2884 - Im Netz der Spinne
uns Latex-Handschuhe an, bevor wir mit der Durchsuchung begannen. Das Zimmer des Kindermädchens war mit hellen freundlichen Möbeln eingerichtet. Es gab nicht nur einen Fernseher, sondern auch ein Notebook mit Internetanschluss. Falls Luisa Rodriguez passwortgeschützte Dateien hatte, würden unsere Computerspezialisten sie gewiss knacken können. Phil pfiff durch die Zähne, als er eine der Schreibtischschubladen aufzog.
»Schau an, Luisa war ganz gewiss kein Single. Zumindest hat sie sich Gedanken über Empfängnisverhütung gemacht.«
Mit diesen Worten hielt mein Freund eine Packung Kondome hoch. Eileen Bradshaw, die an der Tür wartete, schlug verschämt die Augen nieder. So als ob wir sie selbst beim Ehebruch ertappt hätten. Ich wandte mich an die Arbeitgeberin des Kindermädchens.
»Mistress Bradshaw, was wussten Sie über die Männerbekanntschaften von Luisa Rodriguez?«
»Nichts, Agent Cotton. Das müssen Sie mir glauben. Es gab eine Übereinkunft, dass Luisa in ihrem Zimmer keinen Herrenbesuch empfangen durfte. Sie schien damit einverstanden zu sein. Aber selbstverständlich hatte sie regelmäßig freie Abende, und manchmal ist sie sogar über Nacht weggeblieben. Sie war ja schließlich unser Kindermädchen und nicht unsere Sklavin. Aber wir haben uns nicht für ihr Privatleben interessiert.«
Ich hatte keinen Grund, diese Aussage anzuzweifeln. Stattdessen durchsuchte ich das Nachtschränkchen der Verdächtigen. Und auch ich wurde fündig. Zwischen Süßigkeiten und Modeschmuck fand ich das Foto eines jungen Latinos. Es steckte in einem herzförmigen roten Holzrahmen. Man musste kein Hellseher sein, um zu erkennen, dass dieser Mann Luisa sehr viel bedeutete.
Ich hielt die Aufnahme Eileen Bradshaw unter die Nase.
»Haben Sie diesen Mann schon einmal gesehen? Hielt er sich vielleicht in der näheren Umgebung auf?«
»Nein, Agent Cotton. Jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern. In dieser Gegend leben ja nicht allzu viele Leute mit lateinamerikanischen Wurzeln. Die meisten von ihnen sind außerdem Frauen, Reinigungskräfte oder Kindermädchen.«
Da hatte Eileen Bradshaw zweifellos recht. Wer in Spanish Harlem lebte, konnte sich gewiss kein Apartment am Central Park West leisten. Aber das war jetzt nicht unser Thema.
»Können wir das Foto mitnehmen, Mistress Bradshaw?«
»Selbstverständlich, Agent Cotton. Glauben Sie, dass dieser Mann etwas mit dem Verschwinden meiner Tochter zu tun hat?«
Eileen Bradshaw warf mir einen flehenden Blick zu. Ihre Augen schimmerten feucht. Aber ich wollte ihr keine falschen Hoffnungen machen.
»Wir ermitteln in alle Richtungen. Aber sobald wir etwas Genaueres wissen, werden wir Sie informieren.«
Phil und ich setzten unsere Durchsuchung fort, fanden aber keine weiteren Hinweise. Wir nahmen auch das Notebook mit, damit sollte sich unser Innendienst-Computerspezialist Alec Hanray befassen.
»Wenn dieser Schönling Luisas Liebhaber ist, dann werden wir sie garantiert in seinen Armen finden«, sagte Phil, als wir wieder in meinem roten Jaguar-E-Hybriden saßen.
»Sicher. Die Frage ist bloß, ob der Kerl auch etwas mit den verschwundenen Kindern zu tun hat.«
Im Field Office erwartete uns die Meldung, dass der gesuchte Buick Skylark gefunden worden war. Auch dieses Fahrzeug war Stunden zuvor gestohlen worden, genau wie der für den Schuss auf Luisa Rodriguez verwendete SUV. Die Scientific Research Division arbeitete bereits an der Spurensicherung des Fahrzeugs, aus dem heraus Jaime Beltran erschossen worden war. Große Hoffnungen machte ich mir nicht. Die Täter hinterließen keine verwertbaren Spuren, das hatten sie inzwischen bereits oft genug bewiesen.
Wir übergaben Alec Hanray das Notebook des Kindermädchens. Außerdem bat ich den Computerspezialisten, das Foto von Luisa Rodriguez’ Herzbuben durch seine Gesichtserkennungs-Software laufen zu lassen.
»Nichts leichter als das, Jerry und Phil. Ihr könnt hierbleiben, das Ergebnis wird nicht lange auf sich warten lassen.«
Alec Hanray hatte nicht zu viel versprochen. Wir schauten ihm über die Schulter, während er das Foto aus dem Nachtschränkchen der Verdächtigen einscannte und dann sein Suchprogramm aktivierte. Nun wurden die Gesichtszüge des abgebildeten Mannes mit den erkennungsdienstlichen Aufnahmen aus unseren Datenbanken verglichen. Und es dauerte keine drei Minuten, bis ein Ergebnis vorlag. Der Computer meldete einen hundertprozentigen Treffer.
»Miguel Sanchez«, las ich von dem Monitor ab.
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