284 - Augen der Ewigkeit
kein Laut drang über seine Lippen. Blut pulsierte aus der Wunde und spritzte auf Victorias Overall. Der Messergriff wurde glitschig, doch sie ließ nicht los. Stattdessen drückte sie den Morlock nach vorne, bis er auf dem Boden lag und sich nicht mehr rührte.
»Kretins wie du halten mich nicht auf!«, zischte sie und zog das Messer heraus. Sie warf einen abschätzigen Blick auf die tote Kreatur. Durch die Schleuse hastete sie zum hinteren Schott und verschloss es endlich, was sie vorhin in der Vorfreude auf das Kollektiv versäumt hatte. Dann rannte sie ins Cockpit und kontrollierte die Monitore der Außenkameras.
Was sie sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Morlocks enterten den Bunker!
Warum wagten die sich tagsüber aus ihren Löchern? Wahrscheinlich, weil die Wolkendecke dafür sorgte, dass es nicht allzu hell war.
»Das lässt sich ändern«, murmelte Victoria.
Sie hatte Matt Drax inzwischen oft genug dabei zugesehen, wie er PROTO bediente. Sie wusste, wo der Schalter für die Außenscheinwerfer zu finden war, und legte ihn um. Das entsetzte Brüllen der Morlocks konnte sie noch durch die Wandung des Panzers hören, ohne die Außenmikrofone aktivieren zu müssen.
Leider kannte sie sich mit der Waffenphalanx nicht gut genug aus, sonst hätte sie gleich Nägel mit Köpfen gemacht. Doch schon die Wirkung der Scheinwerfer war beachtlich. Laut kreischend verschwanden die Morlocks im Wald.
Mit einem zufriedenen Lächeln lehnte sich Victoria im Pilotensessel zurück, bis ihr die Leiche bei den Kojen wieder einfiel.
Sie seufzte und stand auf.
***
Grelles Licht flutete plötzlich das Labor, so hell, dass es für einen Moment selbst Matt blendete.
Ein Aufschrei ging durch die Reihen der Morlocks. Schmerzerfüllt. Entsetzt. Die Kreaturen, die den Mann aus der Vergangenheit unter sich begraben hatten, sprangen auf und liefen kopflos davon. Sie trampelten über ihre toten Artgenossen hinweg, stürzten durch die herausgerissenen Türen und kletterten mit affenartiger Gewandtheit an den steilen Erdwänden seitlich der Rampe hoch. Dafür musste ihnen ein Arm genügen, denn mit dem anderen bedeckten sie ihre Augen.
Matt kämpfte sich hoch und hetzte den Kreaturen mit vorgehaltenem Driller einige Meter nach. Als er die Labortür erreichte, konnte er am oberen Ende der Rampe PROTO sehen, dessen Scheinwerfer auf höchste Intensität aufgedreht waren - wie ein bedrohliches Ungetüm mit feurigen Augen.
Hinter ihm ertönte Roos' panischer Schrei. »Onrii!«
Gleichzeitig rief Aruula: »Maddrax!«
Er kreiselte herum. Sein Blick fiel auf Onrii, der noch immer regungslos in dem Tank schwamm. Um seinen Kopf hatte sich die Flüssigkeit rot gefärbt.
Aruula sprang auf den Tisch, griff über den oberen Rand des Behälters und versuchte den Jungen zu greifen, erreichte ihn aber nicht. Xij hatte ihren Kampfstock gepackt und donnerte ihn seitlich gegen den Tank, doch das Material bestand offenbar aus bruchsicherem Glas oder Plastik und hielt den Schlägen stand. Roos stand da wie paralysiert und presste sich die Hände vors Gesicht. »Schnell, tut doch was!«, jammerte sie. »Die Augen…!«
Jetzt erst sah Matt, dass Onrii nicht nur der Tod durch Ertrinken drohte… die Augen im Tank schwammen auf ihn zu! Oder vielmehr: Sie zogen sich zu ihm hin! Das Gewebegeflecht, das aus ihnen wuchs, hatte sich unter die Lider des Jungen geschoben und zog die Augäpfel nach!
Matts Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Das passiert doch nicht wirklich! , durchfuhr es ihn. Er fühlte sich wie in einen klassischen Horrorfilm versetzt.
Fast automatisch hob er den Driller und zielte auf den Nährstofftank - und hielt im letzten Moment inne. Die Explosion würde Onrii töten!
Im selben Moment schwang sich Aruula über den Rand des Behälters und versank bis zu den Schenkeln in der grünen Brühe, die sich durch die heftigen Bewegungen eintrübte. Sie packte Onrii am Kragen und zerrte ihn hoch. Von hinten umschloss sie mit beiden Armen die Brust des Jungen und tastete nach den fremden Augen, um sie von ihm wegzureißen.
In diesem Moment erreichte Matt den Tank und stieß einen verblüfften Laut aus. Die Augen waren verschwunden!
»Wo sind sie?«, fragte auch Xij.
Matt schaute nach unten, doch auch im Tank war nichts mehr von ihnen zu sehen. »Sie sind weg! Aber das ist unmöglich, sie müssen irgendwo -«
Onrii stieß einen markerschütternden Schrei aus. Bevor Matt realisierte, dass der Junge noch lebte und aus seiner
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