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289 - Circus des Schreckens

289 - Circus des Schreckens

Titel: 289 - Circus des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Paradigi
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Frack gekleidet, trat vor die Kanone, zog seinen Zylinder und vollführte eine mit kunstvoll elegantem Armschlenker eingeleitete Verbeugung.
    Matt sah in die eigene Runde, bedeutete Alastar mit einer knappen Kopfbewegung, doch endlich von der Leiter zu steigen, und ging dem Zirkusdirektor mit vorgestreckter Hand entgegen. »Matthew Drax, freut mich, dass wir hier so freundlich und… nun ja, lautstark begrüßt werden«, sagte der Mann aus der Vergangenheit und warf einen routinemäßigen Blick zu Aruula, bis ihm einfiel, dass sie ja keine Gedankenbilder auffangen konnte, solange Alastar in der Nähe war.
    »Khalil Vahidi, der Direktor dieses kleinen Unternehmens, wenn ich so sagen darf«, erwiderte der Zylinderträger den Gruß und schüttelte ihm mit kalter Hand die seine. Er blickte Matts Begleiter der Reihe nach an. »Kommt, seht euch um und erzählt, was eine solch ungewöhnliche Truppe zu uns geführt hat.«
    »Pure Neugier«, plapperte Xij ungewohnt aufgedreht los und kam mit strahlender Miene dazu. »Wir dürfen uns den Zirkus also angucken?«
    »Angucken, anfassen und von allem kosten, was ihr finden könnt - vom Angebot der Zuckerstangenfrau bis hin zu den Leckereien der Braterei«, antwortete der Direktor und verzog sein weiß geschminktes Gesicht mit den offenbar aufgeklebten buschigen Augenbrauen zu einem breiten Zahnlückengrinsen.
    »Worauf warten wir dann noch?« Xij packte Aruula an der Hand, zog sie mit sich und lief los, mitten durch die kostümierten Schausteller und hinein in den Jahrmarkt mit seinem großen, massiv gebauten Zelt in der Mitte. Der Rest der Gruppe folgte in gemächlicherem Schritttempo.
    ***
    »Sieh dir nur den Löwen an!«, rief Xij und eilte zu einem der zahlreichen Käfige, die zwischen den Wagen und Buden rund um die Zirkusarena aufgebaut standen.
    »Das ist ein Liion«, korrigierte Aruula sie. Für sie nichts Neues; sie hatte schon in Afra welche gesehen, sogar zweiköpfige!
    Das Tier lag zusammengekauert da, das Gesicht zwischen den angezogenen Pfoten vergraben, und schlief. Doch selbst in diesem Zustand ließ sich erahnen, dass ihr sein Rist im Stehen bis zur Taille reichen musste. »Wenn hier alles so riesig ist, muss ich unbedingt schauen, was es zu essen gibt«, plapperte Xij weiter.
    Aruula dagegen schien weniger angetan. Sie umfasste die Gitterstäbe und sah auf die ruhig atmende Wildkatze hinab, die Stirn in Falten gelegt. »Warum hat man ihn eingesperrt?«
    »Er ist darauf dressiert, Kunststücke zumachen«, erwiderte Xij. »Männchen machen, auf Befehl fauchen, durch 'nen feurigen Reifen springen. Solche Sachen eben.«
    »Macht er das denn gern?«
    Die Frage ließ Xij aufstöhnen. »Nichts tut er lieber als das, glaub mir«, antwortete sie leichthin und zog die Barbarin weiter zu einem Wagen mit Masken, Püppchen und kleinen Knochenschnitzfiguren.
    Ein schmächtiger Kerl mit leicht gekrümmtem Rücken und Eselkopfmaske huschte sofort an Aruulas Seite, glotzte ihr freimütig auf die Körperbemalung und feixte. »Soll's was für die hübsche Lady mit den großen Lungenflügeln sein? Ein Katzengesicht zum Aufsetzen, hm? Ich bin sicher, die Krallen dazu hast du schon.«
    »Du kannst sie gern kennenlernen, wenn ich dir beim nächsten dummen Spruch die Augen auskratze«, gab Aruula angriffslustig zurück.
    Doch der Kerl lachte nur, schob seine Hand in eines der Auslagenfächer und reichte beiden eine Clowns-Stoffpuppe mit übergroßem Kopf und einem besonders breiten Rosettenkragen um den Hals, so wie ihn auch viele der Bewohner dieses Zirkusdorfes trugen.
    Überhaupt war hier wirklich jeder verkleidet, Erwachsene wie Kinder, und selbst die freilaufenden Hunde trugen Masken oder hatten bemalte Gesichter.
    »Warum lebt ihr so?«, fragte Aruula, während sie die Puppe betrachtete.
    »Weil's der Prophet so bestimmt hat. Er hat diesen Ort erschaffen, um eine neue, bessere Menschheit aus den Trümmern der Apokalypse auferstehen zu lassen.«
    Xij stand der Sinn nach allem anderen, nur nicht nach einer Predigt, jetzt da sie dem Luftschiff entkommen und Alastar für ein paar Stunden außer Reichweite war. »Habt ihr auch Pferde? Und Pferdeshows?«, fragte sie, um Aruula keine Zeit zu lassen, die Messias-Geschichte zu vertiefen.
    Der Eselsköpfige nickte mit seiner Langohr-Maske und deutete in Richtung Zelt. »Wenn du Glück hast, siehst du vielleicht vorher noch eine.«
    »Vorher?«, hakte Xij nach.
    Der Kerl, dessen Mund durch ein Loch in der Maske gerade so zu sehen war,

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