm das Messer bis an das Heft in den Rücken. Der Getroffene stürzte da, wo er stand, nieder. Die Klinge war ihm, wie sich nachher zeigte von hinten in das Herz getroffen.
    „Afarihm, maschellah aldik – Bravo, bravo!“ schrien die Asaker vor Freude laut. „Das war herrlich, das war prächtig! Gleich der erste Stoß hat ihn gefällt. Wer konnte das dir, Ben Nil, du Sohn der Tapferkeit zutrauen!“
    Dieser wandte sich sehr ruhig an mich:
    „Effendi, siehst du nun, daß du keine Angst um mich zu haben brauchtest? Ich hätte diesen Mann erlegt und wenn er doppelt größer und stärker gewesen wäre. Mein Auge ist scharf, meine Hand ist sicher, und mein Herz kennt keine Unruhe, welche den Blick verdunkelt. Gehört mir nun Abd Asl auch?“
    „Ja“, antwortete ich, sehr wißbegierig, was er nun machen werde. Im Fall, daß er ihn wirklich erstechen wollte, mußte ich um Aufschub bitten. Er beugte sich zu dem Schwarzen nieder und zog ihm das Messer aus dem Rücken. Die blutige Klinge betrachtend, schüttelte er leise den Kopf und sagte dann:
    „Du hast recht, Effendi, es ist etwas sehr Verantwortliches, einen Menschen zu töten. Dieses Blut ist mir widerwärtig. Glaubst du, daß der Raïs Effendina den Alten, dessen Leben mir gehört, auch streng bestrafen würde?“
    „Auf das allerstrengste natürlich!“
    „So möchte ich ihm das Leben schenken. Dieser Schwarze hat für den Alten gekämpft und ist für ihn gestorben; darum will ich mich mit dem, das geschehen ist, begnügen. Bist du einverstanden?“
    „Ganz und gar! Ich freue mich sehr, solche Worte von dir zu hören. Dein Entschluß macht dir mehr Ehre, als du von dem Tod Abd Asls haben würdest.“
    „Aber ich verlange, daß er später auf das

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