2883 - Die Schattenmacht
für ein starkes Mordmotiv und wir kannten die Verdächtigen bereits namentlich. Das war durchaus eine vielversprechende Ausgangssituation für unsere weiteren Ermittlungen.
***
Ein Funkruf brachte mich dazu, das Ziel der Fahrt zu ändern. Als ich den roten Flitzer auf die Absperrung in der Wall Street zurollen ließ, stellte sich ein Officer demonstrativ in den Weg. Ich schaltete Warnlampen und Sirene kurz ein, woraufhin der verblüffte Cop den Weg freigab und die Absperrbarke hinter uns wieder schloss.
»Special Agent Cotton vom FBI. Das ist mein Partner, Special Agent Decker«, stellte ich uns vor.
Auf dem Platz vor der Halle erwarteten uns zwei farbige Detectives. Der jüngere der beiden Männer warf einen neugierigen Blick auf den Jaguar, bevor er sich auf das Gespräch konzentrierte.
»Wir erhielten einen anonymen Tipp. Als die Kollegen hier nachschauten, stießen sie auf den Toten«, sagte sein Partner.
Die uniformierten Cops alarmierten die Mordkommission, weshalb die beiden Detectives zusammen mit den Kriminaltechnikern sowie dem Rechtsmediziner an der ehemaligen Fabrikhalle am Ufer des East River eintrafen.
»Was hat Sie dazu veranlasst, das FBI anzufordern?«, fragte ich.
Die bisherige Schilderung gab keinen Anlass dazu. Statt einer Antwort lotsten die beiden Detectives uns durch eine mit Maschinenschrott gefüllte Halle zu einem Nebenraum.
»Sehen Sie selbst, Agent Cotton«, sagte der jüngere Detective.
Der Gestank in dem Raum war fast unerträglich. Mein Magen revoltierte, aber ich schluckte die Galle tapfer hinunter. Die Mörder des Mannes hatten ihr Opfer entkleidet, gefoltert und zum Schluss in ein Laugenbad gesteckt. Es waren allerdings nicht diese grausamen Umstände, die uns stutzen ließen.
»Als ich das gelesen habe, fiel mir die Mail des FBI wieder ein. Deswegen haben wir Sie angefordert«, sagte er.
An die östliche Wand hatte jemand mit dunkelgrüner Farbe den Namen des Opfers sowie BCT 47339 geschrieben.
»Das war eine gute Entscheidung, Detective. Haben Sie die Identität bereits überprüft?«, sagte ich.
Das hatten die erfahrenen Ermittler des NYPD und konnten bestätigen, dass es sich bei dem Opfer um James Oyster handelte.
»Er wurde aus seinem Büro in der Wall Street entführt, Agent Cotton«, sagte der ältere Detective.
Die beiden Cops hatten ihre Hausaufgaben gemacht und konnten uns weitere Details liefern. Es entstand das Bild einer gut geplanten Entführung. Im Büro des Opfers hatte man Anzeichen dafür gefunden, dass mehrere Personen dort übernachtet und auf Oyster gewartet hatten.
»Ein ähnliches Vorgehen wie bei Gibbs«, sagte Phil.
Die Ähnlichkeiten bei den beiden Morden waren zu auffällig, um keine Verbindung zu erkennen. Die beiden Detectives nahmen es gelassen auf, als ich ihnen quasi den Fall entzog. Die Kollegen steckten sowieso bis über beide Ohren in Arbeit und beschwerten sich daher nicht, wenn das FBI ihnen diese Ermittlung abnahm.
»Es gibt übrigens eine Aufnahme davon, wie die Entführer ihr Opfer wegbringen. Wenigstens glaubt mein Partner, dass es zu dem Fall gehört«, sagte der ältere Detective.
Der junge Kollege vom NYPD hatte sich die Aufzeichnung einer Überwachungskamera von einem Bankautomaten auf sein Mobiltelefon überspielen lassen.
»Da kommen zwei Typen, die eine Transportkiste in den Lieferwagen einladen. Können Sie die Masken erkennen?«, fragte er.
Worauf er uns hinweisen wollte, bedurfte keiner ausführlichen Erklärung. Phil und ich tauschten einen verwunderten Seitenblick aus.
»Allerdings, Detective. Die Männer tragen Guy-Fawkes-Masken und gehören offensichtlich zum militanten Block der Anonymus -Bewegung«, antwortete ich.
Der ältere Kollege schüttelte den Kopf.
»Das muss aber nicht unbedingt mit der Entführung zusammenhängen. Die Anhänger der Bewegung haben in der Nähe der Wall Street einen Stützpunkt. Vielleicht haben die beiden Männer nur neue Flugblätter oder so geholt«, mahnte er.
»Das könnte natürlich der Fall sein, Detective. Dennoch passt es auch zu unseren Ermittlungen. Gute Arbeit. Vielen Dank für die wertvollen Informationen«, erwiderte ich.
Mein Lob machte den jüngeren Detective sichtlich stolz, und das hatte er meiner Auffassung nach auch verdient. Ich ging einige Schritte zur Seite, zog mein Mobiltelefon aus der Jacke und rief Mr High an.
»Dann gibt es jetzt also zwei Zielrichtungen, in die wir ermitteln können. Sobald Sie zurück im Field Office sind, kommen Sie bitte
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