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289 - Circus des Schreckens

289 - Circus des Schreckens

Titel: 289 - Circus des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Paradigi
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einen geübt elegant gleitenden Ausfallschritt zur Seite machen, um ihn ins Leere greifen zu lassen. Doch in deinem Eifer hast du übersehen, dass Stöckelschühchen und Schlamm keine gute Kombination sind. Als dein linker Fuß die sichere Holzplanke verlässt und in den Matsch einsinkt, ist keine Zeit mehr für einen Rückzug. In der Bewegung abrupt gestoppt, versuchst du es mit Plan B, holst mit der Linken aus und drischt ihm die in Netzhandschuhe verpackte Hand auf die Wange. Doch den Kerl scheint das nur noch mehr anzuspornen.
    Ohne sich um deine Hand zu kümmern, packt er grob deine Hüfte, kommt näher, schlingt seine Arme um deinen Körper, drückt sich an dich, egal wie sehr du von Wut und Panik gepackt mit deinen kleinen Fäustchen auf sein Gesicht und den Brustkorb einschlägst.
    In dir flackert einmal mehr die Erkenntnis auf, dass es verdammt erniedrigend sein kann, in einem Frauenkörper zu stecken. Aber egal, was du tust, die Kraft reicht nicht. Als er sich vorbeugt und seine narbigen Lippen deinen entgegen wandern, tust du das Einzige, was dir übrig bleibt. Du schreist kläglich um Hilfe.
    Trotzdem ist es nicht zu verhindern. Sein Kuss lässt dich würgen. Du kneifst die Augen zusammen und betest Gott und den Großen Manitu an, dass es schnell vorbeigehen möge. Und zumindest einer von beiden scheint dich zu erhören. Eine dritte Hand greift nach dir, packt dich an der Schulter, während das Ekel abrupt von dir fortgerissen wird. Seine Lippen und Arme lösen sich zwangsweise und du kannst das Erstaunen in seinem Blick ablesen, während er taumelt und sich mit den Armen rudernd auf den Hosenboden setzt.
    »Alles in Ordnung, Ma'am?« Die Stimme gehört zu dem Gentleman, den du vorhin erfolglos ins Visier genommen hattest. Als er dir jetzt so ernst und eindringlich mit seinen dunklen Augen in die deinen blickt, fühlst du dein Herz zerschmelzen.
    Du nickst bloß, weil dir die Stimme versagt, lächelst ihn an und würdest dich ihm doch am liebsten einfach an den Hals werfen. Das Ekel dagegen starrt den Schnurrbärtigen an, als hätte er einen Geist gesehen, rudert mit den Stiefelhacken hektisch im Schlamm und zieht sich mit einer gemurmelten Entschuldigung dann eiligst unter das nächste Vordach zurück.
    »Wollt Ihr mir die Güte erweisen und mir Euren Namen nennen?«, fragt dein Retter und zieht unter dem Schnurrbart einen Mundwinkel hinauf, als du ihn weiterhin nur dämlich anlächelst.
    Ein paar Sekunden verstreichen, in denen du versuchst, aus diesem Märchentraum aufzuwachen, dann löst er die Hand von deiner Schulter, nimmt die Zügel seines Pferds, das hinter ihm zusammen mit seinem pausbäckigen Bruder gewartet hat, und schwingt sich gekonnt in den Sattel.
    »Josephine«, bringst du knapp über die Lippen. »Aber Ihr könnt mich Josie nennen.«
    »Wir werden uns wiedersehen, Josie.« Damit tippt sich der Mann an den Hut, zieht an den Zügeln und lässt sein Pferd steigen, bevor er im gestreckten Galopp zusammen mit seinem Begleiter davon prescht.
    Immer noch ganz benommen von seinem Auftritt, starrst du ihm nach und hörst die Klatschweiber nur beiläufig hinter dir tuscheln. »Waren das nicht Virgil und Wyatt Earp? Die zwei Revolverhelden aus Tombstone? Die, die bei der Schießerei am O. K. Corral zusammen mit Doc Holliday gegen die McLaurys gewonnen haben?«
    ***
    Zirkus der Hoffnung, Februar 2527
    »Was für ein Mann«, raunte Xij, während die schlammige Straße der in Scheinwerferlicht getauchten Zirkusarena wich, und erntete von Aruula einen verständnislosen Blick. Auch hier war die Show gerade zu Ende. Die Prinzessin auf ihrem Pferd verbeugte sich in alle Richtungen, während der Hengst rückwärts zum Ausgang strebte und sich nach jedem vierten Schritt einmal mit eingeknickten Vorderbeinen verbeugte.
    »Komm, lass uns weiter schauen«, sagte die Barbarin.
    Xij griff nach ein paar Luftschlangen, stopfte sie sich in die Hosentasche und nickte. »Lass uns sehen, ob sich für uns auch Kostüme finden lassen«, erwiderte sie und wünschte sich dabei einen Cowboyhut.
    Draußen war die Sonne, die nur als fahle Scheibe durch den Nebel erkennbar war, weit nach Westen gewandert und näherte sich dem Horizont. Die johlenden Kinder in ihren Verkleidungen waren verschwunden. Hier und da huschten die Erwachsenen grüppchenweise zwischen den Wagen hindurch, ohne sich noch weiter um die beiden Besucher zu kümmern.
    Wo kein Aufpasser, da kein Kläger , dachte sich Xij und bediente sich großzügig an

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